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Japans Industrie geht in die Knie

Die japanische Industrieproduktion ist im Februar im Vergleich zum Vormonat um saisonbereinigt 9,4 Prozent zurückgegangen. Das teilte die Regierung in Tokio auf vorläufiger Basis mit. Damit sank die Produktion im nunmehr fünften Monat in Folge.

Wegen der Rezession in den USA, Europa und der Talfahrt in China ist die Nachfrage nach japanischen Autos, Elektronikgeräten und anderen Exportgütern drastisch geschrumpft. Unternehmen wie Toyota oder Sony mussten die Fertigung drosseln und Tausende von Stellen streichen.

Für die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt ist es die schwerste Krise seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Wie das Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie (METI) weiter mitteilte, dürfte die Industrieproduktion allerdings im März und April wieder leicht anziehen. So dürfte der Ausstoss im März um 2,9 Prozent und im folgenden Monat um 3,1 Prozent zulegen, hiess es.

"Die Phase der drastischen Produktionskürzungen dürfte langsam auslaufen", erklärte Martin Schulz, Ökonom beim Fujitsu Research Institute in Tokio. Hintergrund ist, dass Japans grosse Industrieunternehmen ihre Lagerbestände so schnell abgebaut haben wie noch nie. Doch ein Ende der Krise bedeutet dies für Japan nicht. Wegen der Rezession in den USA, Europa und der Talfahrt in China ist die Nachfrage nach japanischen Autos, Elektronikgeräten und anderen Exportgütern derart stark gesunken, dass Japans Exporte im Februar massiv um den Rekordwert von fast 50 Prozent eingebrochen sind.

Binnennachfrage am Boden

Hinzu kommt, dass die Binnennachfrage am Boden liegt. Die Konzerne reagierten angesichts der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg nach Ansicht von Experten zwar äusserst schnell und brutal: Ganze Unternehmensbereiche wurden stillgelegt oder verlagert, Fabriken geschlossen und zig Tausende von Arbeitern entlassen. Ein grosses Exportunternehmen nach dem anderen strich die Ertragserwartungen für das an diesem Dienstag auslaufende Geschäftsjahr zusammen, selbst der Vorzeigekonzern Toyota rechnet erstmals mit roten Zahlen.

Angesichts der deutlich gesunkenen Beschäftigung bedeuten die drastischen Einschnitte der Industrie jedoch einen schweren Dämpfer für die schwache Binnennachfrage, das Land steht erneut vor einer Deflation mit dauerhaft sinkenden Preisen. Gesamtwirtschaftlich sieht es für Japan denn auch weiterhin düster aus. Vor diesem Hintergrund arbeitet die Regierung von Ministerpräsident Taro Aso bereits an ihrem dritten Konjunkturpaket seit Oktober in Milliardenhöhe.

Dies ist für den unpopulären Aso zugleich die einzige Chance, Wähler zurückzugewinnen. Spätestens im Herbst stehen in Japan die Wahl zum Unterhaus des Parlaments an, bei der Asos Liberaldemokratischer Partei der Machtverlust droht. Bislang ist von den Konjunkturpaketen aber noch nicht viel beim Volk angekommen. Anders sieht es für die grossen Industriekonzerne aus: Sollte sich die Weltwirtschaft im Verlauf des Jahres zumindest langsam stabilisieren, könnten die Unternehmen wieder gut aufgestellt sein, so Schulz. In Reaktion auf die Krise nahmen sie deutliche Restrukturierungen vor und stellten ihre internationale Strategie auf ein neues Fundament. Zudem verfügen Japans Unternehmen weiterhin über grosse Barreserven.