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'Vorsorgewohnungen sind gut zu vermieten - ich kann dazu raten'

Börse Express: Neben der staatlich geförderten Pensionsvorsorge oder Lebensversicherungen wird vom Gesetzgeber gerne die Vorsorgewohnung als gute Möglichkeit zur langfristigen Kapitalanlage angepriesen. Was sind für Sie die Vorteile?

Reinhard Aumann: Ergänzend zur Vermögensveranlagung ist die Vorsorgewohnung eine gute Anlagemöglichkeit. Auch wenn jemand für seine Familie vorsorgen will. Wirtschaftliche Vorteile sind, dass man über einen laufenden Ertrag verfügt. Und natürlich die steuerliche Situation.

BE: Die da wäre?

Aumann: Die Vorsteuer kann über den Weg der Mehrwertsteuer wieder zurückgeholt werden. Voraussetzung dafür: Das Objekt wurde mindestens 10 Jahre vermietet. Zweiter steuerlicher Vorteil: Man kann in der Anfangsphase massvoll seine Einkommens-Steuerbelastung reduzieren. Kaufpreis oder Kreditzinsen kann man abschreiben. Es gilt jedoch festzuhalten, dass die Vorsorgewohnung ein Element der Vermögensveranlagung, nicht des Steuersparens ist. Nicht verlassen sollte man sich beim Kauf übrigens auf die automatische Wertsteigerung der Wohnung. Dass diese im Jahr 2029 etwa dreimal so viel wert ist, ist rein spekulativ. Darauf sollte man nicht bauen, da sich auf dem Bauund Wohnsektor die nächsten 20 Jahre so viel tun wird: Ein moderner Bau von heute entspricht in 20 Jahren nicht mehr dem technischen Standard. Das muss bei der Kalkulation berücksichtigt werden; die Verkaufssumme am Ende, ist somit sehr schwer zu prognostizieren. Deswegen ist es auch so schwer, eine Gesamtrendite vorherzusagen.

BE: Trotzdem würde ich Sie bitten, pi mal Daumen einen Renditebereich abzustecken?

Aumann: 4 bis 5 Prozent zu erzielen - damit sollte man zufrieden sein.

BE: Was sind die wichtigsten Kriterien beim Kauf einer Vorsorgewohnung?

Aumann: An oberster Stelle steht die leichte Vermietbarkeit. Dass man jenen Markt trifft, wo ich die meisten Interessenten habe. Welche sind das? 1 bis 2-Personen- Haushalte, dazu verkehrsgünstige Lage, nicht zu grosse Lärmbelästigung, innerstädtischer Bereich, vernünftige Raumaufteilung. Ideal ist eine Grösse zwischen 50 und 70 m². Und mindestens 2 Zimmer.

BE: Wie viel Geld muss man Minimum zur Verfügung haben?

Aumann: 30-40 Prozent der Investitionssumme sollten Eigenmittel sein. Aus zwei Gründen. Damit man den Grossteil der Kreditbedingungen durch Mieteinnahmen bedienen kann und nicht dazu zahlen muss. Zweitens aus steuerlichen Gründen mit Blick auf die Einkünfte bei der Einnahmen-Ausgabenrechnung. Käufer können Zinsen steuermildernd geltend machen. Aber nur dann, wenn diese Zinsen nicht zu hoch sind. Ansonsten kann die Steuerminderung nicht geltend gemacht werden. Ein Beispiel: Der Käufer kann in den ersten Jahren mit erhöhten Kosten (wie Anschaffungen, Renovierungen, Leerstand) Verluste machen. Spätestens nach 20 Jahren muss der steuerliche Gesamtüberschuss, also Mieterträge abzüglich Werbungskosten, positiv sein. Sonst kann das Finanzamt auch noch rück wirkend alle Steuervorteile streichen.

BE: Eine Vorsorgewohnung gilt als Kapitalanlage mit relativ geringem Risiko. Mit welchen Unsicherheiten muss man als Käufer dennoch rechnen?

Aumann: Mit Leerstand. Dann wird das Objekt zu teuer. Oder mit der Devastierung der Wohnung durch einen rücksichtslosen Mieter. Dem kann man allerdings mit dem Verlangen einer hohen Kaution bei Abschluss der Mietvertrages entgegenwirken.

BE: Wie ist das Mietniveau, wie die Marktlage, und würden Sie raten, jetzt zuzugreifen?

Aumann: Die Nachfrage ist aktuell gross. Die Vermietbarkeit auch gegeben. Man bekommt die Wohnung voll. Voraussetzung ist allerdings ein realistischer Mietpreis. Beim Erstmieter einer neuen Wohnung kann ich ja noch viel verlangen. Beim Zweiten und Dritten - Abnutzungen, die in der Zwischenzeit zwangsweise entstanden sind, inklusive - darf ich dann aber nicht mehr einen so hohen Preis verlangen. Wenn man da dauerhaft 10-15 Prozent drüber liegt, wird es schwieriger mit der Vermietung. Ansonsten
sind Vorsorgewohnungen sicher gut zu vermieten. Ich kann dazu raten.

Interview: Daniel Hoffmann

Aus dem Börse Express vom 16. November 2009