ROUNDUP: Lindner-Vorschlag ärgert Koalitionäre - Union will Neuwahlen
BERLIN (dpa-AFX) - Nach dem Bekanntwerden eines wirtschaftspolitischen Grundsatzpapiers von Christian Lindner haben Politiker der anderen Ampel-Parteien den FDP-Chef aufgefordert, sich auf seine Arbeit als Bundesfinanzminister zu fokussieren. Unionspolitiker nahmen den Streit der Koalitionäre zum Anlass, um wieder einmal vorgezogene Neuwahlen zu fordern.
"Die FDP verabschiedet ja jeden Monat ein Positionspapier. Kann sie machen, aber die Koalition kann sich damit nicht immer beschäftigen", sagte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Was wir stattdessen brauchen, ist ein Finanzminister, der seinen Job macht und die Milliarden-Lücke im Haushalt schließt."
Der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Rosemann, sagte dem "Tagesspiegel": "Wir brauchen jetzt keine Papiere, sondern gemeinsames Handeln, um der Industrie schnell zu helfen und Sicherheit zu geben. Vor allem brauchen wir keine Opposition in der Regierung."
Lindner wünscht sich eine "Wirtschaftswende"
In Lindners Papier wird eine "Wirtschaftswende" gefordert mit einer "teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen", um Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden. Es wird etwa als Sofortmaßnahme die endgültige Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Vielverdiener, ein sofortiger Stopp aller neuen Regulierungen sowie ein Kurswechsel in der Klimapolitik gefordert. "Deutschland braucht eine Neuausrichtung seiner Wirtschaftspolitik", heißt es. Diese solle grundsätzlicher Art sein. Damit distanzierte sich Lindner von Teilen der bisherigen Ampel-Politik.
Im Gegensatz zu den Koalitionspartnern der FDP findet Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg (CDU) viele Vorschläge aus dem Lindner-Papier gut. Sinnvoll seien "der Bürokratie-Stopp, die Senkung der Unternehmenssteuern, der Umbau der Förderung der erneuerbaren Energien, weitgehendere Speicherung von Klimagasen durch CCS, eine grundlegende Reform des Bürgergelds" sowie eine Begrenzung des Anstiegs der Sozialversicherungsbeiträge, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Eine neue Regierung wird genau diese Punkte in jedem Falle angehen müssen", fügte er hinzu.
Söder will "das Totenglöckchen der Ampel" läuten gehört haben
CSU-Chef Markus Söder sprach sich für eine vorgezogene Bundestagswahl aus. "Das Einzige, was jetzt zählt, sind Neuwahlen - sofort", sagte der bayerische Ministerpräsident der "Bild". "Es ist vorbei: Das Totenglöckchen der Ampel läutet. Eine Regierung, die gegeneinander Papiere verschickt, ist handlungsunfähig und eine Blamage für unser Land. Es ist Zeit, den Stecker zu ziehen und das unwürdige Schauspiel zu beenden. Jeder Tag länger schadet Deutschland." Sollte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht selbst die Kraft haben, seine Koalition zu beenden, müsse Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einschreiten.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte der "Rheinischen Post": "Es wird Zeit, dass die Regierung endlich den Weg freimacht zu Neuwahlen. Es wäre der letzte Dienst, den sie unserem Land erweisen könnte."
In der Koalition gibt es unterschiedliche Vorstellungen über zusätzliche Maßnahmen, um die lahmende Konjunktur anzukurbeln. Konkurrierende Veranstaltungen und unabgestimmte Forderungen befeuern den Streit.
Buschmann und Dürr verteidigen Lindners Vorschläge
Den Vorwurf, Lindner habe mit seinem nun bekanntgewordenen Papier Öl ins Feuer gegossen, wies Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zurück. "Der Wirtschaftsminister sagte, man müsse an das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz mit der Kettensäge ran. Der Kanzler meinte, das müsse weg", schrieb er bei X. Daher sei es nur konsequent, wenn Lindner nun die Aussetzung dieses des Gesetzes vorschlage. Denn das würde sehr viel Bürokratie sparen.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte dem Sender RTL/n-tv: "Christian Lindner hat mit seinem Vorschlag ein ehrliches Angebot gemacht, das sowohl finanzierbar ist, als auch den Erwartungen der Unternehmen entspricht." Darüber sollte jetzt innerhalb der Koalition gesprochen werden./shy/DP/zb
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