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'Yoga spricht eine neue Zielgruppe an - Frauen, die normalerweise nicht spielen'

Börse Express: Heute kommt das im Vorfeld stark promotete und verheissungsvoll angekündigte "Yoga für Wii" auf den Markt. Laut JoWooD-Angaben der stärkste Titel des Geschäftsjahres 2009. Was macht das Game so stark?

Albert Seidl: Es ist das einzige Spiel am Markt mit dem Kernthema "Relax - Entspannung". Zudem ist das Nintendo Balance Board einzigartig am Markt. Es herrscht ja ein riesiger Trend zur Nintendo Konsole und dabei besonders eben zu diesem Balance Board (ähnelt einer Personenwaage mit zwei Standflächen und gibt dem Spieler Feedback zu den Übungen, Anm.). Nicht zuletzt ist weltweit ein unglaublicher Fitnesstrend zu bemerken. Wii-Fit - von dem Sie sicher schon einmal gehört haben - ist beispielsweise eines der meistverkauften Spiele weltweit überhaupt. Wir glauben, dieser Fitness- Trend wird anhalten. Wichtig ist festzuhalten: Unser Yoga- Game unterscheidet sich von den anderen Fitnessspielen, die es zweifelsohne schon am Markt gibt. Wir sagen: Es müssen nicht immer noch schwierigere Gymnastikübungen sein. Wir wollen das Gegenteil erreichen. Unter dem Schlagwort "Relax" mit Yoga für Wii quasi einen Fitness-Gegentrend starten.

Börse Express: Das Spiel konnten die Gamer schon in den letzten Tagen online ausprobieren. Wie ist das Feedback der Community? Wie sind die Vorverkaufszahlen?

Albert Seidl: Wir haben das Spiel in einer Erstauflage an den Handel verkauft. Diese Woche wird ausgeliefert. Allerdings noch nicht flächendeckend. Bis Anfang Dezember werden wir mit Yoga weltweit im Handel vertreten sein. Ich bin kein Freund von genauen Vorhersagen, aber wir werden bis Anfang des kommenden Monats im Bereich von mehreren 100.000 Stück im Handel draussen sein. Mit den Erstauflagen sind wir jedenfalls sehr zufrieden. Yoga wird nicht nur heuer unser stärkster Titel sein, sondern in den gesamten letzten drei Jahren. Dabei ist es nicht einmal ein "day one product", wie Gothic 3 oder 4 es war. Diese Spiele wurden zum Erstveröffentlichungstermin gekauft. Bei Yoga ist das anders. Das ist ein Longseller. Darum wird auch unsere Marketingaktivität 2010 weiter gehen. Da wir mit der Erstbestückung wie gesagt mehr als zufrieden sind, gehen wir davon, dass wir auch nächstes Jahr weiterhin gute Verkaufszahlen sehen werden.

Börse Express: Weihnachten steht vor der Tür. Wie sehr profitiert JoWooD vom Kaufrausch der Menschen in der besinnlichen Zeit, zumal zu Weihnachten ja auch besonders gerne elektronische Waren gekauft werden?

Albert Seidl: Yoga ist ein gutes Weihnachtsgeschenk. Und es ist der richtige Zeitpunkt für den Release. Einschränkend sollte ich schon dazusagen: A la longue wird das heurige Weihnachtsgeschäft nicht ausschlaggebend sein. Nicht Eltern kaufen das Game für ihre Kindern, sondern ich kaufe es für mich selber. Die Jahreszeit ist in diesem Fall nicht so entscheidend.

Börse Express: Was ich persönlich nicht ganz verstehe beim neuen Yoga-Game: Bei Games denke ich an Kids und vielleicht an junggebliebene Männer. Bei Yoga dagegen an Frauen und ältere Menschen. Passt das zusammen?

