Haas: Tu felix Austria
Es hat auch Vorteile, nicht immer bei den ersten dabei zu sein. Während die meisten Unternehmen an den internationalen Märkten ihre Quartalszahlen bereits vor einigen Wochen vorgelegt haben, kam die Berichtsaison in Österreich erst so richtig in die Gänge. Dadurch müssen wir uns nicht damit beschäftigen, ob Donald Trump Amerika doch den Geldhahn zudreht oder welcher diplomatische Zwist gerade zwischen zwei Staaten herrscht. Diese Woche hatten wir den Luxus, all dies auszublenden und uns mit Firmen zu beschäftigen, die uns einen besseren Einblick in das Wirtschaftsgefüge geben können, als jeder Trump-Tweet.
Als gutes Beispiel dient uns hier der heimische Ölzulieferer SBO. Nach einigen schwierigen Jahren konnte die Firma diese Woche überraschend gute Quartalszahlen vorlegen. Auch wenn die weitere Entwicklung volatil bleiben dürfte, sollten die Krisenzeiten vorbei sein. Das Schöne bei jedem SBO-Bericht ist jedoch der Einblick in den Ölmarkt, den man bekommt. Natürlich muss man alle Aussagen mit der üblichen Skepsis betrachten, die Firma hat jedoch aufgrund ihrer Marktposition einen guten Einblick in die aktuellen Vorgänge des Ölmarktes.
Die Kernaussage dürfte uns als Konsumenten freuen: Kurzfristig sollte sich nichts am Marktgefüge ändern. Während die OPEC versucht durch ihre Outputkürzungen die Preise nach oben zu hieven (immerhin soll bald die größte Ölfirma der Welt an die Börse gebracht werden, da können höhere Preise nicht schaden) wird in Nordamerika gebohrt was das Zeug hält.
Das hat allerdings nichts mit irgendwelchen Erleichterungen zu tun, die Präsident Trump „seiner“ Industrie versprochen hat, sondern mit simplen ökonomischen Realitäten. Durch technologische Neuerungen wurden die Produktionskosten in den letzten Jahren deutlich gesenkt, sodass auch bei einem Ölpreis unter USD50/Barrel Geld verdient werden kann. Die Katze beißt sich jedoch selbst in den Schwanz: Höhere Förderung bedeutet mehr Angebot, was wiederum auf den Preisen lastet. Dadurch scheint der Ölpreis im Moment in einer recht engen Spanne gefangen zu sein. Unter USD 35-40/Barrel zahlt sich die Produktion kaum aus für die meisten Produzenten in Amerika, während ein Preis über USD50/Barrel zu einem Überangebot an Öl führt.
Diese Zwickmühle sollte sich jedoch in einigen Jahren von selbst auflösen, denn durch den niedrigen Ölpreis werden langfristige, teure Projekte immer weiter nach hinten geschoben. Da solche Projekte normalerweise 3-5 Jahre brauchen um „aktiv“ zu werden, dürften wir das aktuelle Ausbleiben neuer Kapazitäten erst in 1-2 Jahren spüren. Dass es dann allerdings recht schnell gehen kann, was die Ölpreise betrifft, hat die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt…
Recht schnell ging es diese Woche auch bei Porr und zwar südwärts, nachdem die Firma eine Gewinnwarnung veröffentlichte. Anscheinend dürfte es schwierig sein, in einem boykottierten Land eine Großbaustelle zu betreiben, wenn man aus dem näheren Ausland weder Material noch Personal bekommt. Wer hätte das gedacht? Dazu kamen noch höhere Kosten für die Integration der jüngst erworbenen Firmen in Deutschland, was die Aktie endgültig in Richtung Süden schickte. Aber immerhin produziert die Firma seit kurzem Honig auf unbenutzten Grundstücken, vielleicht können sie davon den Aktionären ja in Zukunft ein bisschen schicken?
Mit einem Minus von knapp 13,6% im Wochenverlauf war die Firma allerdings nur der zweitschlechteste Performer an der heimischen Börse diese Woche. Am schlimmsten erwischte es Do&Co mit einem Verlust von knapp 24,2% (!) im Wochenverlauf. Zwar waren die berichteten Quartalsergebnisse wenig prickelnd, ein Großteil der Investoren dürfte jedoch das Türkei-Engagement der Firma kritisch sehen, das rund ein Drittel der Umsätze ausmacht. Aktuell ist die Firma der größte Zulieferer am Istanbuler Flughafen. Dieser soll jedoch im nächsten Jahr durch einen Neubau ersetzt werden (immerhin der größte Flughafen der Welt mit einer Kapazität von 160Mio. Passagieren, knapp dem doppelten von London Heathrow), wodurch der Vertrag neu ausgeschrieben wird.
An sich keine neue Entwicklung, immerhin hat die Firma diese Tatsache bereits seit über einem Jahr kommuniziert. Einige Investoren dürften jedoch diese Woche endgültig die Nerven verloren haben, obwohl das Ergebnis der Verhandlungen noch gar nicht feststeht. Das gemeinsame Joint Venture mit Do & Co wird von Turkish Airlines in beinahe jedem Geschäftsbericht lobend hervorgestrichen, allzu unzufrieden dürfte die Firma also mit der Leistung nicht sein. Die Entscheidung hat zwar einen recht binären Charakter, nach dem Rückgang der letzten Woche wurde allerdings einiges an „Risiko“ aus der Aktie genommen. Langfristig wird jedoch vor allem die Tatsache entscheidend sein, ob die Firma ihre hohe Qualität weiterhin halten kann. Davon kann sich allerdings jeder selbst bei seinem lokalen Henry und Demel überzeugen. Mahlzeit!
Aktuelle Investmentstrategie
Tendenziell betrachten wir das aktuelle Marktumfeld als weiterhin vorteilhaft für zyklische Assets und sind in unseren Produkten deshalb –wo möglich- auch dementsprechend ausgerichtet. Aktien gefallen uns bewertungstechnisch deutlich besser als Anleihen, wir glauben auch nicht an eine unmittelbar bevorstehende globale Rezession, haben jedoch nach der exzellenten Performance seit Jahresbeginn in den letzten Wochen an mancher Stelle Gewinne mitgenommen. Auf der Equity-Seite sind wir – verglichen mit dem MSCI World – in Europa übergewichtet, in Nordamerika vergleichsweise klar unterinvestiert. In Japan sind wir neutral positioniert, in Schwellenländern wie Indien und China selektiv investiert. Auf der Bond-Seite gefallen uns flexible „Total Return“-Produkte, die sich auf dynamische Art und Weise verschiedensten Marktgegebenheiten anpassen können, am besten. In klassischen Staatsanleihen von Industrienationen sind wir hingegen schon seit längerer Zeit deutlich untergewichtet, das Risk-/Returnprofil erscheint uns hier nur äußerst begrenzt attraktiv. Wenn wir in diesem Marktsegment investiert sein müssen, dann bevorzugen wir inflationsindexierte Bonds, diese erscheinen uns vor dem Szenario einer potentiell steigenden Inflation auf relativer Basis noch einigermaßen attraktiv.
Relevante Links: Atrium European Real Estate Limited