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ROUNDUP: Steinmeier fordert Koalition zu maßvollen Sozialreformen auf

BERLIN (dpa-AFX) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die schwarz-rote Koalition zu einer wirkungsvollen Reform des Sozialstaats aufgefordert und zugleich vor einem Kahlschlag gewarnt. "Es ächzt im System. Wir sind - wieder einmal - gefragt, den Sozialstaat zukunftsfähig zu machen", sagte Steinmeier beim Deutschen Fürsorgetag in Erfurt. Es sei zwingend, ihn schnell effizienter und bürgerfreundlicher zu gestalten.

Zugleich rief Steinmeier zu einem umsichtigen Vorgehen auf. "Eine Sozialstaatsreform lässt sich nicht mit der Kettensäge erledigen."

Er finde es "schlicht unredlich zu behaupten, in unserem Sozialstaat schlummerten zig Milliarden versteckt, die sich ganz problemlos einsparen lassen". Aber ebenso unredlich wäre es, bei dieser Einsicht stehenzubleiben. "Auch Leistungsbezieher müssen ein Interesse daran haben, dass diejenigen, die diese Leistungen mit Steuern und Abgaben finanzieren, dass die nicht überfordert werden."

Sozialstaat hat Wirtschaftsaufstieg und Demokratie ermöglicht

"Unser Sozialstaat ist ein Schatz", betonte der Bundespräsident. "Unser Sozialstaat ist eine Ressource, die unser Land zu dem gemacht hat, was es ist - und die den beispiellosen wirtschaftlichen Aufstieg, die bislang so stabile Demokratie und den sozialen Frieden der letzten Jahrzehnte überhaupt erst möglich gemacht und abgesichert hat."

Mahnung an Koalition: Geht jetzt nicht um Parteitaktik

Der Sozialstaat sei aber nicht der politischen Gestaltung entzogen, sagte Steinmeier und wandte sich direkt an die Bundesregierung: "Liebe Koalition, jetzt geht es nicht um Parteitaktik oder Umfragen. Es geht um unser Land. Es geht um den schwierigen Ausgleich von Interessen und um kluge Entscheidungen in der Sache. Dieser Verantwortung müssen Sie gerecht werden."

Vertrauen in Gerechtigkeit und Fairness wiederherstellen

Sozialreformen seien Demokratiepolitik, sagte Steinmeier. "Liebe Koalition, seien Sie beherzt und hartnäckig - Ihr Mut wird sich auszahlen, für uns alle."

Es komme darauf an, den Sozialstaat tragfähig zu halten, also das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben, von Solidarität und Eigenleistung zeitgemäß zu justieren. "Und andererseits, das Vertrauen in Gerechtigkeit und Fairness wiederherzustellen."

Fehlsteuerungen beseitigen und Missbrauch bekämpfen

Aus Sicht von Steinmeier geht es um das Beseitigen von Fehlsteuerungen, eine bessere Treffgenauigkeit sozialer Transferleistungen, um die Bekämpfung von Missbrauch, die Vermeidung von Fehlanreizen und die Reduzierung von Doppel- und Dreifachbeantragungen. Nötig seien mehr Austausch unter den Sozialbehörden und die Digitalisierung der Verwaltungsvorgänge.

"All das ist überfällig", sagte Steinmeier. Die von der Bundesregierung eingesetzte Reformkommission müsse nicht nur überzeugende Vorschläge liefern - all das müsse auch schnell umgesetzt werden.

CDU sieht sich durch Steinmeier bestätigt

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann begrüßte die Forderungen Steinmeiers. "Der Bundespräsident hat recht: Wir müssen den Sozialstaat zukunftsfähig machen, Fehlanreize beseitigen und Missbrauch bekämpfen", sagte Linnemann dem "Tagesspiegel". "Wie Bundespräsident Steinmeier richtig sagt, braucht es jetzt den Mut, auch schwierige Entscheidungen zu treffen", fügte der CDU-Politiker hinzu. Er betonte: "Das Zeitfenster für Reformen steht offen, wie seit 20 Jahren nicht mehr. Wir müssen jetzt liefern." Die Union stehe dafür bereit./sk/DP/nas

AXC0231 2025-09-16/16:12

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