Börse Frankfurt-News: 25 Jahre ETFs Erfolgsgeschichte mit Fortsetzung
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Seit 25 Jahren sind ETFs in Europa ein echtes Erfolgsmodell. Aus gutem Grund: Wer zu ETFs greift, profitiert von hoher Liquidität, innovativen Fonds und günstigen Preisen. Das ETF Magazin zeichnet die Geschichte bis in die Gegenwart nach.
8. April 2025. MÜNCHEN (ETF Magazin). Es dauerte einige Jahre, bis die neuen Fonds den Weg von New York nach Europa fanden. Doch seitdem sind sie nicht mehr zu bremsen. Vor ziemlich genau 25 Jahren, am 11. April 2000, startete der europäische ETF-Handel an der Deutschen Börse. Damit begann eine traumhafte Erfolgsgeschichte.
Heute werden an Xetra knapp 2?400 ETFs von 36 Emittenten gehandelt. Ein Ende des Booms ist nicht erkennbar, im Gegenteil. In den letzten fünf Jahren wurden rund 900 ETFs neu an Xetra notiert, davon allein 281 im vergangenen Jahr. "Das war die höchste Listing-Aktivität seit Start des Segments im Jahr 2000", berichtet Stephan Kraus, Leiter des ETF-Segments der Deutschen Börse.
Xetra war der erste Handelsplatz für ETFs in Europa - und ist seitdem der Marktführer, sowohl bei der Anzahl der gelisteten ETFs als auch beim börslichen Handelsvolumen. Die nur wenige Wochen nach Xetra gestartete Londoner Börse konnte den Vorsprung der Frankfurter nie aufholen. An Xetra stieg 2024 das Handelsvolumen in ETFs und ETPs um beachtliche 28 Prozent auf 230 Milliarden Euro. Die Handelsplattform der Deutschen Börse liegt damit nicht nur ganz vorn, sondern auch voll im Trend: Rund 250 Milliarden Euro frisches Geld floss 2024 in europäische ETFs, berechneten die Analysten von Morningstar. Das war das größte Jahresplus seit dem Start des ETF-Handels. An Silvester 2024 steckten fast 2,2 Billionen Euro in europäischen ETFs.
Den Grundstein legten im April 2000 zwei ETFs von Merrill Lynch auf den EURO STOXX 50 und den STOXX Europe 50. Beide ETFs gehören heute zur iShares-Familie von Blackrock. Anfang 2001 folgte dann der erste Dax-ETF, aufgelegt von der neu gegründeten Hypovereinsbank-Tochter Indexchange. "Durch die mutige Hypovereinsbank bekam das Ganze so richtig Schwung", erinnert sich Jan Altmann, der bei der Deutschen Börse den ETF-Handel ins Leben rief. "Man stellte im Orderbuch eine Million Euro auf beide Seiten. Damit bekam der ETF-Handel in Europa eine neue Dimension", erzählt Altmann, der heute in leitender Position beim Krypto-ETP-Anbieter Bitwise ist.
Thomas Pohlmann war zusammen mit Andreas Fehrenbach um die Jahrtausendwende einer der Macher im kleinen ETF-Team der Hypovereinsbank. "Ich habe damals sehr viele traditionelle Fondsmanager um ihre Einschätzung gebeten", berichtet Pohlmann. Ihre Meinung war klar: "Indexfonds wurden zwar nicht rundweg abgelehnt, aber die Vorteile des Börsenhandels hat niemand gesehen." Trotz des ernüchternden Feedbacks wagten Fehrenbach und Pohlmann mit Rückendeckung des damaligen Hypovereinsbank-Vorstands Norbert Juchem den Aufbruch in die neue ETF-Welt.
Es wurde eine spannende Reise
Indexchange gehört inzwischen zu Blackrock. Pohlmann leitet heute das ETF-Produktmanagement der Deka und ist nach wie vor von ETFs begeistert. Aus gutem Grund: Seit 25 Jahren entwickelt sich der Markt unaufhaltsam weiter - zum Nutzen von Investoren und Anbietern. Die dynamische Entwicklung führte dabei nicht nur zu einem immer umfangreicheren ETF-Angebot, sondern auch zu stetig sinkenden Kosten und besserer Liquidität. Deutlich zeigt sich das an den stark gesunkenen Geld-Brief-Spannen. 2024 lag nach Berechnungen der Börse bei den 20 liquidesten Aktien-ETFs der Spread für eine Xetra-Round-Trip-Order von 100.000 Euro nur noch bei durchschnittlich 3,5 Basispunkten. Vor 20 Jahren war die Spanne fünfmal breiter. Auch die Preise der ETFs sind in den vergangenen 25 Jahr enorm gesunken. Fast 14 Prozent der an Xetra gehandelten ETFs besitzen heute eine Gesamtkostenquote von zehn Basispunkten oder weniger. 52 Prozent haben Kosten von maximal 0,2 Prozent.
