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Börse Frankfurt-News: "Gründe, warum der MSCI World kein perfektes Investment ist"

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Viele Anleger sind in der vergangenen Dekade zu Fans des MSCI World geworden. Nicht wenige setzen bei ihrer Altersvorsorge ausschließlich auf einen ETF auf den MSCI World. Das ist keine gute Idee, findet Ali Masarwah, Fondsanalyst und Geschäftsführer des Finanzdienstleisters envestor.

10. März 2025. Bereits seit mehreren Jahren warnt Ihr regelmäßiger Börsenkolumnist davor, beim Investieren alle Eier in einen Korb zu legen und nur in einen ETF auf den MSCI World zu investieren. In Zeiten, in denen Neo-Broker und faire Fondsplattformen kostenlose Sparpläne auf ETFs anbieten und auch Einmalanlagen weniger als die sprichwörtlichen Peanuts kosten, gibt es keinen Grund, Nebenwerte, Emerging Markets und günstig bewertete Aktien außen vor zu lassen. "Aber der MSCI World ist doch bestens gelaufen!", lautet der typische Einwand auf diese Warnung. Seit Anfang dieses Jahres steht diese Behauptung auf wackeligen Beinen.

2025 hat sich die langjährige Outperformance relativiert, ja in kurzfristigen Zeiträumen in ihr Gegenteil verkehrt. Während der DAX um 15,5 Prozent zulegte, verlor der MSCI World 3,7 Prozent. Das reichte, um eine langjährige Outperformance in ihr Gegenteil zu verkehren. Infolge der schwachen Performance von US-Aktien ist der stark US-lastige MSCI World zurückgefallen und hinkt inzwischen auch in der Fünfjahres-Bilanz dem DAX hinterher. In Euro gerechnet legte der MSCI World seit Anfang März 2020 jedes Jahr um 14,3 Prozent zu, während der DAX jährlich um 14,8 Prozent stieg. Ich erläutere in fünf Thesen, warum der MSCI World auch nach der Korrektur kein guter Index für ETF-Anleger ist - und auch als Benchmark für aktiv verwaltete Fonds überdacht werden sollte.

1. Der MSCI World ist heute weder eine gute Benchmark für aktiv verwaltete Fonds noch ein gutes Underlying für ETFs. Die USA-Quote ist mit über 70 Prozent inzwischen zu hoch, wie auch die Tech-Quote von faktisch über 30 Prozent - Meta, Alphabet werden als Telekommunikations-Unternehmen eingestuft, Tesla gehört der Konsumbranche an. Alle diese Aktien sind aber Teil der Magnificent 7. Anlegende, die heute MSCI World ETFs in dem Glauben kaufen, ein diversifiziertes Investment zu tätigen, irren. Wer heute "MSCI World" sagt, meint nicht Diversifikation, sondern die Outperformance zwischen 2009 und 2024. Aber die Vergangenheits-Performance, siehe meine oberen Anmerkungen, ist nicht nur vergangen, sondern mausetot.

2. Der MSCI World steht für den Irrglauben von Medien und Anlegenden, dass es sich mit Fonds wie mit "Silver Bullets" verhält - man habe nur einen Schuss frei, und der muss sitzen. Als Ein-Produkt-Lösung ist der MSCI World aber eine keine gute Lösung: keine Emerging Markets, keine kleinen Nebenwerte (Small Caps) und das oben erwähnte Klumpenrisiko Tech und USA. Ich werde nie verstehen, warum viele Anlegende auf einen One-Stopp-Shop bestehen. Warum nicht ein diversifiziertes ETF-Portfolio mit 4,5 oder sogar 6 ETFs aufbauen? Emerging Markets, Small Caps sowie Europa, Japan, Asien (developed) als adäquate Pendants zu einem deutlich reduzierten USA-Anteil sollten das Aktienportfolio prägen.

3. Der MSCI World steht für den Irrglauben vieler Anlegerinnen und Anleger, wonach der MSCI World eine Art gottgegebene Regel des Investierens sei. Er ist aber faktisch eine Strategie, und Strategien können aufgehen - oder aber scheitern. Einen ETF auf den MSCI World heute zu kaufen, ist nicht passives Investieren, sondern die aktive Entscheidung, in den teuersten Markt der Welt zu investieren und Europa und Japan weitgehend und Nebenwerte wie Emerging Markets zu ignorieren. Euroland-Aktien machen heute rund zehn Prozent des Gewichts des MSCI World aus. Man sollte es nicht zu weit mit dem Glauben an die Effizienzmarkthypothese treiben.

4. Den MSCI World unhinterfragt als perfektes ETF-Underlying zu verwenden, bringt mögliche Missverständnisse mit sich über seine Eigenschaften. Dem Vorteil der Liquidität und des Momentum-Faktors, die im Prinzip der Marktkapitalisierung innewohnen, steht der Nachteil der Fixierung auf Standardwerte Growth, die den Index nach der langen Hausse von US-Plattform-Unternehmen doch arg klumpig gemacht hat. In einer Baisse kehrt sich der Momentum-Faktor mitunter in sein Gegenteil um: Die Gewinner von gestern verlieren überproportional.

5. Auch wer die Schwächen des MSCI World erkennt, zieht oft die falschen Konsequenzen: Er oder sie begeben sich nach dem "perfekten MSCI-World-Ersatz" auf die Suche. Aber alle Ein-Produkt-Lösungen haben Nachteile und sind daher Scheinlösungen: Viele sind teurer als ETFs auf den MSCI World und/oder Over-Engineered, also zu komplex, weil sie zu viel auf einmal wollen. Und was ist mit den MSCI-World-Konkurrenten MSCI ACWI, FTSE World oder anderen Total-Market-ETFs? Weil sie alle kapitalisierungsgewichtet sind funktionieren alle nach demselben Prinzip. Daher sind auch diese Indizes falsche Freunde.

Von Ali Masarwah, 10. März 2025, © envestor.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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