Aktien Frankfurt: Dax wieder unter Druck - US-chinesischer Zollstreit eskaliert
FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax ist am Freitag mit der
weiteren Verschärfung des amerikanisch-chinesischen Zollstreits ins
Minus gedreht. Am frühen Nachmittag büßte der deutsche Leitindex
0,98 Prozent auf 20.360,66 Punkte ein. Damit zeichnet sich für die
zu Ende gehende, turbulente Börsenwoche ein Minus von 1,4 Prozent
ab.
"Die Aktienmärkte zahlen den Preis für das Vabanque-Spiel des
US-Präsidenten", kommentierte James Butterfill, Forschungsleiter bei
der auf digitale Vermögenswerte spezialisierten
Investmentgesellschaft CoinShares, das Handelsgeschehen. Die
Volatilität an den Börsen habe zuletzt sogar die des Bitcoin
übertroffen.
Auch das charttechnische Dax-Bild trübt sich mit den aktuellen
Verlusten ein. Bereits am Donnerstag hatte sich die für den
mittelfristigen Trend wichtige 100-Tage-Durchschnittslinie als zu
hohe Hürde erwiesen. Nun könnte zudem die langfristig bedeutsame
200-Tage-Linie wieder in Gefahr geraten.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen trat am Freitag
mit 25.704,07 Punkten auf der Stelle. Für den Eurozonen-Leitindex
EuroStoxx 50 ging es um 0,5 Prozent bergab.
Jüngst hatte US-Präsident Donald Trump die länderspezifischen
Sonderzölle für die meisten Länder ausgesetzt. Sein erratisches
Handeln hält damit an, zumal er gleichzeitig den Konfrontationskurs
mit China immer weiter verschärft. Inzwischen liegt der Importzoll
für chinesische Waren bei 145 Prozent. Doch auch China gibt nicht
nach und erhöhte seinerseits den Zollsatz für US-Importe auf 125
Prozent. Die Wirtschaftssorgen der Anleger werden damit nicht
weniger.
Zumindest von den US-Börsen droht dem Dax kein Gegenwind. Nach der
starken Kurserholung zur Wochenmitte war es dort mit den Kursen am
Donnerstag zwar wieder klar bergab gegangen - aktuell zeichnet sich
aber eine freundliche Eröffnung ab.
Bereits vor dem Handelsbeginn in New York legten einige US-Banken
Quartalszahlen vor. Einfluss auf den deutschen Markt und die
hiesigen Bankentitel hatten diese allerdings nicht. Auch die
monatlichen US-Erzeugerpreise, die wie am Vortag schon die
Verbraucherpreise eine überraschend deutliche Abschwächung der
Teuerung belegten, gaben dem Dax einen kleinen positiven Impuls.
Unternehmensnachrichten aus Deutschland kamen am Freitag aus der
zweiten und dritten Börsenreihe. Die Aktien von Schott Pharma
sprangen nach überraschend guten Eckdaten für das
vergangene Quartal um elf Prozent hoch. Der Pharmazulieferer
eroberte damit den Spitzenplatz im Nebenwerte-Index SDax
. Die Mainzer hätten insbesondere mit dem operativen
Ergebnis (Ebitda) die Markterwartungen übertroffen, lobte James
Vane-Tempest vom US-Analysehaus Jefferies.
Bei Gerresheimer reichte es für ein Kursplus von 3,8
Prozent. Der Schott-Pharma-Konkurrent aus dem MDax berichtete für
das erste Quartal dank der Übernahme der italienischen Bormioli
Pharma zwar ein kräftiges Wachstum. Aus eigener Kraft gab es indes -
wie erwartet - ein Erlösminus. Die Zahlen seien kein Grund zur
Euphorie, auch wenn sie angesichts der schwindenden Hoffnungen auf
eine mögliche Übernahme für Erleichterung sorgten, hieß es aus dem
Markt.
Die Aktien von Südzucker behaupteten zuletzt ein Plus
von 0,4 Prozent, nachdem das Unternehmen für das vergangene Quartal
einen Gewinnrückgang in Aussicht gestellt hatte.
Auch Analystenaussagen bewegten die Kurse. Bei K+S
konnten sich die Anleger über weitere Kursgewinne von 8,4 Prozent
und den MDax-Spitzenplatz freuen. Die Investmentbank Stifel strich
ihr Verkaufsvotum für die Papiere des Düngerkonzerns. Das deutlich
angehobene Kursziel von 14,50 Euro liegt über dem aktuellen
Bewertungsniveau. Analyst Andreas Heine begründete seine
Neubewertung mit dem positiven Preisumfeld im Kalidüngermarkt.
Bei Index-Schlusslicht Hellofresh sorgte hingegen
eine Abstufung von JPMorgan für Kursverluste von 6,6 Prozent.
Analyst Marcus Diebel ordnete in einer Branchenstudie die
Auswirkungen der gegenwärtigen Wirtschaftslage und der
Zoll-Geschehnisse für die europäischen Internetunternehmen ein. Bei
dem Kochboxenversender gefällt ihm aktuell die hohe
Umsatzabhängigkeit von US-Verbrauchern nicht, weshalb er nun nur
noch ein neutrales Anlagevotum ausspricht.
Lanxess verbilligten sich um 3,6 Prozent. Die
US-Investmentbank Goldman Sachs stufte die Aktien gleich doppelt ab
und rät nach der bisherigen Kaufempfehlung nun zum Verkauf.
Analystin Georgina Fraser passte ihre Schätzungen für die
europäische Chemiebranche an die eingetrübte Wirtschaftslage an.
Lanxess sieht sie wegen der hohen Abhängigkeit von den USA, der
vergleichsweise konjunkturabhängigen Umsätze, einer geringen
Preissetzungsmacht und der bilanziellen Lagen im Falle einer
Konjunkturschwäche in einer schwierigen Situation."/gl/mis