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'Die Dividenden werden genauso wie die Gewinne unter Druck kommen'

Fonds Express: Wie sehen Sie den gegenwärtigen Status quo der Wiener Börse in der laufenden Finanzkrise? Wurde unser Heimmarkt stärker abgestraft als andere Märkte? Michael Fraikin: Wien wurde stärker abgestraft als andere Märkte - was aber angebracht erscheint. Eine hohe Quote an Finanzwerten und Grundstoff- bzw. Industriewerten und eine unterdurchschnittliche Gewichtung in eher defensiven Branchen haben den Markt überdurchschnittlich fallen lassen. Das besondere Osteuropa-Exposure hat da natürlich zusätzlich belastet.

Wie sieht man heute als Fondsmanager die CEE-Orientierung vieler heimischer Börsenotierter - ist das eher eine Last oder noch immer eine Chance?
Es ist eine Last, die aber wieder zur Chance wird, wenn die Konjunktur dreht. Ohne Osteuropa wären die Perspektiven des Wiener Marktes langfristig deutlich schlechter.

Ist die Aktie als Veranlagungsinstrument durch die Krise in Verruf gekommen, oder
nach wie vor anerkannt?
Natürlich ist die Aktie bei vielen in Verruf geraten. Über die letzten zehn Jahre wurde mit Aktien weltweit wenig verdient. Allerdings sind in der Vergangenheit auf solche Phasen wieder überdurchschnittliche gefolgt. Langfristig ist die Beteiligung der Menschen an den Unternehmen unverzichtbar. In einigen Jahren wird man darüber wieder positiver urteilen.

Auf welche Branchen/Werte/ Themen sollten Anleger, die unbedingt speziell in Austro-Aktien veranlagen wollen, derzeit setzen?
Wir würden eher auf den breiten Markt als auf enge Themen setzen. Die Unsicherheit ist viel zu gross, als dass man sich allzu sehr fokussieren sollte. Insgesamt würden wir Unternehmen bevorzugen, die sich besser als ihre jeweiligen Branchen entwickeln.

Was sind momentan die Top-Positionen im Austrian Equity Trust und mit welcher Investmentidee?
Einzelwerte möchten wir nicht kommentieren, da das als Empfehlung missverstanden werden könnte.
(Anm.: Die Top 5 im "Austrian Equity Trust" laut offizieller Aufstellung per Ultimo Jänner 2009 waren: OMV (8,19 %), Post (6,93 %), Verbund (6,66 %), Uniqa (5,74 %) und Telekom Austria (5,65 %).

Wie ist der von Ihnen gemanagte Fonds derzeit strategisch ausgerichtet? Hat es seit Einsetzen der Finanzkrise eine Reduzierung der Aktienquote gegeben?
Wir haben zur Zeit einen kleinen Teil des Portfolios abgesichert und hatten im Laufe des letzten Jahres auch mehr als zehn Prozent des Portfolios über Futures abgesichert, weil unsere Marktmeinung zeitweise negativ war.

Manche Experten empfehlen derzeit bei Aktien vorrangig Dividenden-Papiere, weil sie die rein rechnerisch schönen DPS-Werte sehen. Ist dieses Szenario in einer Wirtschaftskrise nach wie vor aufrecht. Wie stark werden die Dividenden in deren Folge hierzulande sinken?
Die Dividenden werden genauso wie die Gewinne unter Druck kommen und auch bleiben. Vorsicht ist hier sehr wohl angebracht.

Was halten Sie von den derzeitigen Gewinnschätzungen der Unternehmen? Wird es da noch viele negative Überraschungen geben?
Die veröffentlichten Gewinnerwartungen sind noch zu hoch. Das weiss aber auch jeder. Daher: negative Gewinnrevisionen, sicher - Überraschungen in der Breite, nicht unbedingt.

Welchen Stellenwert sollten für Anleger aus Österreich heimische Investments denn haben?
Heimische Aktien sollten durchaus eine Rolle spielen - aber nicht ausschliesslich. Wir würden für den heimischen Markt auch ordentliches Potenzial erwarten - aber er sollte nur einen Teil der Aktienquote ausmachen, zumal der Markt von wenigen grossen Titeln dominiert wird.

Wie hat sich der von ihnen gemanagte Österreich-Aktienfonds im Vorjahr volumensmässig entwickelt und was erwarten sie für heuer?
Der Fonds ist im vergangenen Jahr natürlich geschrumpft, was angesichts der Krise aber nicht verwundert und war per 31. Januar gut vier Millionen Euro schwer. In Anbetracht der sehr ordentlichen langfristigen relativen Performance sollte der Fonds allerdings von einer Erholung am Markt und bei der Anlegerstimmung profitieren können.

Interview: Peter R. Nestler

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