ROUNDUP 2: Deutschland kämpft für mehr Ehrgeiz des Klimagipfels
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BERLIN/BELÉM (dpa-AFX) - Deutschland kämpft zusammen mit einer breiten Allianz von Staaten für mehr Ehrgeiz in den geplanten Beschlüssen der Weltklimakonferenz. Nötig sei ein klarer Fahrplan zur Abkehr von der klimaschädlichen Verbrennung von Öl, Gas und Kohle, heißt es in einem Brandbrief an die brasilianische Konferenzleitung. Bundesumweltminister Carsten Schneider sagte wenige Stunden vor dem geplanten Ende des zweiwöchigen UN-Treffens mit Blick auf den aktuellen Entwurf für den Abschlusstext: "So kann der Text nicht bleiben."
Der SPD-Politiker betonte, es brauche mehr konkrete Fortschritte für den Klimaschutz. "Das werden noch harte Verhandlungen."
"Jetzt geht es ums Ganze"
Auch Umweltschützer befürchten schwache Ergebnisse der zweiwöchigen Beratungen in Belém, die offiziell um 18.00 Uhr Ortszeit (22.00 MEZ) enden sollen. Deutschlands Greenpeace-Chef Martin Kaiser sagte: "In den kommenden Stunden geht es ums Ganze!" Unerlässlich seien aus seiner Sicht grundlegende Entscheidungen zum weltweiten Stopp der Entwaldung - die ebenfalls in den vorliegenden Textentwürfen fehlen. "Alles andere wäre Realitätsverweigerung."
In den vergangenen Jahren wurden die Treffen stets um mehrere Stunden oder gar Tage verlängert. Das ist dieses Jahr noch wahrscheinlicher, weil die Verhandlungen ausgerechnet in der kritischen Phase am Donnerstag wegen eines Feuers auf dem Gelände der COP30 stundenlang unterbrochen waren.
Der Oxfam-Experte Jan Kowalzig nannte es "schlicht unakzeptabel", dass die vorliegenden Textentwürfe keinen Ausstiegsplan aus fossilen Brennstoffen vorsähen. Es drohe ein "politischer Fehlschlag". Nun müssten Indien und China von dieser Idee überzeugt werden. Andererseits gelte es, reiche Ölstaaten wie Saudi-Arabien zu isolieren, "so dass diese nicht mehr im Weg stehen können". Sie haben eine Blockademacht, weil einstimmige Entscheidungen nötig sind.
Schnelles Handeln ist angesichts der eskalierenden Klimakrise nötig. Denn beim Verbrennen von Öl, Gas und Kohle entstehen die meisten klimaschädlichen Treibhausgase, so dass sich der Planet immer mehr aufheizt. Die zehn wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen waren: die vergangenen zehn. Und inzwischen geht die Wissenschaft davon aus, dass die im Pariser Klimaabkommen angestrebte 1,5-Grad-Grenze spätestens zu Beginn der 2030er Jahre befristet überschritten wird.
Nachbesserungen gefordert
Zu den Unterzeichnern des Brandbriefs gehören neben Deutschland auch Frankreich, Großbritannien, Spanien, Kolumbien, Chile sowie Kenia und etliche kleine Inselstaaten, die wegen des steigenden Meeresspiegels vom Untergang bedroht sind. Sie fordern Nachbesserungen an den zuletzt veröffentlichten Textentwürfen. "Wir müssen ehrlich sein: In seiner jetzigen Form entspricht der Text nicht den minimalen Anforderungen für ein glaubwürdiges Ergebnis dieser Konferenz", heißt es darin. "Wir können kein Ergebnis unterstützen, dass keinen Fahrplan enthält für eine geordnete und gerechte Abkehr von fossilen Brennstoffen." Kolumbien lud für Ende April alle willigen Staaten ein, um über konkrete Schritte zu beraten.
Weiter schrieb die Allianz aus gut 30 Staaten, das Vermächtnis der Präsidentschaft, das die COP30 zu einem Meilenstein machen werde, hänge von der Qualität des Ergebnisses ab, nicht von der Geschwindigkeit. Auch das Bündnis nannte es besorgniserregend, dass ein Fahrplan zur Eindämmung der Entwaldung fehle. "Dies nicht zu berücksichtigen, signalisiert, dass selbst bei den unstrittigsten Fragen keine Einigung erzielt werden kann."
"Stellen Sie den Menschen über den Profit"
Am Vortag hatte UN-Generalsekretär António Guterres in Belém den Verhandlern ins Gewissen geredet. "Jetzt ist Führung gefragt. Seien Sie mutig. Folgen Sie den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Stellen Sie den Menschen über den Profit", drängte er.
Viviane Raddatz von der Naturschutzorganisation WWF sagte, es sei jetzt die schwierige Aufgabe der brasilianischen Präsidentschaft, einen Kompromiss zu finden. Bislang habe sie unter widrigen Bedingungen einen guten Job gemacht. Der aktuelle Textentwurf müsse nachgebessert werden. "Aber es ist noch genug Zeit und wir sehen auch den Raum dafür."
Christoph Bals von Germanwatch äußerte die Hoffnung, dass die Zeit nun noch reiche, um Allianzen zu schmieden. Der aktuelle Entwurf sei "ein Minimalkonsens". Nach seiner Einschätzung will die brasilianische Präsidentschaft damit den Staaten, die auf mehr Ehrgeiz pochen, die Gelegenheit geben, das auch öffentlich zu tun./swe/DP/nas
AXC0146 2025-11-21/14:21