GESAMT-ROUNDUP 2: Israel greift Irans Atomanlagen an - Iran übt Rache
(Neu: Israelische Angaben zu Drohnenangriff des Iran)
TEHERAN/TEL AVIV (dpa-AFX) - Nach dem Beginn des israelischen Großangriffs auf Irans Atomanlagen schlägt die Islamische Republik nach israelischen Angaben mit Drohnen zurück. In den vergangenen Stunden seien mehr als 100 Drohnen in Richtung Israel geschickt worden. Die Armee sowie die Abwehrsysteme des Militärs arbeiteten daran, diese abzuschießen, sagte Israels Militärsprecher Effie Defrin.
Israel hat demnach in der Nacht mit etwa 200 Kampfflugzeugen mehr als 100 Ziele im Iran angegriffen, darunter die iranischen Atomanlagen. Dabei seien 330 verschiedene Munitionsarten eingesetzt worden, erklärte der Sprecher.
Laut der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim wurden auch führende Köpfe des iranischen Militärs getötet, darunter der Kommandeur der mächtigen Revolutionsgarden, Hussein Salami, und Generalstabschef Mohammed Bagheri. Die Islamische Republik kündigte einen entschlossenen Gegenschlag an. Wegen der "regionalen Spannungen" Lage in der gesamten Region sperrten das benachbarte Irak und Israels Nachbarland Jordanien ihren eigenen Luftraum.
Iran kündigt "harte Bestrafung" an
Israel müsse mit "einer harten Bestrafung" rechnen, wurde Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei in einer Mitteilung seines Büros zitiert. Der Luftraum über dem Iran wurde gesperrt. Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz rief für sein Land den Ausnahmezustand aus. Nach dem "Präventivschlag" gegen den Iran sei "in unmittelbarer Zukunft" mit einem Raketen- und Drohnenangriff auf Israel zu rechnen. Auch der israelische Luftraum wurde laut örtlichen Medien für Starts und Landungen gesperrt.
Netanjahu: Herzstück des Atomwaffenprogramms getroffen
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach von einem "sehr erfolgreichen Eröffnungsschlag". Dabei seien ranghohe Repräsentanten der iranischen Kommandoführung sowie Wissenschaftler getroffen worden, die an der Entwicklung von Nuklearwaffen arbeiteten. Zudem seien Atomanlagen getroffen worden, sagte er in einem Video. Man habe die Militäroperation gestartet, "um die iranische Bedrohung für das Überleben Israels zurückzudrängen", hatte er in der Nacht in einer Videoansprache gesagt.
"Wir haben das Herzstück des iranischen Programms zur Urananreicherung getroffen. Wir haben das Herzstück des iranischen Programms zur Herstellung von Atomwaffen getroffen", sagte Netanjahu. Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) war die Uran-Anreicherungsanlage in Natans, eine der wichtigsten Atomanlagen im Iran, eines der Ziele der israelischen Angriffe.
Die Situation sei "äußerst besorgniserregend", schrieb IAEA-Chef Rafael Grossi auf der Plattform X. Seine Behörde stehe im Kontakt mit den iranischen Behörden, um die aktuellen Strahlungswerte abzuklären. An der Anlage im Zentrum des Landes stieg Rauch auf, wie das staatliche Fernsehen meldete.
Angriffe sollen weitergehen
In den vergangenen Jahren habe der Iran genügend hochangereichertes Uran für neun Atombomben produziert, sagte Netanjahu. "Diese Operation wird so viele Tage andauern, wie es braucht, um diese Bedrohung zu beseitigen", kündigte er an. Im Morgengrauen wurde Irans Hauptstadt Teheran von einer zweiten Explosionswelle erschüttert.
Auch die führenden iranischen Atomwissenschaftler seien ins Visier genommen worden, sagte Netanjahu. "Wir haben diese Operation begonnen, weil die Zeit gekommen ist - wir befinden uns an einem Punkt ohne Umkehr", sagte der israelische Generalstabschef Ejal Zamir. "Wir können es uns nicht leisten, auf einen anderen Zeitpunkt zu warten, wir haben keine andere Wahl." Der Iran hatte Israel immer wieder mit Vernichtung gedroht. Der jüdische Staat sieht sich durch das iranische Atomprogramm in seiner Existenz bedroht.
