Justizministerin: Absage der Richterwahl verantwortungslos
BERLIN (dpa-AFX) - Durch die abgesagte Richterwahl im Bundestag ist aus Sicht von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) ein Schaden verursacht worden, der vermeidbar gewesen wäre. "Wer gezielt Ämter und Personen beschädigt, gefährdet die Integrität unseres demokratischen Gemeinwesens", sagte die Ministerin der "Rheinischen Post" (Samstag). "Der Vorgang ist beispiellos und verantwortungslos und produziert sehr viele Verlierer."
Für die Besetzung des Amts eines Richters oder einer Richterin am Bundesverfassungsgericht existiere ein etabliertes Verfahren, das sich über Jahrzehnte bewährt habe. Dieses Verfahren sei jetzt ohne Not beschädigt worden, ebenso wie eine sehr gute Kandidatin und anerkannte Wissenschaftlerin.
Kritik an SPD-Kandidatin
Wegen massiven Widerstands in der Unionsfraktion gegen die von der SPD benannte Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf wurden die Abstimmungen über die insgesamt drei Vorschläge für das Bundesverfassungsgericht kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestags genommen. In der Unionsfraktion gibt es gegen Brosius-Gersdorf Vorbehalte unter anderem wegen ihrer aus Sicht mancher Abgeordneter zu liberalen Haltung zu Abtreibungen.
Reform in der zurückliegenden Wahlperiode
Wenige Wochen vor Ende der vorgezogenen Neuwahl hatten Bundestag und Bundesrat eine Grundgesetzänderung beschlossen, um das Bundesverfassungsgericht künftig besser gegen demokratiefeindliche Kräfte zu schützen. Zentrale Vorgaben zu Struktur und Arbeitsweise des Gerichts sind nun im Grundgesetz festgeschrieben, so dass sie nur noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit zu ändern sind. Zuvor waren diese Regeln in einfachen Gesetzen festgeschrieben, die auch mit einfachen Mehrheiten zu ändern waren.
Im Grundgesetz wurde verankert, dass das Gericht 16 Richter und zwei Senate hat, dass die Amtszeit der Richterinnen und Richter zwölf Jahre beträgt und eine Wiederwahl nicht möglich ist. Damit die Arbeitsfähigkeit des Gerichts in keinem Fall gefährdet ist, wurde festgelegt, dass Richter die Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterführen. Und es wurde ein Verfahren für den Fall festgeschrieben, dass in Bundestag oder Bundesrat politische Kräfte eine Sperrminorität gegen die Wahl neuer Richter haben und diese für eine Blockade des Gerichts missbrauchen wollen./abc/DP/men
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