Strabag fordert über die USA Schadensersatz von Deutschland / Heimischer Baukonzern will insgesamt rund 335 Mio. Euro über ein Bezirksgericht in Washington D.C. erstreiten - Hintergrund ist ein Rechtsstreit um gescheiterte Offshore-Windpark-Projekte
Wegen gescheiterter Offshore-Windkraftprojekte ziehen zwei Tochterunternehmen des heimischen Baukonzerns Strabag gegen Deutschland vor Gericht. Wie deutsche Medien berichteten, wollen die Firmen Schadensersatz in Höhe von rund 335 Millionen Euro inklusive Zinsen erstreiten - allerdings nicht in Deutschland, sondern über das Bezirksgericht in der US-Hauptstadt Washington D.C. Der juristische Umweg soll helfen, die Forderungen auf internationalem Wege durchzusetzen.
Hintergrund ist ein Rechtsstreit um gescheiterte Offshore-Windpark-Projekte in der Nordsee. Die beiden Strabag-Töchter, Erste Nordsee-Offshore-Holding GmbH und Zweite Nordsee-Offshore-Holding GmbH, hätten dort einst "im Vertrauen auf stabile gesetzliche und regulatorische Rahmenbedingungen" investiert, diese hätten sich jedoch ab Mitte 2012 "zu Ungunsten privatwirtschaftlicher Projektentwicklungsgesellschaften" geändert, erklärte die Strabag laut "Wirtschaftswoche" vom Donnerstag. Die Investitionsvorhaben hätten "schließlich im Jänner 2017 gänzlich eingestellt" werden müssen. Die bis dahin getätigten Investitionen seien "großteils wertlos" geworden, teilte der Bauriese weiter mit.
Deutschland wehrt sich gegen Vorwürfe
Die Strabag beruft sich dabei auf den Energiecharta-Vertrag (ECT). Das 1998 in Kraft getretene Abkommen war geschaffen worden, um Unternehmen beim Investieren Sicherheit zuzusichern. Es erlaubt Investoren etwa Klagen gegen Staaten vor Schiedsgerichten. Das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) gab den Österreichern laut "Wirtschaftswoche" im Dezember in einem Schiedsspruch recht und setzte eine Schadensersatzzahlung von insgesamt rund 240 Mio. Euro plus Zinsen fest. Das deutsche Wirtschaftsministerium verwies im Verfahren laut "Spiegel" vergeblich auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, wonach die Energiecharta, aus der Deutschland bereits ausgetreten ist, gegen Unionsrecht verstößt. Auf eine APA-Anfrage am Mittwoch hat die Strabag vorerst nicht reagiert.
Kritik an dem Vorgehen der Strabag äußerte die globalisierungskritische NGO Attac. "Diese Klage der Strabag untergräbt nicht nur europäisches Recht, sondern auch den demokratischen Handlungsspielraum von Staaten", so kritisierte Max Hollweg von Attac Österreich in einer Aussendung. Außerdem fordert die NGO den Ausstieg Österreichs aus der Energiecharta, die vor allem den Schutz von Investitionen in Gas-, Öl-, und Kohleprojekte gewährleisten soll. Die Europäische Union beschloss den Austritt bereits im Mai 2024, im Gegensatz zu Deutschland ist Österreich laut Attac dem noch nicht nachgekommen.
hel/bel
ISIN AT000000STR1 WEB http://www.strabag.com
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