Börse Frankfurt-News: "Neutral vor Richtungswahl" (Marktstimmung)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Trotz des aktuell völlig offenen Ausgangs der bevorstehenden US-Präsidentschafts-Wahl haben sich viele Investoren deutlich positioniert.
30. Oktober 2024. Betrachtet man die Entwicklung des DAX seit unserer vergangenen Erhebung und die damit einhergehende, abermals vergleichsweise enge Handelsspanne von rund 1,6 Prozent, könnte man fast den Eindruck haben, es handele sich um die Ruhe vor dem Sturm. Zwar hat der DAX zwischenzeitlich noch einmal einen Anlauf in Richtung Allzeithoch unternommen, geriet allerdings kurz vor diesem Referenzniveau ins Stocken, um schließlich die Sentiment-Woche stichpunktbezogen unverändert zu beenden. Auch wenn bis dahin noch wichtige makroökonomischen Daten zum US-Arbeitsmarkt sowie diverse Quartalszahlen wichtiger Unternehmen zur Veröffentlichung anstehen, wirft die bevorstehende Präsidentschafts-Wahl in den USA bereits ihre Schatten voraus. Übrigens gab es in der Geschichte unserer Sentiment-Erhebungen am Mittwoch vor dem Wahltag seit dem Jahr 2004 unter dem Strich noch nie Pessimismus unter den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont zu vermelden; auch dieses Mal nicht.
Nur wenig Optimismus
Nur werden dieses Mal die Auswirkungen des Wahlergebnisses auf den DAX von vielen Börsianern durchaus geteilt gesehen. Dies gilt insbesondere für die heutige Sentiment-Erhebung, die allerdings gemessen am Börse Frankfurt Sentiment-Index mit einem Stand von +3 gegenüber der Vorwoche unverändert notiert. Allerdings hat sich die Polarisierung zwischen Bullen und Bären um jeweils 3 Prozentpunkte erhöht. Interessanterweise ist das Ergebnis der heutigen Stimmungserhebung fast identisch mit demjenigen vor der US-Wahl des Jahres 2020, aber weit entfernt vom teils großen Optimismus vor den Wahlen der Jahre 2004 bis 2016.
Deutlich mehr Bewegung gab es bei der zuletzt statisch anmutenden Stimmung unter den Privatanlegern. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index in diesem Panel ist gegenüber der Vorwoche um 11 Punkte auf einen neuen Stand von +16 gefallen. Dabei hat sich das Bullenlager um 6 Prozentpunkte verringert. Vermutlich mit einem ordentlichen Gewinn im Rücken haben sich etwa vier Fünftel der vormaligen Optimisten direkt auf die Bärenseite begeben, ihre Position also um 180° gedreht. Auch wenn das absolute Stimmungsergebnis immer noch recht bullish aussieht, zeigt die relative Betrachtung auf drei und sechs Monate, dass die Stimmungslage bei den Privatanlegern eigentlich als neutral zu bewerten ist.
? aber auch geringe Risikoaversion
Immerhin hat sich die Stimmungskluft zwischen Privatanlegern und institutionellen Investoren mit der heutigen Befragung verringert. Dabei fällt auf, dass der Anteil der neutral Gestimmten in beiden Panels recht niedrig - bei den Privatanlegern macht er nur 16 Prozent der Befragten aus - ausfällt. Und das, obwohl die Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Donald Trump in den Umfragen ganz nah beieinander liegen, so dass man mehr Risikoaversion hätte erwarten können. Gilt doch der Ausgang der Wahl vielerorts als richtungsweisend für die künftige Wirtschafts- und Außenpolitik sowie für die Zukunft der Demokratie in den USA.
Am Ende reicht insbesondere die derzeitige Stimmungslage und die damit verbundene Positionierung bei den institutionellen Investoren nicht, um dem DAX alleine aus heimischer Sicht einen deutlichen Schub in die eine oder andere Richtung zu verleihen. Daran ändert sich auch nichts, wenn man bedenkt, dass sich die Stimmung in der relativen Betrachtung auf drei und sechs Monate noch ein wenig positiver darstellt, als es das absolute Ergebnis im Sentiment-Index von +3 vermuten lässt. Die Ausgangslage beim DAX ist also stimmungstechnisch als neutral einzustufen. Eine Veränderung dieser Situation bleibt somit den langfristig orientierten Kapitalströmen (inklusive Ausland) vorbehalten.
Von Joachim Goldberg
30. Oktober, 2024, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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