Börse Frankfurt-News: "Das Kinderstartgeld wäre ein Anfang" (pfp Advisory)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Fondsmanager Christoph Frank findet, dass der Weltspartag heute nicht mehr zeitgemäß sei. Obwohl Sparen weiterhin wichtig bleibe, würden Kinder durch Investmentfonds mit einem hohen Aktienanteil langfristig besser vom Zinseszinseffekt profitieren. Er begrüßt den Vorschlag der staatlich geförderten Sparbeiträge für Kinder auch wegen der Finanzbildung.
14. Oktober 2024. In diesen Tagen feiert der "Weltspartag" seinen 100. Geburtstag. Die Idee war auf dem ersten Internationalen Sparkassenkongress im Oktober 1924 entstanden. Menschen sollten lernen, sparsam zu wirtschaften, mit dem ersparten Geld Vermögen aufzubauen und finanziell für den Ruhestand oder für größere Anschaffungen vorzusorgen.
Überdies erhofften sich die Erfinder auch pädagogische Wirkungen: Indem Kinder einmal im Jahr ihre hoffentlich gut gefüllten Sparschweine zur Bank bringen, um das darin enthaltene Geld zu entnehmen und anzulegen, sollten sie auf diese Weise auch den Wert des Verzichts und regelmäßigen Sparens erlernen. Dass die von den Banken angebotenen Anlageprodukte nicht immer im Sinne der kleinen Kunden waren, steht auf einem anderen Blatt und wurde u. a. von Verbraucherschützern regelmäßig kritisiert.
In der Tat wäre es in vielen Fällen besser, auf Investmentfonds zu setzen, idealerweise mit einem großen Aktienanteil, statt auf Sparbücher oder Versicherungsprodukte. Denn Kinder haben noch Jahrzehnte ihrer Investmentkarriere vor sich und können daher den Zinseszinseffekt bestmöglich ausnutzen. Bei diesem gilt: je höher die Rendite, desto wirkungsvoller dieser Effekt. Und Aktien waren historisch eben nun einmal außerordentlich renditestark. Auch deshalb halte ich den Vorschlag des "Sachverständigenrat Wirtschaft" für ein "Kinderstartgeld" für diskussionswürdig. Er sieht vor, jedem Kind ab sechs Jahren staatlicherseits immerhin zwölf Jahre lang in jedem Monat zehn Euro zur Anlage in einen Investmentfonds zu spendieren. Ab dem 18. Geburtstag soll das dann volljährige Kind entscheiden können, ob es sich das angesammelte Geld auszahlen lässt, es weiter bespart oder unbürokratisch in eine private förderfähige Altersvorsorge überführt.
An dem Vorschlag gefällt mir, dass die Kinder mit einem Startgeld früh und auf praktische Weise an den Kapitalmarkt herangeführt werden. Meines Erachtens sind eigene Erfahrungen am wertvollsten und um ein Vielfaches wirkmächtiger als die ausgefeiltesten Bildungsprogramme und Sonderaktionen. Learning by doing tut manchmal weh, liefert jedoch langfristig besonders wertvolle Lektionen. Wer im eigenen Geldbeutel spürt, welche Auswirkungen gute und schlechte Entscheidungen haben, welche Renditen die verschiedenen Anlageformen real erzielen, und dass Marktwirtschaft und Kapitalmarkt vielleicht doch kein "Teufelszeug" oder "nur etwas für Reiche" sind, der dürfte schneller Lernfortschritte machen als jemand, der sich lediglich im Schulfach Wirtschaft oder mit Renditesimulationen theoretisch berieseln lässt. Nicht zuletzt dürfte das Programm auch auf die finanzielle Kompetenz der Eltern wirken, da sie für die jüngeren Kinder zunächst die Fondsauswahl übernehmen bzw. mit ihnen diskutieren.
Selbstverständlich wäre ein Kinderstartgeld nicht das Ei des Kolumbus, sondern hätte auch Nachteile. Es würde den Staat Geld kosten, geschätzt rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Geld, das gemäß einigen Kritikern anderweitig besser eingesetzt werden könnte, und das der Staat in Zeiten klammer Kassen angeblich nicht habe. Ferner wird es immer noch genug Menschen geben, die sich trotz Kinderstartgeld nicht für den Kapitalmarkt interessieren werden. Und der Förderzeitraum ist mit insgesamt zwölf Jahren zwar passabel, könnte aber m. E. gerne noch länger sein, um die Zeitvorteile bezüglich Risikoreduzierung und Renditeglättung noch besser zu nutzen und erfahrbar zu machen.
In der Summe sehe ich aber mehr Vor- als Nachteile. Ein Kinderstartgeld dürfte auf jeden Fall den Anreiz erhöhen, sich mit dem Thema Geldanlage und eigenständiger Vermögensbildung zu beschäftigen. Insofern wäre das Kinderstartgeld kein Gamechanger - aber ein Schritt in die richtige Richtung.
Von Christoph Frank, 14. Oktober 2024, © pfp Advisory
Christoph Frank ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Roger Peeters verwaltet der Experte, der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktiv ist, den 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds DWS Concept Platow (LU1865032954) sowie den im August 2021 aufgelegten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium (WKN A3CM1J). Weitere Informationen unter www.pfp-advisory.de. Frank schreibt regelmäßig für die Frankfurter Wertpapierbörse.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
AXC0111 2024-10-14/11:00