Albert Seidl: Gute Frage (lacht). Die herkömmliche Zielgruppe ist männlich, konsolenbegeistert und jung. Unser neuestes Game Yoga spricht eine ganz andere Zielgruppe an. Erstens eine weibliche. Und zweitens diejenigen, die mit Spielen an und für sich wenig am Hut haben. Eine Zielgruppe, die normalerweise nicht spielt. Wir bieten diesem Zielpublikum weniger ein Spiel an, sondern vielmehr Yoga fürs Wohnzimmer. Man muss somit nicht mehr in einen Yogakurs gehen, nicht mehr das Fitnesscenter besuchen. Denn mit unserem neuesten Produkt kann man zuhause bleiben und in seinen eigenen vier Wänden professionelles Yoga machen. Im Marketing gehen wir dabei übrigens neue Wege. Wir fokussieren uns nicht wie bislang auf "Special Interest"-Bereiche, wie etwa Computermagazine, sondern stossen in den Lifestylebereich vor. So waren wir schon in der "Madonna", "Woman" oder der Wochenendbeilage vom "Standard". Also in Medienbereichen, die diese Zielgruppe der weiblichen Nicht-Gamer auch wirklich treffen. Wenn die Frauen bei uns zur Tür hereinkommen, mit einem ausgeschnittenen "Yoga für Wii"-Artikel, und sagen: "Das hätten wir gerne." Dann sind wir ganz klar auf dem richtigen Weg.

Börse Express: Was ist eigentlich der letzte Stand der Dinge beim nächsten Topseller Arcania, dessen Release ja auf 2010 verschoben wurde? Und warum wurde er verschoben?

Albert Seidl: Arcania - A Gothic Tale wird 2010 kommen. Das ist fix eingeplant. Auf drei Plattformen, was eine Premiere für JoWooD ist: PC, Xbox 360 und Playstation 3. Arcania wird 2010 das stärkste Produkt des Jahres sein. Ein Communityprodukt. Das heisst, es wird im Veröffentlichungsmonat gekauft. Warum wurde es verschoben? Ursprünglich hatten wir 2007 geplant, das Spiel Ende 2009 auf den Markt zu bringen. Wir haben aber aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, die ich mir auch selber eingestehe. Beispielsweise bei Gothic 3. Das hat sich zwar gut verkauft. Es war aber fehlerhaft. Wir hätten dem Produkt mehr Zeit geben sollen. Für Testing and Balancing. Daher geben wir Arcania jetzt noch ein wenig mehr Zeit bis zum Release als ursprünglich vorgesehen war. Arcania wird 2010 nebenbei bemerkt nicht das einzige Produkt sein. Es wird - wenn es gut läuft, wonach es derzeit ausschaut - wohl auch eine Fortsetzung von Yoga geben, mit neuem Content.

Börse Express: Wie ist es eigentlich generell um die globale Spielebranche bestellt? Greifen die Menschen aus Eskapismusgründen in der Krise vermehrt zu Spielen oder lassen Sie eher die Hände davon und sparen?

Albert Seidl: Unsere Branche vertritt die These, dass wir von grossen Konjunkturzyklen weitgehend unabhängiger sind als andere Industrien. Wir haben nicht so profitiert vom Boom der letzten Jahre. Dafür hat die Rezession uns nicht so geschadet. Ich möchte von einer gewissen Konjunkturunabhängigkeit sprechen. Wenngleich die Einzelhandelsumsätze im Retailmarkt allgemein jetzt zurückgehen. Davon ist auch die Softwareindustrie betroffen. Im Q2 konnte das EBIT im Vergleich zum Q1 verbessert werden - ein Trend, der auch im Q3 angehalten hat? Dazu kann ich im Vorfeld der Zahlenbekanntgabe leider nicht viel sagen. Wir sind nicht glücklich, immer Quartalsoptimierungen machen zu müssen. Der Erfolg eines Quartals hängt auch von der Veröffentlichung einzelner Titel ab. Das muss man auf die längere Sicht sehen. Zum Gesamtjahr möchte ich aber schon sagen, dass wir Wachstum erwarten. Wir sind optimistisch, die letztjährigen Zahlen übertreffen zu können.

Börse Express: Zuletzt hiess es, Sie wollen weitere Optimierungen im Vertrieb vornehmen. Wie weit sind Sie hier vorangeschritten?

