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Geldwäsche im Umfeld der Telekom Italia - So lief das Ringelspiel

Freitag vorvergangener Woche sind die Ermittlungen im italienischen Geldwäscheskandal auch auf jene Verdächtigen ausgeweitet, die den Skandal überhaupt erst ermöglicht haben sollen. Das ist neben einigen Vorständen der Telecom Italia vor allem Silvio Scaglia, Gründer und Ex-Vorstandschef des Telekommunikations-Konzerns Fastweb - Tochter der Swisscom. Scaglia hat seine Anteile an Fastweb 2007 an den verstaatlichten Schweizer Telekom-Konzern Swisscom verkauft, sitzt aber immer noch im Verwaltungsrat des Unternehmens. Auch er befindet sich jetzt in U-Haft. Auch er beteuert seine Unschuld.

In der Justiz in Rom fragt man sich, wie der Vorstand eines Unternehmens nicht bemerkt haben kann, dass sein Konzern über Jahre hinweg aktiver Teil eines Geldwäsche- und Betrugssystems war.

So soll es laut "profil" im Wesentlichen gelaufen sein: Über Auslandsgesellschaften wird Mafiageld für fiktive Dienste an etablierte italienische Telekom-Unternehmen überwiesen. Diese überweisen das Geld nach Abzug einer Prämie weiter an Briefkastengesellschaften der Mafia, die ebenfalls erfundene Dienstleistungen verrechnen. Über weitere Tarngesellschaften, die jeweils einen Anteil abzweigen, wird das Geld weissgewaschen und am Ende wieder den Grosskonzernen zugeführt - dann kann das Rinigelspiel von Neuem beginnen.

Ausgangspunkt sollen Gesellschaften im Einflussbereich der 'Ndrangheta gewesen sein - mit Schwarzgeld aus Geschäften der Mafia. Erstes Glied soll eine Gesellschaft namens Acumen gewesen sein, die Niederlassungen in Grossbritannien (Acumen UK Ltd.) und Finnland (Acumen Europe OY) unterhielt. Acumen speiste dem Bericht zufolge italienische Konten von Fastweb und Telecom Italia Sparkle mit Schwarzgeld. Offiziell zahlte Acumen für Telekommunikationsdienstleistungen.

Die Staatsanwaltschaft Rom zeichnete die Geldflüsse zwischen April 2005 und Juli 2007 nach. Demnach haben Fastweb und TIS alleine in diesem Zeitraum (die Geldwäscher waren bereits seit 2003 aktiv) etwas mehr als 2 Mrd. Euro überwiesen. Das Geld wurde auf Konten von zwei Gesellschaften mit Sitz in Italien überwiesen: I-Globe Srl und Planetarium Srl. Beide Gesellschaften stellten demnach für die Zahlungen Belege für angeblich geleistete Dienste aus - auf die "Auftragssumme" seien dabei noch 19 Prozent Mehrwertsteuer aufgeschlagen worden. Ab März 2006 sollen die Zahlungen an I-Globe und Planetarium ausschliesslich über Konten in Österreich gelaufen sein.

Carlo F., Manilo D. und Ricardo S. haben den italienischen Angaben zufolge im Dezember 2005 für I-Globe ein Konto bei der Raiffeisen Zentralbank (RZB) eröffnet. Auf das Wiener Konto von I-Globe gingen zwischen März und September 2006 insgesamt 287,93 Mio. Euro von Telecom Italia und Fastweb ein. Dem Unternehmer Dario P. sei die Gesellschaft Planetarium Srl zuzuordnen, auf deren RZB-Konto ab September 2006 die Summe von 858,21 Millionen Euro überwiesen wurde. Auch in diesem Fall kam laut "profil" das Geld direkt von Telecom Italia und Fastweb.

Die beiden Gesellschaften mit Bankverbindungen in Wien waren dem Bericht zufolge nur Durchlaufposten. Planetarium und I-Globe blieben nicht lange auf dem Geld sitzen. Sie überwiesen es nach Abzug einer Bearbeitungsgebühr an zwei weitere Tarngesellschaften mit Sitz in Panama: Broker Management SA und Karelia Business Group SA. Das Geld blieb - so heisst es im Beicht - allerdings weiterhin in Österreich. Beide Unternehmen hatten je ein Konto bei der Wiener Niederlassung der Anglo Irish Bank und bei der Bank Austria. Über die Geldflüsse notieren die römischen Ermittler: "Weitere Ausgänge von 318,820.036,00 Euro wurden zwischen 22.9.2006 und 30.4.2007 auf das Konto 52096003504 der Bank Austria Creditanstalt überwiesen, das auf die Karelia Business Group SA ausgestellt" sei.

Resultat: 265,4 Mio. Euro waren laut Ermittlern im Zahlungsverkehr zwischen den Gesellschaften gewaschen und bereits aus dem Spiel genommen worden. Dabei wurde der italienische Fiskus um 365 Mio. Euro betrogen: Jede der beteiligten Gesellschaften hatte nämlich 19 Prozent Mehrwertsteuer verrechnet und sich vom Fiskus später zurückgeholt. Am Ende des Kreislaufs hatte eine der Gesellschaften einfach "vergessen", die Steuer auf den künstlich aufgeblähten Betrag abzuführen.

Die Banken haben wegen der Transaktionen ihrer italienischen Kunden selber Meldung bei der Polizei erstattet. Noch heute sollen sich nach "profil"-Informationen mehrere Millionen Euro auf eingefrorenen Konten in Österreich befinden.

Seit Februar 2007 ist in Wien auch ein Verfahren wegen des Verdachts auf Geldwäsche gegen den Italiener Dario P. anhängig. Er gilt als einer der Erfinder jener Konstruktion, über die die 2 Mrd. Euro durch Österreich geschleust wurden. Zu einer Anklageerhebung in Österreich wird es so schnell aber nicht kommen, mutmasst das Magazin. (APA)