, boerse-express

Lohrke: Zweite Reihe statt Vortänzer

Sehr geehrter Anleger,

 

relativ unbemerkt von den Massen vollzieht sich im Gesundheits- und Pharmabereich eine interessante Entwicklung, die mit hohen Chancen für einen Sektor einher geht, der seit den Tagen der New Economy ein relativ bescheidenes Dasein fristet.

Von dem einstigen Hype für die Biotechnologie ist nicht einmal mehr ein Hypechen übrig geblieben. Zu Unrecht, wie ich Ihnen im Folgenden darstellen möchte.

Denn zunehmend geraten die Biotech-Firmen wieder in den Vordergrund. Der Grund liegt darin, dass die Krankenversicherer und Krankenkassen zunehmend geiziger werden und sich die Pharmafirmen darauf einstellen müssen. So ist zu beobachten, dass diese immer weniger für die Erst-Forschung, also den ersten Teil des sog. R&D, ausgeben. Stattdessen verlagern sie ihre Anstrengungen in den zeitlich späteren Bereich der Entwicklung, also das D welches für Development steht.

Das ist verständlich. So braucht man ungefähr 20 hochbezahlte Wissenschaftler und 30 Millionen Dollar um in langen 5 Jahren eine Idee für ein neues Medikament so weit zu bringen, dass es endlich an Menschen getestet werden kann. Wobei auf diesem Weg ergebnislos dutzende von Versuchen auf der Strecke bleiben. Dabei ist man dann erst einmal an der vorklinischen Phase angekommen. D.h. man hat noch gar keine Versuche an Patienten vorgenommen. Das geschieht erst in der Phase 1, wo die neuen Medikamente an freiwilligen Patienten ausprobiert werden. Erst die Phase IIa zeigt dann in einer kleinen Gruppe von Patienten, ob das Medikament wirklich hilft und auch zugelassen werden kann oder auch nicht.

Angesichts dieser mit großen Kosten einhergehen Ungewissheiten und hohen Investitonen, die sich möglicherweise nie auszahlen, gehen die großen, zunehmend sicherheitsorientierten Pharmagiganten dazu über, sich von der Lab-Arbeit, also der Forschung zu verabschieden und diesen Prozess an die jungen, hoch-innovativen Biotechfirmen quasi auszulagern. Was auch Sinn macht. Da der Erwerb einer Lizenz selbst bei einem neuen Medikament in der frühen hochriskanten Phase nichts weiter als die im Vergleich relativ niedrigen Lizenzgebühren kostet. Die sich die Großen wiederum locker leisten können. Davon profitieren die hoch-innovativen kleinen Firmen. Wobei, diejenigen, die den harten Selektionsprozess überstanden haben und noch übriggeblieben sind, vielfach wirtschaftlich inzwischen relativ gut da stehen. Und nun zunehmend auch gute Geschäfte mit den Großen der Branche machen.

So erhielt die niederländische PanGenetics 170 Mio. Dollar von Abbott Laboratories für ein neues Schmerzmedikament. ZymoGenetics konnte von Bristol-Myers-Squibb 105 Mio. Dollar für die Entwicklung eines Hepatitis C Medikaments einsacken. Und OncoMed Pharmaceuticals erleichterte die Bayer AG um 40 Mio. Dollar für ein Krebsmedikament.

Und so kann derjenige unter Ihnen, der etwas risikobereiter ist, durchaus mal wieder einen Blick in diese Richtung wagen. Wobei vorher immer der Blick auf die Geschäftszahlen Pflicht ist. Denn auch im Pharmasektor gilt, dass die in der zweiten Reihe meistens mehr drauf haben als die Vortänzer in der ersten Reihe.