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Milliardendefizit: Städtische Haushalte 'kollabieren gerade'

POTSDAM (dpa-AFX) - Städte und Gemeinden befürchten Haushaltslöcher von bis zu 36 Milliarden Euro in diesem Jahr und fordern dringend Entlastung bei Sozialkosten und Verwaltungsaufgaben. Topthema sei dabei nicht das Bürgergeld, sondern die Pflege, sagte der Präsident des Deutschen Städtetags, Burkhard Jung.

"Bei der Sozialstaatsdiskussion wird nach unserem Erachten zu viel über Bürgergeld geredet und zu wenig über andere Bereiche", sagte der Leipziger Oberbürgermeister. Die Bundesregierung müsse mit Ländern und Kommunen nun wirklich große Räder drehen. "Die kommunalen Haushalte kollabieren gerade", meinte Jung. Es sei keine Zeit mehr für Trippelschritte.

Pflegekosten für Leipzig verdoppelt

Es sei inzwischen zur Regel geworden, dass Sozialämter für den Eigenanteil für Pflegeheime einspringen müssten, weil Bewohner diese nicht selbst bezahlen könnten, sagte Jung. Für Leipzig etwa hätten deshalb sich die Kosten in den vergangenen Jahren von 50 auf 100 Millionen Euro verdoppelt.

Bundesweit seien die kommunalen Ausgaben für Pflegeanteile allein von 2023 auf 2024 um 17,7 Prozent auf fünf Milliarden Euro gestiegen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Christian Schuchardt. Immer teurer werden nach Darstellung des Verbands auch die Kinder- und Jugendhilfe und Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung.

Kommunen mit Forderungskatalog

Konkret macht der Städtetag eine ganze Reihe von Vorschlägen, um selbst mehr finanzielle Luft zu bekommen:

* Bund und Länder sollen einen größeren Anteil der Umsatzsteuer direkt an die Kommunen abgeben.

* Der Eigenanteil in der Pflege soll nach Vorstellung des Verbands gedeckelt werden - was Heimbewohner und Kommunen entlasten, aber die Kosten auf die Pflegeversicherung oder andere Haushalte verlagern würde.

* Die Verwaltung von Leistungen wie Kfz-Zulassung sowie Auszahlung von Elterngeld, Wohngeld oder Bafög solle standardisiert und zentralisiert werden - die Kommunen hoffen, dass sie damit Personal anders einsetzen und einsparen können. Wie viel Entlastung das brächte, dazu gibt es laut Schuchardt keine bundesweite Schätzung.

* Grundsätzlich sollten Bürokratie abgebaut und Verfahren digitalisiert werden - schlankere Verfahren und Stichprobenkontrollen statt Nachweispflichten sind die Stichworte.

Entspannung bei Unterbringung von Geflüchteten

Migration und die Unterbringung von Geflüchteten - in vergangenen Jahren großes Thema für die Kommunen - standen diesmal nicht im Vordergrund. Die Zahl der Neuankömmlinge sinke, sagte Jung. Konkret habe er in Leipzig drei Zeltstädte abbauen können. "Das ist eine große Hilfe." Es blieben die Aufgaben wie Integration, Versorgung mit Kitas, Sprachkurse oder psychosoziale Unterstützung, betonte er. Auch dies sei unterfinanziert./vsr/DP/stw

AXC0220 2025-09-16/15:20

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