FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt hat am Dienstag
merklich nachgegeben. "Insgesamt bleiben die Investoren weiterhin im
Risk-Off Modus und meiden Positionsaufstockungen. Zu viele Risiken
lauern derzeit in den Finanzmärkten, denen aktuell zu wenig Chancen
entgegenstehen", erklärte Marktexperte Andreas Lipkow.
Der Dax weitete seinen Anfangsverlust nach der
Bekanntgabe von Inflationsdaten aus der Eurozone aus und notierte
zuletzt 1,22 Prozent im Minus bei 18 068,39 Punkten. Der MDax
verlor 0,96 Prozent auf 25 002,43 Zähler. Für den
Eurozonen-Leitindex EuroStoxx ging es um rund 1,0
Prozent nach unten.
Die Inflation im Euroraum bleibt trotz eines Rückgangs im Juni
hartnäckig. Die Inflationsrate fiel von 2,6 Prozent im Mai auf 2,5
Prozent. Ohne schwankungsanfällige Preise von Energie und
Nahrungsmitteln stagnierte die Teuerung im Juni auf 2,9 Prozent.
Hier hatten Experten mit einem leichten Rückgang gerechnet.
Es sehe so aus, als würden die Anleger derzeit nur auf wirklich
schlechte Nachrichten warten, um weiter Kasse zu machen, bemerkte
Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von RoboMarkets. "Es spricht
vieles dafür, dass der Markt in ein Sommerloch fällt. Wie tief, ist
schwer vorauszusagen und dürfte auch von der Qualität der
Nachrichten und der Entwicklungen in Frankreich abhängen, wo am
Sonntag die Stichwahl stattfindet", so Molnar.
Aus Branchensicht standen Versicherer besonders unter Verkaufsdruck.
Sie litten unter den Inflationszahlen sowie unter dem Hurrikan
"Beryl", der im Südosten der Karibik ungewöhnlich früh in der
Sturmsaison an Fahrt und Stärke aufnimmt. Er könnte den Erst- und
vor allem den Rückversicherern umfangreiche Schadenskosten
verursachen. Entsprechend gehörten die Aktien von Munich Re
, Hannover Rück und Allianz mit
Kursverlusten zwischen 1,9 und 4,6 Prozent zu den schwächsten
Dax-Werten. Im MDax waren die Papiere von Talanx mit
einem Minus von 4,0 Prozent das Schlusslicht.
Die Aktien von Hellofresh bauten mit einem Kurssprung
von 6,7 Prozent ihren Erholungskurs seit dem Rekordtief vom Freitag
auf rund 16 Prozent aus. Mit einem Verlust von rund 64 Prozent im
bisherigen Jahresverlauf sind sie allerdings immer noch schwächster
MDax-Wert. Die US-Bank JPMorgan gab ihren Status "Negative Catalyst
Watch" für die Hellofresh-Aktie auf und erwartet damit kurzfristig
keine Kursbelastung mehr.
Die Anteilsscheine von Sartorius reagierten auf den
Abschied des Unternehmenschefs mit Kursschwankungen. Einem
neuerlichen Tief seit März 2020 folgte der Dreh ins Plus und
inzwischen ein weiteres Tief auf rund 200 Euro. Der langjährige
Vorstandsvorsitzende Joachim Kreuzburg will seinen bis November 2025
laufenden Vertrag zu Ende führen, aber nicht mehr verlängern.
Die Papiere von Siemens Energy kletterten auf den
höchsten Stand seit vier Wochen und lagen zuletzt mit plus 4,1
Prozent an der Dax-Spitze. Zuvor hatte das Analysehaus Redburn eine
Kaufempfehlung ausgesprochen. Zudem kündigte Vorstand Tim Holt einen
deutlichen Ausbau des Netzgeschäfts in den kommenden Jahren an.
Goldman-Analyst Ajay Patel glaubt, dass die Dreijahresziele der
Sparte sehr konservativ sind und angehoben werden könnten.
Unter den Nebenwerten profitierten die Aktien von Northern Data
von KI-Fantasie und sprangen um 21 Prozent nach oben.
Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit
der Sache vertraute Personen berichtet, das Unternehmen erwäge einen
US-Börsengang seiner KI-Cloud- sowie Datenzentren-Geschäfte.
Der Euro wurde zuletzt mit 1,0728 US-Dollar
gehandelt. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am
Vortag auf 1,0745 (Freitag: 1,0705) Dollar festgesetzt.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,62 Prozent am Vortag
auf 2,63 Prozent. Der Rentenindex Rex legte um 0,03
Prozent auf 124,01 Punkte zu. Der Bund-Future gewann
0,02 Prozent auf 130,46 Punkte./edh/jha/