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Eisenerz-Revolte - Was bedeutet das für die voestalpine?

"Es lebe die Preisrevolution" bzw. "Das Ende einer mehr als 40-jährigen Beziehung" - lauten Kommentare auf die jüngsten Umwälzungen: Die Eisenerz-Riesen Vale und BHP Billiton haben am Dienstag höhere Preisabschlüsse (90%) mit Stahlkonzernen in China und Japan und mit einer Laufzeit von nur drei Monaten statt der bisher üblichen Jahresverträge durchgesetzt. Da der Preissprung grösser als erwartet ausgefallen ist und Drei-Monats-Verträge mehr Unsicherheiten mit sich bringen, ist das kein gutes Signal für die europäischen Stahlkonzerne.

Die Reaktionen von Analysten fallen dennoch unterschiedlich aus: "Die Stahlkonzerne werden wieder von der Minenindustrie und den Autoherstellern in die Zange genommen", kommentieren die Analysten der UniCredit die Entwicklung. Sie bestätigen ihre vorsichtige Einstellung zu europäischen Stahltiteln. Bei der UBS sieht man die Sache gelassener: Analyst Andrew Snowdowne muss zwar seine bisherige Schätzung anheben, dass die Eisenerzpreise auf Jahressicht um 40% steigen. Die höheren Stahlpreise werden diesem Kostendruck aber standhalten, bestätigt er seine Overweight-Einstufung der Branche.

Der voestalpine-Konzern, der ja ebenfalls ein "Getriebener der Minenkonzerne ist", hat wie die übrigen Stahlhersteller den 1. April als Stichtag für die Aushandlung neuer Verträge mit den grossen Erzkonzernen. CEO Wolfgang Eder merkte allerdings am Wochenende in einem Interview an, dass die Verhandlungen auch etwas länger dauern könnten. Was ist zu erwarten?

"Wir denken, dass die Vertragsausgestaltung noch andauern könnte. Fakt ist jedoch, dass der zu bezahlende Preis über unserer Erwartung liegt, die bei gut 40-45% lag. Man muss nun mit 60-70% rechnen", sagt RCB-Analyst Klaus Küng. Auf der anderen Seite müsse aber berücksichtigt werden, dass aus Sicht der voestalpine erstens der Erzberg gut 25% des eigenen Bedarfs abdeckt, zweitens haben die Linzer nur ein Exposure zu einem der ganz grossen Minenkonzerne - nämlich Vale (Brasilien). Dieser deckt rund 10% des voestalpine-Bedarfs ab. "Ferrexpo, der Hauptlieferant der voestalpine (1/3 des Bedarfs), ist möglicherweise doch zu leichten Preiszugeständnissen bereit, da Ferrexpo historisch ca. 25% seines Outputs an Linz und Donawitz geliefert hat und nur US Steel Slowakei und Serbien eine ähnliche Relevanz für Ferrexpo haben. Für Ferrexpo kann China nicht die Alternative sein, da sie rein logistisch nicht die gleichen Margen erzielen können wie die grossen Australier oder die Margen, die mit der voestalpine erzielt werden können", erklärt Küng.

Alfred Reisenberger von Cheuvreux sieht die Sache ähnlich: "Wir gehen davon aus, dass voestalpine aufgrund ihrer Lieferantenstruktur mit etwas weniger Preiserhöhungen auf der Rohstoffseite durchkommen wird." Reisenberger erwartet übers Jahr gesehen etwa 80-100 Euro/t höhere Preisen, welche die voestalpine aber bei Kunden unterbringen sollte. "Vielleicht nicht sofort, aber doch innerhalb der nächsten zwölf Monate."
Küng geht zudem davon aus, dass die grossen Erzerzeuger (Rio, BHB und Vale) zwar mit der neuen Vertragsdauer die jetzt mit China erzielbaren Preise kurzfristig abschöpfen wollen, gleichzeitig damit aber auch bewusst den Druck auf die kleineren Player der Minenindustrie erhöhen. "Die Fortescues und Ferrexpos dieser Welt tragen ja faktisch nichts zur Preisfindung bei und müssen jedes Jahr nur auf die Benchmark warten, die letztlich zwischen den Australiern und China festgelegt wird. Hier herrscht natürlich eine ganz andere Preisfindungsdynamik als zwischen einem minor miner und einem europäischen Stahlerzeuger", erklärt Küng. Und weiter: "Natürlich ist die Sache sehr positiv für die grossen Drei, da diese mit den windfall-Gewinnen ihre Kapazitäten, Kosteneffizienz und Marktmacht noch weiter ausbauen können. Für integrierte Stahlerzeuger wie die voestalpine sehe ich es zwar kurzfristig negativ, weniger jedoch wegen der Schwierigkeit der Preisweitergabe, sondern vielmehr auf der Seite der Umlaufvermögensausweitung. Kurzfristig kann auch die Auswirkung durch höheren Schrott leicht abgefedert werden."

Langristig negativ seien die jüngsten Entwicklungen tendenziell für die kleineren Eisenerz-Player, die nicht mehr die Verlässlichkeit einer Einjahres-Benchmark haben werden. "Jedenfalls glauben wir, dass spätestens in einem Jahr zumindest die kleinen Eisenerzerzeuger wieder um eine einjährige Benchmark betteln werden." (bs)

Aus dem Börse Express vom 31. März 2010

Relevante Links: voestalpine AG