Gazprom-Lieferstopp droht - E-Control erwartet keinen Gasmangel / Haber verwies auf volle Gasspeicher - OMV-Chef Stern: Gazprom liefert, OMV aber auf Lieferstopp vorbereitet - Szenario mit zwei kalten Wintern sieht Speicherstand im Mai 2026 bei 50 Prozent
--------------------------------------------------------------------- AKTUALISIERUNGS-HINWEIS Neu: Zusammenfassung, Energieexperte Boltz (7. Absatz), Prognoserechnung der Energieagentur (letzter Absatz) ---------------------------------------------------------------------
Die Energieregulierungsbehörde E-Control erwartet keine Gasmangellage in Österreich. Sollte die OMV nach dem Schiedsgerichtsspruch Zahlungen einbehalten und Gazprom Export die Lieferungen stoppen, seien die Maßnahmen in Österreich ausreichend, um die Gasversorgung für die nächsten beiden Winter zu sichern, sagte E-Control-Vorstand Alfons Haber zur APA. Die Gasspeicher in Österreich und anderen EU-Ländern seien zu über 90 Prozent gefüllt.
Österreich könne statt Pipeline-Gas via Ukraine mit Flüssigerdgas aus Deutschland und Italien beliefert werden. Ob und wie stark die Gaspreise bei einem Lieferstopp steigen könnten, wollte Haber nicht prognostizieren. Aktuell kostet eine Megawattstunde Erdgas an der Börse rund 45 Euro. Preise von über 300 Euro wie Mitte 2022 seien nicht zu erwarten.
Nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine sei die Gasversorgung diversifiziert und eine strategische Gasreserve angelegt worden. Die Pipelinekapazitäten aus Deutschland und Italien reichten aus, um russische Erdgasmengen zu ersetzen.
Die OMV erhält derzeit planmäßig Erdgas von Gazprom, sieht sich aber für einen Lieferstopp gerüstet. "Die OMV bereitet sich seit knapp drei Jahren vor", sagte OMV-Chef Alfred Stern am Donnerstag zur APA.
Am Tag davor waren dem Konzern im Streit mit Gazprom mehr als 230 Mio. Euro Schadensersatz zugesprochen worden. Die OMV will den Anspruch mit Zahlungsverpflichtungen an den Gaslieferanten aufrechnen.
Ob und wann Gazprom als Reaktion die Lieferungen einstellen wird, lässt sich laut Stern schwer vorhersagen. "Ich kann sagen, dass heute die Gasflüsse aufrecht sind, so wie gestern auch, und es bisher keine Reaktion gegeben hat." Die OMV bezieht pro Monat etwa 4 bis 5 Terawattstunden (TWh) Gas aus Russland, die nun zugesprochenen 230 Mio. Euro entsprechen in etwa dieser Menge.
Der frühere E-Control-Vorstand Walter Boltz, Berater von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), sagte im "Ö1-Mittagsjournal": "Wenn die OMV die 230 Millionen von ihren Zahlungen an die Gazprom abzieht, dann bin ich nahezu sicher, dass das russische Unternehmen kaum eine andere Wahl hat als die Lieferungen einzustellen."
Gewessler schrieb Mittwochabend auf X, die Entscheidung sei "ernst zu nehmen, aber keine unmittelbare Gefährdung für unsere Versorgungssicherheit". Österreich könne und werde ohne russisches Gas auskommen. "Trotzdem ist klar, dass eine plötzliche Lieferunterbrechung auf den Gasmärkten für Anspannung sorgen könnte". Daher seien alle Gasversorgungsunternehmen aufgerufen, von russischem Gas unabhängig zu werden.
Das alternative Gas kommt laut OMV-Chef Stern aus Norwegen, teilweise aus eigener Produktion oder in Form von Flüssigerdgas (LNG) per Schiff in den LNG-Terminals in der deutschen oder italienischen Küste an.
Die österreichische Energieagentur hatte mit der E-Control im Juni 2024 Prognosen für den Wegfall des Gastransits durch die Ukraine per 1. Jänner 2025 erstellt. Demnach reichten die derzeitigen Importkapazitäten aus Deutschland und Italien selbst bei Mitversorgung der östlichen Nachbarländer Slowakei, Ungarn und Slowenien aus, um durch zwei sehr kalte Winter zu kommen. Der Speicherstand würde dann bis Mai 2026 auf rund 50 Prozent sinken.
Ein Aus der russischen Gaslieferungen durch die Pipeline, die via Ukraine und Slowakei am niederösterreichischen Gasknoten Baumgarten ankommen, steht seit längerem im Raum. Die Ukraine hatte mehrmals angekündigt, den Gastransitvertrag mit Russland, der am 31. Dezember 2024 endet, nicht verlängern zu wollen. Sie hat sich aber bereit erklärt, den Transit unter bestimmten Bedingungen und mit Beteiligung von EU-Unternehmen fortzusetzen.
Obwohl die russischen Gasimporte in die Europäische Union wegen des Ukraine-Kriegs größtenteils gestoppt sind, sind einige EU-Länder in Zentraleuropa teilweise noch auf Gas aus Russland angewiesen, das durch die Ukraine fließt. Österreich bezieht den Großteil seines Gases über diese Route. Derzeit fließen unter dem Transitvertrag noch jährlich rund 15 Milliarden Kubikmeter bzw. 150 TWh russisches Gas nach Europa. 2022 floss in Summe zehn Mal so viel russisches Erdgas in die EU.
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