Die stetig zunehmende Verbesserung der Konditionen ist eigentlich erstaunlich, denn trotz des enormen Wachstums blieb der ETF-Markt auf der Anbieterseite hochkonzentriert. Ganz wenige Anbieter dominieren bis heute das Geschäft, auch wenn seit Jahren neue ETF-Anbieter in den Markt drängen. Die drei Marktführer Blackrock (iShares), Amundi und DWS (xtrackers) verwalten zwei Drittel des gesamten ETF-Vermögens.
Den Rest teilen sich meist viel kleinere Mitspieler: Die Mehrzahl hat weniger als fünf Prozent Marktanteil. Primus Blackrock verwaltet dagegen 42 Prozent des Gesamtvermögens.
Vielleicht auch deshalb kam es auf der Anbieterseite in den vergangenen Jahren zu zahlreichen Übernahmen und Fusionen. Die wichtigsten Verschmelzungen: ComStage wurde Teil von Lyxor, die anschließend von Amundi übernommen wurden. Die britische Source ging in Invesco auf, ETF Securities hat sein europäisches Geschäft an WisdomTree veräußert, Van Eck kaufte den niederländischen Anbieter Think ETF. Janus Henderson startete sein ETF-Geschäft in Europa mit dem Kauf der britischen ETF-Boutique Tabula.
Die meisten Newcomer starten jedoch nicht durch eine Übernahme, sondern versuchen es mit eigener Kraft. Schließlich sind es nicht nur kleinere Start-Ups, sondern immer öfter etablierte und finanzstarke Asset Manager wie Fidelity, Franklin Templeton, J.P. Morgan, Goldman Sachs, AXA oder Robeco.
Anlegerinnen und Anleger haben von der dynamischen Marktentwicklung und der stetig steigenden Zahl neuer Anbieter nicht nur durch sinkenden Kosten und höhere Liquidität profitiert. Um nämlich noch einen Fuß in die Tür zu bekommen, versuchen neue Anbieter zumeist ihr Glück mit innovativen neuen ETFs. Bei ETFs auf die großen Indizes haben Nachzügler kaum eine Chance: Bei diesen ETFs stellt die Kombination aus Fondsgröße, hoher Liquidität und sehr niedrigen Managementgebühren eine kaum zu überwindende Hürde für einen Markteinsteiger dar. In Randbereichen entdecken die Asset Manager dagegen immer wieder bislang unbeackertes Terrain.
Innovation als Schlüssel zum Erfolg
Ein gutes Beispiel ist der Boom der Faktor- bzw. Smart-Beta-ETFs, der vor gut zehn Jahren einsetzte. 2011 kamen die ersten Smart-Beta-ETFs an die Deutsche Börse. Im Jahr 2013 entfiel schon fast ein Drittel der gesamten ETF-Nettomittelzuflüsse auf diese Kategorie. Im Herbst 2014 starteten Xtrackers und iShares mit ETFs auf einzelne Aktien-Risikoprämien. In den folgenden Jahren wuchsen Angebot und Vermögen der Faktor- und Smart-Beta-ETFs dreimal schneller als der ETF-Gesamtmarkt. "Smart-Beta-Ansätze sind ein starker Trend", bestätigte Anfang 2017 Stefan Kuhn, der damalige Lyxor-Deutschland-Chef, im Interview mit dem ETF-Magazin. Heute führt Kuhn bei Fidelity International das ETF- und Wholesale-Geschäft.
Smart-Beta-ETFs verzichten im Gegensatz zu typischen Aktien- oder Rentenindizes meist auf eine Gewichtung der Indexmitglieder anhand ihrer Marktkapitalisierung. Stattdessen stellen sie das ETF-Portfolio überwiegend nach anderen Kriterien oder Renditefaktoren zusammen, selektieren und gewichten also beispielsweise nach der Dividendenrendite oder der Volatilität. Häufig geht es bei diesen ETFs auch darum, mit quantitativen Ansätzen Überrendite zu erwirtschaften. Und weil das im preiswerten und flexiblen ETF-Mantel geschieht, präsentieren sich Smart-Beta-ETFs gern als kosteneffiziente Alternative zu klassischen Fonds. Nicht alle Konzepte haben sich in den vergangenen Jahren bewährt, doch einige gehören heute zur Standard-Ausrüstung versierter Investoren.
In gewisser Weise verlor die ETF-Welt mit der Geburt der Smart-Beta-ETFs ihre Unschuld. Klassische ETFs bilden passiv und sehr transparent bekannte Indizes externer Indexanbieter ab. Smart-Beta-ETFs beruhen dagegen in der Regel auf einem Index, der vom ETF-Anbieter selbst entwickelt wurden. Dessen Regelwerk wird zwar im ETF-Prospekt beschrieben, dennoch lässt sich die Komposition des Smart-Beta-ETF-Portfolios nicht so leicht nachvollziehen wie bei einem ETF, der passiv den DAX oder S&P 500 Index abbildet.
