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Glechner: Wochenkommentar: Konjunktur der Angst

Für einen Ausgleich der Ängste auf dem Finanzmarkt waren die volkswirtschaftlichen Signale in der vergangenen Woche trotz klarer Lichtblicke in Europa letztlich nicht kräftig genug. Das (annualisierte) Wirtschaftswachstum der USA im ersten Quartal 2010 wurde erneut nach unten revidiert. Es verlangsamte sich von 5,6% Q/Q im letzten Quartal 2009 auf nunmehr 2,7% Q/Q. Während sich der private Konsum annualisiert um 3% Q/Q erhöhte und die Investitionen um 2,2% Q/Q zulegten, gingen die Staatsausgaben mit -1,9% so deutlich zurück wie seit fast zwanzig Jahren nicht mehr. Das real verfügbare Einkommen stieg im Mai um 0,5% J/J, während der private Konsum nur um 0,3% J/J zunahm und die Sparquote mit 4% (April: 3,8%) ihren höchsten Stand seit acht Monaten erreichte. Während der Index der Universität Michigan für das Verbrauchervertrauen im Juni mit 76,0 Punkten seinen höchsten Wert seit Jänner 2008 erreichte, erfuhr der Konsumklimaindex des Conference Board einen drastischen und unerwarteten Einbruch von 62,7 Punkten im Mai auf 52,9 Punkte im Juni. Sorgen, dass sich der Arbeitsmarkt nicht so rasch wie erhofft erholen könnte, waren ein wesentlicher Faktor für diesen Rückgang. Durchschnittlich 462.000 Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe innerhalb der letzten vier Wochen zeigen, dass diese Sorgen ihre Berechtigung haben. Demgegenüber fielen die Arbeitsmarktdaten aus der Eurozone zuletzt erfreulich aus - in Deutschland sank die Arbeitslosenquote von 7,7% im Mai auf 7,5% im Juni, in Österreich ging sie im selben Zeitraum um 0,4 Prozentpunkte auf 5,9% (nationale Definition) zurück. Der Konjunkturklimaindikator der Europäischen Kommission nahm im Juni auf 98,7 Punkte zu (Mai: 98,4 Punkte). Schon im April erreichten die Auftragseingänge in der Industrie im Jahresvergleich den höchsten Zuwachs seit zehn Jahren. Das Bestellvolumen wuchs um 22,1% J/J, was im Vergleich zum Vormonat ein Plus von 0,9% bedeutete. Im Speziellen profitierten exportierende Unternehmen von einer durch den fallenden Euro wiedererweckten Nachfrage im Ausland. Nach der ersten Schätzung ist die Inflationsrate der Eurozone im Juni auf 1,4% zurückgegangen (Mai:1,6%).

Nach kurzer Erholung nach dem G-20-Gipfel vom Wochenende waren die Finanzmärkte in den vergangenen Tagen wieder von Nervosität und Risikoscheu geprägt. Der Anstieg des Dreimonats— Euribor beschleunigte sich, die Rendite der deutschen 10-Jahres-Benchmark fiel wieder unter 2,60%, jene des 10-jährigen US-T-Bond fiel unter 3% und damit auf ihr niedrigstes Niveau seit April 2009. Der Schweizer Franken, dessen Kursbewegungen zum Euro seit der vergangenen Woche nicht mehr von der Schweizer Nationalbank abgefedert werden, stieg auf ein neues All-time High von 1,31 CHF je EUR, die Renditeaufschläge griechischer Anleihen erreichten Werte wie kurz vor Verabschiedung des bis zu 750 Mrd. EUR grossen Rettungspakets von EU und IWF und die Aktienmärkte gaben im Wochenvergleich zwischen knapp 4% (DAX) und 7% (ATX) nach. Einer der Auslöser war in der Kombination von Rating-Verschlechterungen und dem Halbjahres-Ultimo zu finden. Nachdem mit Moodys die zweite Rating-Agentur das griechische Rating unter Investment Grade drückte, mussten viele institutionelle Investoren ihre Bestände dieser Anleihen reduzieren. Eine zusätzliche Belastung der Märkte entstand aus der Fälligkeit des mit 442 Mrd. EUR umfangreichsten 1-Jahres- Refinanzierungsgeschäfts der EZB aus dem Juni 2009. Die Nachfrage nach dem einen Tag zuvor angebotenen Dreimonats-Geld war zwar geringer als erwartet, die daraus folgende Marktberuhigung währte aber nur kurz. Die Unsicherheit darüber, ob die Verschuldungsprobleme Griechenlands, die damit verbundenen Kursverluste von Staatsanleihen aus den „PIIGS“-Ländern und die daraus wiederum folgenden Belastungen für das Finanzsystem mit den begonnenen Massnahmen tatsächlich abgebaut werden können, stieg deutlich an. In der kommenden Woche dürften zumindest die datumsabhängigen Belastungen wieder abnehmen. Die damit einhergehende Beruhigung müsste die für die Eurozone zuletzt ja durchaus erfreulichen volkswirtschaftlichen Daten wieder etwas besser zu Tage treten lassen und eine bescheidene Erholung der Finanzmärkte ermöglichen.