Google Fonts - Auch Berufungsgericht sah missbräuchliches Verhalten / Anwalt der Schreiberin der Abmahnschreiben zieht vor OGH - Vorarlberger Unternehmer Maximilian Zumtobel hatte geklagt - Anmeldung zu Sammelklage möglich
In dem Fall rund um über 30.000 Abmahnschreiben wegen der Nutzung von Google Fonts ist die Abmahnerin mit ihrer Berufung vor dem Landesgericht Wien gescheitert. Dieses bestätigte das Urteil des Bezirksgerichts Favoriten, das die Vorgehensweise der Briefschreiberin als rechtsmissbräuchlich eingestuft hatte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, ihr Anwalt Marcus Hohenecker kündigte auf Anfrage der APA an, die Entscheidung beim Obersten Gerichtshof (OGH) zu bekämpfen.
Über 30.000 Unternehmen wurden 2022 mit einem Abmahnschreiben von Anwalt Marcus Hohenecker zu Schadenersatzzahlungen aufgefordert, weil sie durch die Einbettung von Google Fonts angeblich die Datenschutz-Grundverordnung verletzt hätten. Denn mit der Nutzung der Google Fonts auf den Webseiten sei die Weitergabe der Daten in die USA und dadurch eine Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz und ein Verstoß gegen die DSGVO sowie ein "erhebliches Unwohlsein" seiner Mandantin verbunden gewesen, so das Anwaltsschreiben, das von jedem Webseiten-Betreiber 100 Euro Schadenersatz plus 90 Euro Anwaltskosten einforderte.
Der Vorarlberger Unternehmer Maximilian Zumtobel, einer der Adressaten des Schreibens, hat über seinen Anwalt Ulrich Kopetzki eine Feststellung eingeklagt, dass der im Abmahnschreiben behauptete Schadenersatzanspruch nicht besteht. Das erstinstanzliche Gericht stufte das Verhalten der Abmahnerin als "rechtsmissbräuchlich" ein. Die Verfasserin der Abmahnschreiben habe auf ein Programm zurückgegriffen, das beim Surfen im Hintergrund die Datenströme misst bzw. protokolliert und bei Datenschutzverletzungen die Website, den Aufrufzeitpunkt und die ihr zugewiesene IP-Adresse protokolliert. Auf diesem Wege habe sie binnen kurzer Zeit tausende Websites besucht und dann tausende Mahnschreiben verschickt. Dieses Verhalten sei als rechtsmissbräuchlich zu beurteilen. Das Landesgericht Wien bestätigte - nicht rechtskräftig - das erstinstanzliche Urteil. Kopetzki kündigte am Montag in einer Aussendung auch eine Sammelklage an, bei der sich betroffene Unternehmen unter www.abmahnantwort.at kostenlos anmelden können.
Für den Anwalt der Abmahnerin ist das Urteil so nicht nachvollziehbar. "Kurios: Das Gericht begründet sein Urteil damit, es sei gar 'kein personenbezogenes Datum iSd der DGSVO verarbeitet' worden", so Anwalt Hohenecker in einer Stellungnahme gegenüber der APA. "Die Grundlagen der DSGVO sind offenbar auch viele Jahre nach deren Inkrafttreten weiter unklar." Hohenecker will die Entscheidung bekämpfen und mit einer ordentlichen Revision an den OGH herantreten. Die Revision werde auch "eine Anregung zur Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof enthalten, um diese Rechtsunsicherheit zu klären".
sag/tpo
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