EU-Kommission will mehrjähriges Billionen-Budget reformieren
BRÜSSEL (dpa-AFX) - Landwirte in der EU müssen sich nach dem Willen der Europäischen Kommission auf Veränderungen bei den milliardenschweren Zahlungen aus Brüssel einstellen. Wie aus einem Entwurf der Europäischen Kommission für den neuen langfristigen Haushalt der EU hervorgeht, will die Brüsseler Behörde den Geldtopf für die Agrarpolitik mit anderen Politikbereichen zusammenlegen. Auch die Förderkriterien könnten sich ändern. Der Entwurf liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
An diesem Mittwoch will die EU-Kommission Vorschläge für den wahrscheinlich billionenschweren EU-Mehrjahreshaushalt ab 2028 vorlegen. Sie hatte bereits angekündigt, das derzeit mit zahlreichen unterschiedlichen Programmen komplizierte Budget zu reformieren - und dabei vor allem vereinfachen und flexibler gestalten zu wollen. Dabei müssen unterschiedliche Interessen unter einen Hut gebracht werden. So soll mehr Geld für die Aufrüstung gegen Russland ausgegeben werden - gleichzeitig laufen Landwirte gegen mögliche Kürzungen Sturm und finanzstarke EU-Staaten wie Deutschland wollen nicht tiefer in die Tasche greifen.
Was ist der mehrjährige EU-Haushalt?
In dem langfristigen Etat werden die Obergrenzen der jährlichen Ausgaben der EU sowie deren Verwendung festgelegt. Der sogenannte Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) wird jeweils für sieben Jahre aufgestellt und zunächst von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, bevor er von den EU-Staaten und dem Europaparlament diskutiert wird.
Für die Jahre 2021 bis 2027 umfasst er rund 1,1 Billionen Euro. Mit jeweils mehr als 400 Milliarden Euro fließt derzeit das mit Abstand meiste Geld in Europas Landwirtschaft und die sogenannte Kohäsionspolitik. Mit diesen Mitteln für die Strukturförderung soll wirtschaftlich schwach entwickelten Regionen geholfen werden, um ökonomische und soziale Unterschiede auszugleichen.
Was soll mit den bislang großen Posten passieren?
Wie viel Geld der Haushalt insgesamt umfassen soll, geht aus dem Entwurf nicht hervor. Aber es soll demnach künftig insgesamt weniger Programme geben, auch soll weniger Geld fest verplant sein - um in einem sich rasch entwickelnden globalen Umfeld agieren und reagieren zu können, wie es heißt.
Für die Landwirtschaft und die Regionen soll es große Veränderungen geben. Demnach soll es nach Willen der Kommission künftig lediglich einen großen Fonds geben, aus dem das Geld für die Strukturförderung und die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) kommt. Auch Mittel für Sicherheit und Verteidigung sollen mit in dem Fonds gebündelt werden.
Was ist für die Agrargelder geplant?
Während derzeit große Landwirtschaftsbetriebe besonders von den Geldern profitieren, will die Kommission nun unter anderem, dass Mitgliedsstaaten den jährlichen Betrag der flächenbezogenen Gelder ab einer bestimmten Grenze kürzen. Kleine Betriebe könnten ebenso wie Jungbauern mehr unterstützt werden.
Weil alle Bauern eigentlich mehr Geld wollen, haben sie sich für diesen Mittwoch in Brüssel zu einem Protestmarsch verabredet. Hunderte Teilnehmer aus verschiedenen EU-Ländern werden erwartet - darunter eine Gruppe deutscher Landwirte. Für die deutschen Bauern ist die EU-Agrarfinanzierung ein bedeutender Einkommensfaktor - mit derzeit insgesamt 6,3 Milliarden Euro im Jahr.
Der Bauernverband fordert, ein weiterhin eigenständiges Agrarbudget deutlich aufzustocken, um Europas Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen zu gewährleisten. Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) sagt, eigentlich müsste man mehr haben, wies aber auch schon auf Sparzwänge hin. Die Agrarminister der 16 Bundesländer fordern, die EU-Agrarpolitik ab 2028 effizienter, nachhaltiger und praxisnäher zu machen.
Wie soll das Geld verteilt werden?
Für Geld aus dem Fonds soll nach dem Willen der Kommission jeder EU-Staat einen sogenannten Nationalen Reform- und Investitionsplan (NRP) erstellen. Darin würden sie zeigen, welche Reformen und Investitionen das Land von 2028 bis 2034 machen und wofür es EU-Gelder verwenden möchte. Bei der Erstellung des Plans sollen etwa auch regionale Behörden mitwirken.
Woher soll das Geld kommen?
Der Löwenanteil des langfristigen EU-Haushalts wird aus Beiträgen der Mitgliedsstaaten gestemmt. Er speist sich aber auch aus sogenannten Eigenmitteln, die der EU direkt zufließen. Dem Entwurf zufolge plant die Behörde neue Eigenmittel - etwa eine Abgabe für große Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro, eine Abgabe auf nicht für das Recycling gesammelten Elektroschrott, und sie sieht einen bestimmten Anteil der Einnahmen aus Tabaksteuern vor, der von den Hauptstädten nach Brüssel fließen soll.
Wie geht es weiter?
Der nun erwartete Kommissionsvorschlag für die Jahre 2028 bis 2034 muss im Anschluss von den EU-Ländern und dem Europäischen Parlament beraten werden. Dann muss das EU-Parlament durch eine Mehrheitsentscheidung zustimmen, die EU-Länder müssen den Haushalt einstimmig annehmen. Es werden lange und komplizierte Verhandlungen erwartet.
Deutschland steuert bislang als größter Nettozahler der Union fast ein Viertel der Mittel bei. Die Bundesregierung betont grundsätzlich, dass Deutschland zugleich auch so sehr vom EU-Binnenmarkt profitiere wie keine andere europäische Volkswirtschaft./rdz/DP/zb
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