Albert Seidl: Die grosse Herausforderung ist, richtigen Content zu haben. Das ist die Voraussetzung, um erfolgreich sein zu können. Content allein ist aber nicht genug. Deshalb betonen wir die Vertriebsstrukturen so stark, weil wir so in der Lage sind, das Produkt selbst vertreiben zu können. Ansonsten kann man das Potenzial nicht vollends ausschöpfen. 2009 haben wir darauf das Hauptaugenmerk gelegt. Sowie auf Deutschland, Grossbritannien und Frankreich. In diesen Ländern können wir nun direkt an den Einzelhandel abliefern und vertreiben. In Nordamerika sind wir ebenfalls gut aufgestellt. Der Einzelhandel besteht nicht zuletzt aus grossen internationalen Ketten. Als österreichischer Anbieter ist es nicht immer leicht, in diese Ketten hineinzukommen. Daher haben wir 2009 unsere Kraft darin gelegt, hier hineinzukommen. Jetzt sind wird dafür gerüstet. Die Aufbauarbeiten haben wir erledigt, 2010 erfolgt die Optimierung.

Börse Express: JoWooD zählt ja mit einer Marktkapitalisierung von knapp 30 Mio. Euro zu einem Micro Cap. Wie geht es Ihnen derzeit mit institutionellen Investoren?

Albert Seidl: Völlig richtig, wir sind ein Micro Cap. Damit ist es für uns nicht immer einfach in Zeiten wie diesen. Grosse institutionelle Investoren tendieren in Krisenzeiten zu Blue Chips. Wir versuchen trotzdem, institutionelle Investoren anzuziehen. Wir versuchen, mit Gesprächen an diejenigen heranzugehen, die an unser Geschäftsmodell glauben, die unsere gesamte Investorenstrategie anspricht. Wir versuchen nicht diejenigen zu erreichen, für die kurzfristige Tradings im Vordergrund stehen. Dafür ist die Aktie nicht liquide genug. Kurzum: Wir versuchen derzeit mit dem einen oder anderen zu reden. Manche sind ja schon an Bord. Wie die Österreich- Fonds (Pioneer Investmens Austria, Erste Sparinvest, Anm.). Wir müssen aber über Österreich hinausschauen. Diesbezüglich sind wir gerade aktiv.

Börse Express: Seit Mitte Oktober hat JoWooD einen neuen Namen - JoWooD Entertainment AG. Warum wurde der alte Name Jo- WooD Productions Software AG abgelegt? Wofür steht der neue?

Albert Seidl: Das ist einfach zu beantworten. Wir sind früher als Softwareschmiede bezeichnet worden. Der alte Name steht für einen Entwickler. Das mag vor einigen Jahren noch richtig gewesen sein. Da war das Entwickeln noch einer unserer Hauptkernbereiche. Heute sehen wir unser Erfolgspotenzial woanders. Im Vermarkten, Verlegen und Vertreiben von guten Produkten. Die letzten Jahre haben wir versucht, die Vertriebsstruktur voranzutreiben. Wir sind nicht länger ein Entwickler. Sondern ein Verlagshaus im Software- Entertainment-Bereich. Die Namensänderung ist hierbei ein wichtiges Signal.

Börse Express: Die JoWooD-Aktie steht kurz vor Jahresende wieder genau da, wo sie das letzte Jahr beendet hat. Bei etwa 10 Euro. Ein paar gute Gründe haben Sie ja schon genannt, trotzdem nochmal konkret: Was spricht aus Ihrer Sicht dafür, dass der Kurs nächstes Jahr wieder anziehen wird?

Albert Seidl: Die Aussichten, die wir für 2010 präsentieren. Wenn wir unsere Pläne erfüllen können, sprich Yoga sich im Handel gut verkauft, werden wir nachhaltige Verkaufserlöse erzielen. Dazu haben wir mit Arcania einen zweiten grossen Titel in der Entwicklung plus das Folgeprodukt von Yoga. Heuer haben wir ein Topprodukt, nächstes Jahr gleich drei. Damit ist fundamental gerechtfertigt, dass die Aktie nächstes Jahr wieder anziehen wird.

Interview: Daniel Hoffmann

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