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Södergren: Langfristig können wieder Ölpreise von 100 US-Dollar pro Fass erreicht werden

Von John Coyle, Fondsmanager des Schroder ISF Global Energy Noch gegen Ende 2008 litt der Energiesektor unter einem Mangel an Vertrauen. Zu groß erschien die Nachfrageschwäche, zu verhalten und langsam die Reaktion auf der Angebotsseite. Weil die Konsensschätzungen auf eine anhaltende Rohstoffbaisse hinwiesen, schreckten Investoren vor dem Aufbau neuer Positionen zurück. Schroders jedoch war der Ansicht, dass die Rohstoffmärkte kurz vor einer Bodenbildung stehen, weil das Ölangebot sich dem Bedarf schnell anpasste, die Nachfrage sich von niedrigem Niveau aus zu erholen schien und der Abbau von Vorräten sich dem Ende zuneigte. Diese Prognose erwies sich als richtig: Seit Jahresbeginn konnte der Schroder ISF Global Energy um rund 40 Prozent zulegen. Wenn die Nachfrage nach Öl sinkt, finden die Märkte ihr Gleichgewicht relativ schnell wieder: Denn im Jahr 2009 wurden zwar rund 1,5 Millionen Fass Öl pro Tag weniger nachgefragt, die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) kürzte aber gleichzeitig das Angebot um vier Millionen Fass pro Tag.

Zwischen Juni und September 2009 könnte der Ölpreis wegen einer möglichen US-Dollar-Rallye eine Schwächeperiode erleben, und die Energiewerte um zehn bis 15 Prozent nachgeben. Bis zum Ende des Jahres 2009 dürfte sich der Ölpreis aber wieder in Richtung des Preisziels von Saudi-Arabien bei 75 US-Dollar pro Fass bewegen. Auf Sicht von 16 bis 18 Monaten sollte der Preis dann in einer Spanne von 50 bis 90 US-Dollar pro Fass schwanken, flankiert von einer graduellen Nachfrageerholung und anhaltenden Kürzungen der OPEC-Produktion, wodurch der Überhang bei den Ölvorräten abgebaut wird. Das Aufwärtspotenzial ist zunächst noch begrenzt, weil allein Saudi-Arabien eine Überschusskapazität von mehr als vier Millionen Fass pro Tag aufweist. Langfristig dürfte der Ölpreis jedoch noch weiter steigen. Mit einer graduellen, in etwa 18 bis 36 Monaten zu erwartenden Erholung der Weltwirtschaft wird auch die Energienachfrage wachsen. Bis dahin werden die zahlreichen Investitionskürzungen und Projekteinstellungen in der Ölindustrie zu Angebotsengpässen führen, wie sie schon zu Beginn des Jahres 2008 beobachtet wurden. In diesem Umfeld könnte der Ölpreis zeitweise über 100 US-Dollar pro Fass ansteigen, um die Nachfrage abzukühlen und den Markt wieder ins Gleichgewicht zu bringen.

Schroders hat bereits Anfang des Jahres begonnen, aggressive Positionen bei Explorations- und Produktionsfirmen sowie Öldienstleistern aufzubauen. Grund hierfür ist der makroökonomische Ausblick und die Aktienbewertungen, die Ende 2008 einen seit Jahrzehnten nicht gesehenen Tiefpunkt erreichten. Gleichzeitig war Schroders in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bei integrierten Ölmultis wie BP, Shell oder Exxon gegenüber der Benchmark MSCI World Energy Index um etwa 45 bis 50 Prozent untergewichtet.

Diese Ausrichtung war sehr erfolgreich, denn die Kurse von Firmen wie Quicksilver Resources, Banks Petroleum und Exco Resources haben sich von ihren Tiefständen verdreifacht oder vervierfacht. Jüngst wurde wir die starken Über- und Untergewichtungen etwas reduziert, um Risiko aus dem Fonds zu nehmen. Sollte der Ölpreis wie erwartet kurzfristig fallen, wird der Fonds die Chance zum Wiedereinstieg nutzen. Gemieden werden aber weiterhin Raffineriewerte, denn die Nachfrage der entwickelten Industrienationen nach raffinierten Ölprodukten wie Diesel, Benzin und Kerosin befindet sich wegen zunehmend verfügbarer Biotreibstoffe und effizienterer Motoren in einem strukturellen Rückgang. Außerdem werden in Asien und dem Nahen Osten weiterhin große Raffineriekapazitäten aufgebaut, sodass ein Überangebot und geringe Erträge drohen.