ST. PETERSBURG/FRANKFURT (dpa-AFX) - Ein Schiedsgericht in St.
Petersburg hat Vermögen mehrerer Banken, darunter der Deutschen Bank
und der Commerzbank , in Russland eingefroren. Die
Maßnahme erfolge auf Antrag von RusChimAllianz, einer
Tochtergesellschaft von Gazprom zum Betrieb eines
LNG-Terminals an der Ostsee, die gegen die Deutsche Bank Ansprüche
von 238,61 Millionen Euro und gegen die Commerzbank von 94,92
Millionen Euro erhebt. Das meldete die russische staatliche
Nachrichtenagentur Tass am Samstag. Das Vermögen sei in Form von
Wertpapieren, die der Deutschen Bank und Commerzbank und anderen
Gesellschaften mit deren Beteiligung gehören, sowie in Form von
Immobilien und Geld auf Konten blockiert worden.
Zuvor hatte das Gericht auch Bankkonten und Vermögen der
italienischen Bank Unicredit in Russland eingefroren.
Betroffen sind auch weitere Geldgeber. Hintergrund ist der geplatzte
Bau des Terminals aufgrund der westlichen Sanktionen, für den die
Banken mit gebürgt hatten. RusChimAllianz will von Unicredit 444
Millionen Euro. Eingefroren werden sollen Vermögen im Wert von 463
Millionen Euro.
Bei der Deutschen Bank hieß es, es bleibe abzuwarten, wie diese
Entscheidung von den russischen Gerichten umgesetzt werde und welche
Folgen dies für den operativen Betrieb des Instituts in Russland
habe. "Die Deutsche Bank sieht sich durch eine
Entschädigungsvereinbarung mit einem Kunden vollständig
abgesichert", wurde zugleich in Frankfurt/Main betont. Die Deutsche
Bank habe eine Rückstellung von rund 260 Millionen Euro und einen
entsprechenden Vermögensgegenstand aus Erstattungen im Rahmen der
Entschädigungsvereinbarung erfasst.
Unicredit ist nach der Raiffeisenbank die größte noch aktive
Auslandsbank in Russland und gehört nach ihrem Bilanzvermögen zu den
größten 20 Banken im Land.
RusChimAllianz hatte 2021 mit dem deutschen Industriekonzern Linde
und dem Bauunternehmen Renaissance Heavy Industries
einen Vertrag über den Bau der Anlage geschlossen. Dafür habe
RusChimAllianz einen Vorschuss an Linde gezahlt, hieß es. Nach dem
von Kremlchef Wladimir Putin begonnenen Angriffskrieg gegen die
Ukraine verhängte der Westen Sanktionen. Linde hat den Angaben nach
seinen Auftraggeber über den Stopp der Arbeiten informiert.
Die Banken, die als Bürgen für das Geschäft aufgetreten waren, zogen
wegen der Sanktionen ebenfalls ihre Garantien zurück. Neben der
Deutschen Bank und Unicredit wurden vor dem Schiedsgericht in St.
Petersburg auch die Commerzbank, die Bayerische Landesbank und die
Landesbank Baden-Württemberg verklagt. Im Gegensatz zu Unicredit
waren die Unternehmen aber nicht mit größeren Filialen in Russland
aktiv. Deutsche Unternehmen haben durch die Sanktionen Milliarden an
Investitionen in Russland verloren./bal/DP/he