USA: Sind nicht an Angriffen beteiligt
Die USA sind nach Angaben der Regierung in Washington nicht an Israels Angriffen beteiligt. US-Präsident Donald Trump will sich heute mit seinem Nationalen Sicherheitsrat besprechen - und hofft trotz des israelischen Großangriffs auf eine Rückkehr zu Verhandlungen. "Der Iran darf keine Atombombe haben, und wir hoffen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Wir werden sehen", sagte Trump dem Sender Fox News. Im Falle iranischer Vergeltungsschläge seien die USA bereit, sowohl sich selbst als auch Israel zu verteidigen.
Trump hatte den Iran in den vergangenen Monaten mehrfach gewarnt, dass es ohne eine Einigung im Atomstreit zu einem Militäreinsatz kommen könnte. Am Sonntag sollte es Berichten zufolge erneut Gespräche geben - doch das war der Stand vor Israels Angriff. Für den Fall eines Scheiterns der Gespräche hatte Trump dem Iran auch wiederholt mit Militärschlägen gedroht.
Am Donnerstagmittag hatte Trump noch gesagt, dass man einer Einigung mit Teheran sehr nah sei. Solange er glaube, dass es ein Abkommen geben werde, lehne er einen israelischen Angriff ab, sagte er bei einem Auftritt im Weißen Haus - rund acht Stunden vor Bekanntwerden des israelischen Angriffs.
Zuvor hatten die USA als Israels wichtigster Verbündeter diese Woche aus Sicherheitsgründen eine Reduzierung ihres Botschaftspersonals im Irak veranlasst. Befürchtet wurde, dass die Führung der Islamischen Republik im Fall eines israelischen Angriffs Vergeltungsschläge gegen US-Stützpunkte in der Region anordnen könnte.
Iran droht auch USA mit Konsequenzen
Irans Außenministerium verurteilte den israelischen Großangriff aufs Schärfste. Er stelle einen klaren Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen dar, hieß es in einer Erklärung. Israels Handlungen hätten nicht ohne Koordination und Genehmigung der USA erfolgen können, erklärte das Ministerium. Daher sei auch die US-Regierung als Hauptunterstützer Israels für die Konsequenzen mitverantwortlich.
US-Außenminister Marco Rubio warnte in einer Pressemitteilung an Teheran gerichtet: "Lassen Sie mich deutlich sein: Der Iran sollte US-Einrichtungen oder US-Personal nicht angreifen."
Die politische Führung des Irans beteuert immer wieder, dass sie nicht nach Atomwaffen strebe und die Nuklearanlagen für zivile Zwecke nutzen wolle. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und viele Staaten sind jedoch besorgt, dass Teheran immer näher an den Punkt rückt, solche Kernwaffen herstellen zu können. Denn der Iran produziert als einziger kernwaffenfreier Staat Uran mit beinahe waffentauglichem Reinheitsgrad.
Diese Woche hatte zudem das Lenkungsgremium der IAEA in einer Resolution formell festgestellt, dass Teheran gegen seine Verpflichtung verstoßen habe, sein gesamtes Atomprogramm offenzulegen. In der Resolution, die im IAEA-Gouverneursrat verabschiedet wurde, wurde auch mit der Einschaltung des UN-Sicherheitsrates gedroht.
Iran und Israel bereits im Vorjahr am Rande eines Kriegs
Im vergangenen Jahr standen Israel und der Iran bereits mehrfach am Rande eines offenen Kriegs. Damals hatte der Iran erstmals Israel mit mehr als 300 Drohnen und Raketen direkt angegriffen. Dem war ein Israel zugeschriebener Angriff auf ein Gebäude der iranischen Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus vorausgegangen, bei dem zwei iranische Generäle und fünf weitere Mitglieder der mächtigen iranischen Revolutionsgarden getötet worden waren.
Die Angriffe im Iran sollen nach Äußerungen eines ranghohen israelischen Militärvertreters auch in den kommenden Tagen weitergehen. "Wir verfügen über einen langfristigen, breit angelegten Angriffsplan für die kommenden Tage - vor uns liegen schwierige Zeiten", sagte der Militär nach Angaben des regierungsnahen israelischen Fernsehsenders C14. "Die Iraner werden reagieren. Wenn die Bevölkerung (in Israel) diszipliniert bleibt, wird es nur wenige Verletzte geben", sagte der Militär demnach weiter. Anderenfalls seien viele Opfer zu befürchten. "Wir befinden uns im Krieg."
An den Finanzmärkten führte der Angriff zu einem deutlichen Anstieg der Ölpreise. Gold, das von vielen Anlegern als sogenannter sicherer Hafen gesucht wird, zog ebenfalls an. Auf die Aktienmärkte wirkt sich der Angriff dagegen negativ aus. Auch für den Euro und Bitcoin ging es etwas nach unten./ln/DP/zb
AXC0081 2025-06-13/08:05