ROUNDUP: Vermieter verklagt - BGH prüft Verrechnung von Mietschäden und Kaution
KARLSRUHE (dpa-AFX) - Wann darf ein Vermieter Schadenersatz für Beschädigungen an einer Wohnung mit der Kautionsrückzahlung der Vermieter verrechnen? Mit dieser Frage hat sich am Mittwoch der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe beschäftigt. Im Fokus stand dabei die Diskussion um die Anwendung einer Ausnahmeregelung, nach der Vermieter unter bestimmten Bedingungen auch nach der Verjährungsfrist von sechs Monaten Schadenersatz einfordern können. Ein Urteil will das höchste deutsche Zivilgericht am 10. Juli verkünden.
In dem konkreten Fall hatte eine Mieterin geklagt, weil ihr Vermieter ihre Mietkaution nach ihrem Auszug einbehalten hatte. Er begründete dies damit, dass er die Kaution mit Schadenersatzforderungen für Schäden an der Wohnung verrechne. Da der Vermieter erst mehr als ein halbes Jahr nach Auszug der Mieterin abrechnete, sind seine Ansprüche nach Ansicht der Mieterin aber bereits verjährt. Sie klagte - und bekam in den Vorinstanzen recht.
Kaution sorgt häufiger für Streit
Generell dürfen Vermieter die Kaution ihrer Mieter unter verschiedenen Umständen einbehalten. "Das kann eine Mietforderung sein, die offen geblieben ist, oder Nachzahlungen von Betriebskosten", sagte Rechtsanwältin und Mietrechts-Expertin Beate Heilmann der Deutschen Presse-Agentur. Auch für unterlassene Schönheitsreparaturen könne das Geld einbehalten werden - vorausgesetzt, diese wurden im Mietvertrag entsprechend vereinbart. "Und dann gibt es Ansprüche des Vermieters wegen einer Beschädigung des Mietobjektes, wie sie auch in dem BGH-Verfahren eine Rolle spielen".
Solche Ansprüche auf Schadenersatz sorgen zwischen Mieter und Vermieter öfter mal für Streit, so Heilmann, die beim Deutschen Anwaltverein Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien ist. Für Vermieter sei es attraktiv, die streitigen Ansprüche mit der Kaution zu verrechnen, da es dann am Mieter liege, auf Rückzahlung zu klagen - so wie in dem Fall, mit dem sich der BGH nun beschäftigt. Dabei spielt auch die Verjährung der Ansprüche eine entscheidende Rolle.
Ansprüche verjähren nach sechs Monaten
Denn nach Rückgabe einer Wohnung haben Vermieter in der Regel sechs Monate Zeit, um von ihren ehemaligen Mietern Schadenersatz für eine Beschädigung einzufordern. "Wenn die Frist nicht eingehalten wurde, sind diese Ansprüche weg", erklärte Heilmann. Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht aber eine Ausnahme für die Verjährungsfrist vor. Demnach ist eine Aufrechnung auch nach Ablauf der sechs Monate möglich, wenn der Anspruch zu dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals hätte aufgerechnet werden können.
Bedingung für die Aufrechnung ist aber unter anderem, dass es sich um zwei "gleichartige" Forderungen handelt - also im Falle der Barkaution "Cash gegen Cash". Zu der Frage, ob diese Gleichartigkeit in dem vorliegenden Fall gegeben war, haben die beiden Seiten von Mieterin und Vermieter unterschiedliche Auffassungen.
Denn Vermieter dürfen bei Schadenersatz wegen Beschädigungen an der Mietsache wählen, ob sie dem Mieter die Chance geben, den ursprünglichen Zustand der Wohnung selbst wiederherzustellen - eine sogenannte Naturalrestitution - oder einen Geldersatz einfordern. Nur der Geldersatz könnte aber gegen die Barkaution aufgerechnet werden.
Vermieter bezieht sich auf Ausnahmeregelung
Die Rechtsanwältin des Vermieters sieht dessen Aufrechnung durch die Ausnahmeregelung gedeckt. Die Aufrechnungserklärung samt Ersetzungsbefugnis - also der Übergang von Naturalrestitution zur Geldzahlung - hätte demnach vor der Verjährung erklärt werden können und müsse daher auch nach der Verjährung möglich sein. Die Gegenseite ist wie schon das Berufungsgericht der Meinung, der Vermieter hätte innerhalb der Verjährungsfrist seine Absicht, den Schadenersatz als Geldersatz aufzurechnen, erklären müssen.
Auch der achte Zivilsenat erklärte am Mittwoch, dass die bisherige Rechtssprechung darauf hindeute, dass das Vorliegen einer gültigen Aufrechnungslage - samt Gleichartigkeit der Forderungen - bereits vor der Verjährungsfrist nötig sei. Der Fall werfe aber eine Vielzahl interessanter Rechtsfragen auf./jml/DP/nas
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