Börse Frankfurt-News: "Euphorie ohne Energie" (Marktstimmung)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Auf den Stopp vor neuen Rekorden reagieren vor allem die Profis mit einem Strategiewechsel, schließen die Short-Positionen und wechseln zum Teil an die Seitenlinie. Was das bedeutet, weiß Joachim Goldberg.
24. Oktober 2024. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Gemessen an manchen Börsenkommentaren seit unserer vergangenen Stimmungserhebung hätte der DAX eigentlich nach oben davonlaufen müssen. Da war etwa zum vergangenen Wochenende von überbordender Euphorie vieler Börsianer die Rede, und das Erreichen der 20.000er Marke schien für manchen Analysten nur noch eine Frage der Zeit. Tatsächlich ist es beim Börsenbarometer so ruhig zugegangen wie zuletzt in der Sentiment-Woche an Ostern: Die Handelsspanne seit vergangenem Mittwoch betrug gerade einmal 1,6 Prozent, wobei im Wochenvergleich ein kleines Minus von 0,3 Prozent zu Buche schlägt. Zumindest was die Kursentwicklung des DAX angeht, könnte man also durchaus von einer gewissen Zurückhaltung der Marktteilnehmer sprechen. Gut möglich, dass die in knapp zwei Wochen stattfindende US-Wahl bereits ihre Schatten vorauswirft. Aber auch das gehört zur Wahrheit: Während des Berichtszeitraums markierte der DAX ein neues Allzeithoch.
Und es mag genau dieses neue Allzeithoch gewesen sein, das bei einigen der von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont offenbar zum Umdenken geführt hat. Zumindest hat eine größere Gruppe von Pessimisten mit einem Male das Interesse daran verloren, weiter auf fallende Kurse zu setzen, um später auf niedrigerem Niveau erneut als Käufer aufzutreten. Unser Börse Frankfurt Sentiment-Index vermittelt nämlich den Eindruck, dass die Angst vor einem weiteren DAX-Anstieg größer gewesen sein muss als die Hoffnung, noch einmal temporär von fallenden Kursen zu profitieren.
Zwangsweise bullish
Zumindest ist unser Börse Frankfurt Sentiment-Index gegenüber der Vorwoche um 15 Punkte auf einen neuen Stand von +3 gestiegen. Dabei hat sich das Bärenlager um 11 Prozentpunkte reduziert. Dass sich dabei nur etwas mehr als ein Drittel der Wechselwilligen direkt auf die Bullen Seite gewagt hat, zeugt aber auch von einer gewissen Aversion, möglicherweise zu Höchstkursen auf eine (vermeintlich) beginnende Rallye zu setzen. Mehr als zwei Drittel der früheren Bären haben sich demzufolge an die Seitenlinie begeben.
Erstaunlich ruhig ist es bei den Privatanlegern geblieben. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index in diesem Panel ist mit einem Stand von +27 zum zweiten Mal hintereinander auf gleichem Niveau geblieben. Auch hat sich die Polarisierung zwischen Bullen und Bären lediglich um jeweils einen Prozentpunkt verringert. Gleichzeitig hat sich der Abstand zwischen den wesentlich bullisheren über Social Media befragten Anlegenden und den übrigen Privatanlegern nur minimal verändert.
Strategiewechsel hin zur Risikoaversion
Mit der heutigen Befragung hat sich die Stimmungskluft zwischen institutionellen und Privatanlegern wieder deutlich verringert. Obgleich Letztere bereits über viele Wochen mehr oder weniger konstant mehrheitlich optimistisch eingestellt sind, kann man bestenfalls bei den über Social Media befragten Markteilnehmern von einer leicht euphorischen Stimmung sprechen. In der relativen Betrachtung auf Sicht von drei und sechs Monaten ist dieser Optimismus sogar deutlich niedriger, als dies die absoluten Werte der vergangenen drei Wochen vermitteln.
Auf der anderen Seite haben die zuletzt mehrheitlich bearishen institutionellen Investoren von ihrer über Wochen erfolgreichen Strategie: "Unten kaufen, oben geben und zurück" offensichtlich - und vielfach wohl nicht ganz freiwillig - Abstand genommen. Damit ist gleichzeitig eventuelle Nachfrage im Falle eines DAX Rücksetzers - wir vermuten diese immer noch knapp oberhalb von 19.000 Zählern - ausgedünnt, da ein Teil der Bären aus der Vorwoche durch ihren vorzeitigen Ausstieg in diesem Falle als Rückkäufer ausfallen werden. Damit hat sich die Sentiment-technische Situation des DAX gegenüber der Vorwoche minimal verschlechtert. Denn es ist gut möglich, dass die sich an der Seitenlinie befindenden, zuletzt enttäuschten Bären noch einmal bereit sind, sich zu oben genannten niedrigeren Kursen doch noch als neue Bullen zu outen.
Von Joachim Goldberg
24. Oktober, 2024, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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