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Erste Börsenkandidaten wagen sich aus der Deckung

Die Korken auf dem Frankfurter Börsenparkett knallen wieder. Nachdem seit Mitte 2008 kein namhaftes Unternehmen einen Börsengang wagte, trauen sich nun die ersten Kandidaten: Die Deutsche Börse zählt vier Unternehmen, die noch im März ihr Debüt am Aktienmarkt geben wollen. Den Anfang macht an diesem Montag (22.3.) Deutschlands größter Kabelnetzbetreiber Kabel Deutschland. Experten erwarten, dass damit endgültig das Eis bricht - wenngleich die Märkte sicher lange nicht mehr so mit Neuemissionen überschwemmt werden, wie zum Börsen-Boom der 1990er Jahre.

"Das vergangene Jahr war kein gutes Jahr für Börsengänge - weder in Deutschland noch in Europa", hatte Börsenchef Reto Francioni im Januar nüchtern bilanziert. PricewaterhouseCoopers (PwC) zählte für 2009 zwischen Athen und Oslo 151 Erstemissionen (Initial Public Offering/IPO), die zusammen 6,8 Milliarden Euro einbrachten. 2008 wurden bei 337 Emissionen noch knapp 14 Milliarden Euro erlöst.

Die Hoffnung auf eine Trendwende scheint sich zu erfüllen: Außer Kabel Deutschland (Unterföhring) wollen vor Ostern das Hamburger Modeunternehmen Tom Taylor (26.3.), der Chemikalienhändler Brenntag aus Mülheim/Ruhr (29.3.) und der chinesische Armaturenhersteller Joyou mit Deutschlandsitz in Hamburg (30.3.) an der Börse starten.

"Die Bewertungen an der Börse sind natürlich im Schnitt noch etwas geringer als in normalen Zeiten, aber sie sind wieder attraktiver für Unternehmen", sagt der Münchener Ökonom Christoph Kaserer. Im Krisenjahr 2009 hätten sich mögliche Börsenkandidaten vor allem deswegen zurückgehalten, "weil die Preise aus ihrer Sicht nicht stimmten", sagt Kaserer, der regelmäßig IPO-Studien erstellt.

"Wenn Kabel Deutschland einigermaßen läuft, bin ich sicher, dass noch weitere Unternehmen folgen werden", sagt Kaserer. "Ich halte es für relativ plausibel, dass wir eine Situation wie 2005 bekommen, als der Premiere-Börsengang dafür sorgte, dass der Damm brach."

Rüdiger von Rosen, Geschäftsführer des Deutschen Aktieninstituts, meint allerdings, die Euphorie habe seit Jahresbeginn schon wieder nachgelassen. Unsichere Wirtschaftsaussichten und Endlosdebatten um Lehren aus der Krise - all das hält viele Manager weiterhin ab, ihr Unternehmen der Achterbahnfahrt an den Börsen auszusetzen. Anfang Dezember blies der Baukonzern Hochtief kurzfristig die Erstnotiz seiner Tochter Concessions ab. Zur Begründung hieß es, die "jüngsten Verwerfungen an den internationalen Kapitalmärkten" infolge der Dubai-Krise hätten das Umfeld entscheidend verschlechtert.

Die nun anstehende Erweiterung des Kurszettels dürfte den eher aktienscheuen Privatanlegern in Deutschland kaum einen Schub geben. Als Zielgruppe gelten eher institutionelle Investoren wie Lebensversicherer und Pensionskassen. "Es wird nicht die Masseneuphorie à la Telekom und Infineon geben", sagt von Rosen. Um die Aktien des Telekommunikationsriesen und des Chipkonzerns hatten sich auch Kleinanleger gerissen - und wurden oft bitter enttäuscht.

Inzwischen liegt der letzte große Börsengang in Deutschland mehr als zwei Jahre zurück: Anfang November 2007 hatte der Hamburger Hafenbetreiber HHLA beim Gang an die Börse 1,17 Milliarden Euro eingenommen. Danach brach der Markt auch wegen der Finanzkrise zusammen. Prominentestes Opfer war die Deutsche Bahn: Das Staatsunternehmen sagte nach langem Hin und Her im Herbst 2008 seinen umstrittenen Börsengang ab. "Den letzten Börsengang im dreistelligen Millionenbereich gab es im Juni 2008 mit SMA Solar", erinnert Kaserer an die Erstnotiz des Unternehmens aus Nordhessen. Nun ruhen die Hoffnungen der Börsianer auf Kabel Deutschland.