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Börse Frankfurt-News: "DAX überholt den S&P 500 - was steckt dahinter?"

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Der DAX hat sich seit Anfang Oktober vor den S&P 500 geschoben. Die Börsenwelt staunt. Ist das der lang ersehnte Wendepunkt für deutsche Aktien? Steht die Börsenlandschaft vor einem Wandel, bei dem die Underdog-Rolle Deutschlands endlich ein Ende findet? Das fragt sich Ali Masarwah, Fondsanalyst und Geschäftsführer des Finanzdienstleisters envestor.

David gegen Goliath: Der DAX holt auf.

16. Dezember 2024. FRANKFURT (envestor). Alle Welt redet von der scheinbar endlosen Dominanz von US-Aktien, doch gerade in den vergangenen Monaten geht eine erstaunliche Kunde um: Der DAX hat im vierten Quartal den großen Bruder S&P 500 überholt - ungeachtet der vielzitierten Trump-Trades. Mit einem Plus von 5,6 Prozent haben sich deutsche Standardwerte seit Anfang Oktober vor den US-Leitindex geschoben, der um 5,3 Prozent zulegen konnte. Vor allem im Dezember zeigte sich der DAX bisher bärenstark: er legte um 4 Prozent zu, der S&P trat dagegen auf der Stelle. Die Börsenwelt reibt sich angesichts der "Doom and Gloom"-Stimmung für die deutsche Wirtschaft verwundert die Augen. Zur Erinnerung: Der S&P 500 lag in den letzten 15 Jahren um jährlich satte acht Prozentpunkte vor dem DAX. Kauft jetzt der Schalke 04 dem Bayern München den Schneid ab?

Weil Börsianerinnen und Börsianer - wie auch Fondsanalysten - ganz groß da drin sind, im Nachhinein die passende Erklärung für Aktienmarktentwicklungen zu finden, hier zwei Ideen: Deutsche Unternehmen sind momentan so günstig bewertet wie Schnäppchen in Rudis Resterampe. Weil sich unter dem, was verramscht wird, auch Weltmarktführer befinden, ist es kein Wunder, dass Investoren zugreifen. Hinzu kommt, dass die Übernahmeaktivitäten zunehmen werden. US-Firmen werden von der Deregulierung am Heimatmarkt profitieren und international auf Einkaufstour gehen. Auch diese Fantasie treibt den DAX an.

Comeback deutscher Aktien - doch nur eine Fata Morgana?

So verlockend die Vorstellung ist, dass US-Aktien gerade die Luft ausgehen, so ist die obere Rechnung unvollständig. Die US-Suprematie äußert sich zunächst nicht nur in den Aktienkursen, sondern auch in der Währungsstärke. Für Euro-Anleger ist die ganze Outperformance des DAX daher nur eine theoretische Größe: Dank des starken Dollars liegt der S&P 500 zwischen Anfang Oktober und Mitte Dezember trotzdem vorn. Und zwar deutlich: 12 Prozent vs., nun ja, 5,6 Prozent beim DAX, aus der Perspektive von Anlegenden in Deutschland.

Außerdem ignoriert der Vergleich DAX und S&P 500 das eigentliche Spektakel am US-Markt. Dort verbreitert sich die Hausse nämlich. Die viel beschworenen "Magnificent 7" sind nicht mehr die einzigen Stars der Show. Die Rotation hin zu Nebenwerten ist in vollem Gang. Dabei geht es nicht nur um die Magnificent 7 vs. den S&P 493, sondern um die kleineren US-Tech-Unternehmen. Der Nasdaq Emerging Cloud Index vereint die Growth-Player aus der zweiten und dritten Reihe. Er hat seit Anfang Oktober um 27 Prozent zugelegt - satte 35 Prozent aus Sicht von Euro-Anlegenden.

Und was machen deutsche Nebenwerte? SDAX und MDAX dümpeln im bisherigen Quartalsverlauf (leicht) im Minus vor sich hin.

Fazit: Die Geschichte bleibt dieselbe

Am Ende des Tages bleibt der US-Exzeptionalismus bestehen - er hat nur neue Aushängeschilder bekommen. Statt der großen Tech-Giganten sind es jetzt die kleinen und mittelgroßen Unternehmen, die den Ton angeben. Die kurzfristige Outperformance des DAX ist zwar erfreulich, aber leider kein Grund, die Sektkorken knallen zu lassen. Zumal es sich trefflich darüber streiten lässt, ob ein Abverkauf deutscher Assets zwingend im Interesse der deutschen Wirtschaft ist.

Für Anleger bedeutet das: Das große Bild ist unverändert, es spricht nichts für ein "Platzen der großen US-Blase", die immer wieder heraufbeschworen wird. Die USA sind weiter der größte, liquideste und innovativste Markt der Welt, und im Zuge der Deregulierung wird die Dynamik der US-Wirtschaft stärker und damit der Abstand zu Old Europe im Zweifel größer. Das schließt nicht aus, dass sich Anlegende zeitweilig besinnen und in Europa günstig shoppen gehen. Ein säkularer Favoritenwechsel zeichnet sich indes nicht ab.

Von Ali Masarwah, 16. Dezember 2024, © envestor.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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