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DAX zwischen Konjunkturhoffnung und Regulierungsangst

Wer eine Dax-Prognose für die neue Woche braucht, dem bleibt nur der Blick in die Glaskugel. Aktienstrategen hoffen auf positive Impulse von Konjunkturdaten, befürchten aber gleichzeitig neues Misstrauen ausgelöst von der schwelenden Debatte über die Regulierung der Finanzmärkte. Einig sind sich die Experten immerhin darüber, dass die Kurse weiterhin stark schwanken dürften.

"Die Märkte sind derzeit sehr stimmungsgetrieben, und vielleicht werden uns nächste Woche die Einkaufsmanagerindizes aus China und den USA zeigen, dass die Konjunktur gar nicht so schlecht läuft", sagt Gerhard Schwarz von der UniCredit. "Dann könnten wir ein bisschen zurück zur Normalität finden, und die freundliche Tendenz der vergangenen Tage könnte uns noch etwas erhalten bleiben." In der ablaufenden Woche hat sich der Dax etwas erholt und rund zwei Prozent zugelegt. Am Freitag schloss der Leitindex 0,15 Prozent höher bei 5946 Punkten.

"Die Regulierungsdebatte ist derzeit der wunde Punkt des Marktes", konstatiert LBBW-Stratege Steffen Neumann. Der Rettungsschirm zur Euro-Stabilisierung habe zwar bewirkt, dass kaum noch jemand eine Staatspleite in Europa für wahrscheinlich halte. "Aber auch wenn kein Staat umfällt, eine Bank kann es immer noch. Und die Regulierung ist der Knackpunkt, der das ganze zum Kippen bringen könnte", gibt Neumann zu bedenken. Am Mittwoch berät das Bundeskabinett über ein Gesetz zur Stärkung der Stabilität der Finanzmärkte. Am Freitag beginnt dann das Treffen der G20-Finanzminister und -Notenbankchefs, welches den Gipfel der Regierungschefs zu diesem Thema Ende Juni in Kanada vorbereiten soll. Mit seinem Alleingang zur Eindämmung der spekulativen Geschäfte trifft Deutschland bei den G20-Partnern auf Widerstand. Vor allem mit den USA gibt es noch deutliche Meinungsverschiedenheiten darüber, wie die Finanzmärkte schärfer kontrolliert werden sollen.

Nicht ausgestanden, aber etwas in den Hintergrund gerückt ist die europäische Schuldenkrise. Nach Einschätzung der Commerzbank ist der dadurch ausgelöste Vertrauensverlust an den Märkten dem nach der Pleite von Lehman Brothers zu vergleichen. Es gebe aber Hoffnung auf eine schnellere Erholung als damals: "Nach der Lehman-Pleite war es lange Zeit vollkommen unklar, welches Institut wie grosse Abschreibungen vornehmen muss, die Bereinigung der Bilanzen war sehr zeitaufwendig", erläutern die Analysten des Bank. In der Schuldenkrise lägen die Fakten dagegen viel rascher auf dem Tisch.

In den USA stehen in der neuen Woche mit ISM-Index und Arbeitsmarktbericht die beiden Schwergewichte unter den Konjunkturindikatoren an. Sie sollen einen Hinweis darauf geben, wie robust die Konjunkturerholung ist. Der ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe dürfte Commerzbank-Volkswirt Christoph Balz zufolge nochmals belegen, dass die US-Industrie kräftig wächst. Der chinesische Einkaufsmanagerindex für Mai dürfte nach Einschätzung von Analysten etwas niedriger ausfallen, allerdings weiter ein deutliches Wachstum der Industrie anzeigen.

Am Freitag entscheidet die Deutsche Börse über die Zusammensetzung der Indizes, und Index-Experten sagen dem Baustoffkonzern HeidelbergCement gute Chancen auf einen Dax-Aufstieg voraus. Dabei würden die Titel des Zementherstellers von der sogenannten "Fast Entry"-Regel profitieren, die ein vorzeitiges Aufrücken ermöglicht. Aufstiegsaspiranten müssen dazu - gemessen am Börsenwert der frei verfügbaren Aktien und am Handelsumsatz - zu den grössten 25 Börsenwerten in Deutschland gehören. Den Platz im Leitindex räumen muss ein Wert, der bei einem der beiden Kriterien schlechter als Rang 35 abschneidet - nach Berechnung von Experten der Stahlkonzern Salzgitter. In den Nebenwerteindex MDax könnten ICF-Experte Klaus Stabel zufolge Kabel Deutschland und Brenntag einziehen, gefährdet sind demnach Pfleiderer und Bauer. (APA/Reuters)