Renditeträchtige Themen
Ganz ähnlich ist es bei Aktien-ETFs mit thematischen Ansätzen. Auch sie haben den Handlungsspielraum der Anlegerinnen und Anleger erweitert und sie zudem häufig mit glänzenden Wertzuwächsen verwöhnt. Doch auch diese ETFs basieren regelmäßig nicht auf einem Standard-Markt- oder -Branchenindex, sondern auf eine proprietäre Auswahl der ETF-Anbieter. Nicht immer ist ganz leicht zu erkennen, warum eine bestimmte Aktie ins ETF-Portfolio kommt und eine andere außen vor bleibt. Die geringere Transparenz tat jedoch der Popularität dieser ETF-Kategorie keinen Abbruch. Vor fünf Jahren widmete sich ungefähr jeder fünfte neu an Xetra gelistete ETF einem speziellen Anlagethema.
Der Boom ist leicht zu verstehen: Themen-ETFs ermöglichen sehr gezielte Investments in besonders aussichtsreich erscheinende Segmente des Aktienmarkts, ähnlich wie klassische, aktiv verwaltete Aktienfonds mit thematischem Ansatz. Und natürlich gab es unter den Themen-ETFs einige Renditeraketen, etwa den Xtrackers Artificial Intelligence & Big Data ETF, den Invesco Blockchain Technology ETF, den iShares Global Clean Energy ETF oder, ganz aktuell, den VanEck Defence ETF. Diese ETFs glänzten, zumindest für einige Zeit, mit sehr hohen Gewinnen und erreichten ein Milliarden-Vermögen. Deshalb scheinen auch ihre vergleichsweise hohen Kosten nicht wirklich zu stören. Themen-ETFs haben gerne Kostenquoten zwischen 0,35 Prozent und 0,65 Prozent, kosten also fast zehnmal so viel wie große ETFs auf Standard-Indizes.
Inzwischen hat die Beliebtheit der Themen-ETFs etwas nachgelassen, wohl auch, weil sich manche Themen dann doch nicht als so renditeträchtig erwiesen wie gedacht. Im vergangenen Jahr floss europaweit sogar erstmals wieder Geld aus Themen-ETFs ab. Dennoch ist auch heute jeder achte der insgesamt an Xetra gehandelten knapp 1500 Aktien-ETFs ein Themen-ETF.
Aber nicht nur Themen-ETFs nehmen heute auf dem Kurszettel der Börse größeren Raum ein. Auch ETFs, die nachhaltige Investment-Strategien abbilden haben in den letzten Jahren rasant zugelegt. Rund 900, oder mehr als 40 Prozent der Xetra-ETFs, lassen sich inzwischen diesem Lager zuordnen. "ESG-Produkte waren zeitweise die mit Abstand wachstumsstärkste Kategorie im ETF-Segment der Deutschen Börse", berichtet Kraus. Rund 380 Milliarden Euro stellen die ESG-ETFs aktuell mehr als ein Fünftel des Gesamtvermögens der Xetra-ETFs.
Der Charme der ETF-Hülle
Aktuell ist die ESG-Welle etwas abgeflaut, doch die Innovation geht weiter. Zu den stärksten Wachstumstreibern zählen jetzt aktive ETFs: Indexfonds, die noch einen Schritt weiter gehen als Smart-Beta-ETFs, mit einem aktiv gesteuerten Portfolio im ETF-Mantel. "Aktive ETFs sind eine aufstrebende Kategorie im ETF-Universum, die sich auf Anbieter- und Investorenseite großer Beliebtheit erfreut", sagt Kraus. Seit Anfang 2024 kamen mehr als 100 neue aktive ETFs an die Börse, sodass heute schon fast 230 von ihnen auf Xetra handelbar sind.
Nicht nur Kraus prognostiziert, dass noch viele weitere aktive ETFs aufgelegt werden. "Aktive Anlagestrategien in Form von ETFs - das wirkt auf den ersten Blick wie ein Widerspruch zur ETF-Idee. Doch aktive ETFs sind weder Mogelpackung noch Marketing-Masche", erklärt Michael Huber, ETF-Veteran und Autor des Fachbuchs "Professionell in ETFs investieren". Nach seiner Einschätzung bringt die Verpackung einer aktiven Anlagestrategie in einer ETF-Hülle nämlich an mehreren Stellen echten Mehrwert gegenüber traditionellen, aktiv gesteuerten Investmentfonds. Zahlreiche traditionelle Fondshäuser scheinen das erkannt zu haben und greifen deshalb zu dieser Hülle. Anhänger der reinen Indexfonds-Lehre werden diese Entwicklung mit Argwohn verfolgen. Anleger können sich dagegen auf viele neue ETFs freuen.
Von Uli Kühn, April 2025, © ETF Magazin
Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.
ETF Magazin als PDF herunterladen: boerse-frankfurt.de/publikationen/etf-magazin.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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