ROUNDUP 3: Gericht erklärt EU-Genehmigung deutscher Condor-Hilfen für nichtig
(Neu: Reaktion Ryanair und EU-Kommission 7. Absatz)
LUXEMBURG (dpa-AFX) - Das Gericht der Europäischen Union hat die Genehmigung der millionenschweren deutschen Hilfen für den Ferienflieger Condor für nichtig erklärt. Die EU-Kommission hätte ein förmliches Prüfverfahren einleiten müssen, entschieden die Richter am Mittwoch in Luxemburg. Der deutsche Staat hatte die Condor 2019 mit einem Kredit der Förderbank KfW gerettet, nachdem der damalige Mutterkonzern Thomas Cook in die Pleite gerutscht war.
Die Brüsseler Behörde habe nicht ausreichend geprüft, ob Deutschland durch die Beihilfe ein angemessener Anteil am künftigen Wertgewinn von Condor zugesichert werde, befanden die Richter. Das wäre aber erforderlich gewesen.
Dass das Gericht die Genehmigung gekippt hat, heißt nicht zwangsläufig, dass die Gesellschaft das Geld sofort zurückzahlen muss. Zum einen kann gegen das Urteil noch vor dem höchsten europäischen Gericht, dem EuGH, vorgegangen werden. Außerdem könnte die EU-Kommission unter bestimmten Umständen einen neuen Beschluss erlassen.
"Das Urteil hat keine Auswirkungen auf die Geschäftslage und den Flugbetrieb von Condor", sagte eine Sprecherin des Unternehmens in Frankfurt. Die Kommission müsse nun die vom Gericht verlangte vertiefte Prüfung der Beihilfe nachholen. Bei der Beihilfe sei es um Darlehen gegangen, um den Flugbetrieb von Condor auch nach der Insolvenz des früheren Mutterkonzerns Thomas Cook fortzusetzen. Für den Ferienflieger habe stets eine positive Fortführungsprognose bestanden.
Mit Hilfe des 2021 eingestiegenen Finanzinvestors und Mehrheitseigners Attestor modernisiert Condor aktuell die Flotte. Die Rückzahlung der Staatshilfen verlaufe nach Plan, betonte die Sprecherin, ohne auf Details einzugehen. Laut früheren Äußerungen soll die vollständige Übernahme durch Attestor spätestens 2026 erfolgen. Zunächst ist noch der deutsche Staat mit der Treuhandgesellschaft "SG Luftfahrtgesellschaft" an Bord.
Mit einer sogenannten Umstrukturierungsbeihilfe wollte Deutschland
die Fluggesellschaft in Form von zwei Abschreibungen in Höhe von 90
und 20,2 Millionen Euro unterstützen, die Teil des im Oktober 2019
gestarteten Restrukturierungsplans von 321,2 Millionen Euro waren.
Die EU-Kommission, die als oberste Wettbewerbshüterin darauf achtet,
dass Unternehmen durch Staatshilfen keine unfairen Vorteile
bekommen, hatte das Vorhaben 2021 genehmigt. Dagegen wehrte sich die
irische Fluggesellschaft Ryanair
Die Richter gaben dem Antrag von Ryanair nun statt - allerdings nur in Bezug auf eine Verletzung der Verfahrensrechte im Rahmen des erforderlichen Prüfverfahrens. Die Richter stellten klar, dass Ryanair die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Beschlusses nicht beanstanden konnte. Denn die irische Airline habe nicht nachgewiesen, dass ihre wettbewerbliche Stellung durch die fragliche Beihilfe spürbar beeinträchtigt werden könne und dass sie vom Beschluss der Kommission individuell betroffen sei. Ryanair begrüßte das Urteil: "Das Eingreifen des EU-Gerichts ist ein Triumph für den fairen Wettbewerb und die Verbraucher in der gesamten EU", teilte ein Ryanair-Sprecher mit. Die EU-Kommission betonte, sie werde das Urteil sorgfältig prüfen und über mögliche nächste Schritte nachdenken.
Condor wurde in einem Schutzschirmverfahren saniert, und Anfang 2020 stand mit der LOT-Mutter PGL ein Investor bereit. Doch unmittelbar nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie sprangen die Polen ab - und der deutsche Ferienflieger benötigte erneut staatliche Hilfe. Condor wandte anschließend die drohende Insolvenz ab und verließ zum 1. Dezember 2020 das Schutzschirmverfahren. 2021 fand sich dann ein neuer Investor.
Es ist nicht das erste Mal, dass Beihilfen für Condor vor europäischen Gerichten Thema sind. Ein früherer Beschluss der EU-Kommission zu Corona-Beihilfen Deutschlands für Condor wurde zunächst durch eine Ryanair-Klage zu Fall gebracht. Daraufhin genehmigte die Brüsseler Behörde 2021 die Corona-Hilfen erneut - und mit ihnen auch die Umstrukturierungsbeihilfe, um die es nun ging. Eine weitere Klage Ryanairs gegen ein 380 Millionen Euro schweres Rettungsdarlehen für Condor nach der Cook-Insolvenz wurde vom Gericht der EU jedoch abgewiesen.
Der Fall Condor ist einer von vielen, in denen Ryanair gegen
staatliche Beihilfen für Konkurrenten vorgeht. Bisher hatte die
irische Airline in einigen Fällen Erfolg, in anderen aber nicht.
Condor und Ryanair hatten auch schon im vergangenen Jahr zusammen
erfolgreich gegen die deutsche Corona-Finanzspritze für die
Lufthansa
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AXC0274 2024-05-08/14:08
Relevante Links: Deutsche Lufthansa AG, Ryanair Holdings plc