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Glechner: Wochenkommentar: Trotz Störsignalen aufwärts

Die Konjunkturindikatoren in den USA fielen zuletzt uneinheitlich aus. Während die Industrieproduktion im Mai um 1,2% M/M zulegen konnte, ging das Volumen der Einzelhandelsumsätze um 1,2% M/M zurück. Zuvor waren die Erlöse sieben Monate in Folge gestiegen. Die Kapazitätsauslastung in der Industrie erhöhte sich gegenüber dem Vormonat um einen Prozentpunkt und erreichte mit 74,7% den höchsten Wert seit Oktober 2008. Gleichzeitig hat sich die Lage am Immobilienmarkt wieder verschlechtert. Im Mai verringerte sich die Zahl der Wohnbaubeginne aufs Jahr hochgerechnet um 10% und die Baugenehmigungen für Eigenheime verzeichneten ein Minus von 5,9%. Eine positive Tendenz hingegen weist der Index der Universität Michigan für das Konsumentenvertrauen auf. Nach ersten Berechnungen kam er im Juni auf 75,5 Punkte und erreichte somit den höchsten Stand seit Jänner 2008. Das US-Handelsbilanzdefizit hat sich im April auf 40,3 Mrd. $ ausgeweitet. In der Eurozone war der Leistungsbilanzsaldo im ersten Quartal dieses Jahres mit -19,6 Mrd. € (entspricht -0,9% des BIP) ebenfalls negativ, wobei jedoch die Dienstleistungsbilanz mit 4,9 Mrd. € einen positiven Saldo aufwies. Im April wies auch die Handelsbilanz mit +1,8 Mrd. € einen Überschuss auf. Die Industrieproduktion erhöhte sich im April um 0,8% M/M, was im Vergleich zum selben Monat des Vorjahres einen Anstieg von 9,5% und somit das grösste Plus seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1991 bedeutete. Hervorstechend sind die deutliche Ausweitung der Vorleistungsgüterproduktion um 2,2% M/M sowie der Rückgang bei der Herstellung von Verbrauchsgütern um 1,2% M/M. Wie auch schon im April ist die jährliche Inflationsrate in der Eurozone im Mai um 0,1 Prozentpunkte angestiegen und betrug demnach 1,6%. Die Werte der einzelnen Länder klaffen weit auseinander: In Griechenland war mit 5,3% der höchste Wert zu verzeichnen, in Irland herrscht trotz Verlangsamungstendenz mit -1,9% noch immer Deflation. Während die harmonisierte Inflationsrate in Deutschland mit 1,2% unterdurchschnittlich blieb, war sie mit 1,7% (nationale Methode: 1,9%) in Österreich vergleichsweise hoch.

Trotz der gemischten volkswirtschaftlichen Datenlage und laut ZEW-Index pessimistischer werdender Analysten konnte sich in der abgelaufenen Woche an den Finanzmärkten der erwartete Erholungstrend durchsetzen, der auch durch die Herabsetzung des Moodys-Ratings für Griechenland um 4 Stufen und die kolportierte IWF- und EU-Hilfe für Spanien in Höhe von 250. Mrd EUR nur wenig erschüttert wurde. Die Volatilitätsindizes VIX und VDAX gaben deutlich nach. Ölpreis und Aktienkurse verbesserten sich um rund 5%, die Rendite der zehnjährigen deutschen Bundesanleihe nahm um immerhin 10 Basispunkte zu und der Euro konnte sich zum US-Dollar etwas festigen. Zum Schweizer Franken fiel er am Donnerstag hingegen unter 1,38 CHF je EUR, nachdem die Schweizer Nationalbank zwar ihre Niedrigzinspolitik bestätigte, ihren Satz zur Vermeidung einer übermässigen Franken-Aufwertung im Kommentar aber weggelassen hatte.

Im Vorfeld des EU-Gipfels wurden zusätzliche Sparmassnahmen verschiedener Eurostaaten präsentiert, die zu dieser Marktberuhigung ebenso beigetragen haben dürften wie die in Summe leicht verbesserte volkswirtschaftliche Lage. Diese scheint aber nicht robust genug, eine Aufwärtsentwicklung bei unverändertem Tempo zu rechtfertigen. Wir rechnen daher in der kommenden Woche mit einer deutlich schwächeren Dynamik, die auch wieder anfälliger auf Störsignale von Seiten der Staatsfinanzen bzw. der sie interpretierenden Kommentare reagieren dürfte. Die Fed-Sitzung dürfte für die Märkte einigermassen neutral bleiben und ein erneuertes Versprechen längerfristig niedriger Zinsen bringen, da die hohe Arbeitslosenquote, der stärker gewordene US-Dollar und die Turbulenzen um die Staatsverschuldung einiger Euro-Länder die Inflationsgefahr zumindest kurzfristig weiter gering halten. Nach der Relativierung der SNB-Aussagen zum Wechselkurs gestaltet sich der Ausblick für den Euro gegenüber dem Schweizer Franken äusserst unsicher, während wir für die Euro/Dollar-Entwicklung von einer Stabilisierung des aktuellen Niveaus ausgehen.