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Lohrke: Blanker Unsinn

Sehr geehrter Anleger,

fernsehwirksam ist der ehemalige Zukunftsminister im Kabinett Helmut Kohls und heutiger Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens Jürgen Rüttgers in der besten Sendezeit in den Nachrichten zu sehen. Mit scharfem Ton weist er das Ansinnen von General Motors vollmundig zurück Werksschließungen in Deutschland und anderen europäischen Staaten vorzunehmen. „Jeder Manager sollte wissen, dass er nicht einfach in Amerika Entscheidungen treffen kann, die dann in Deutschland, Europa und Nordrhein-Westfalen geschluckt werden müssen“. Im Hintergrund sieht man weit und breit keinen Vertreter von General Motors. Und ob der Ministerpräsident den CEO von General Motors Herrn Wagoner zu Gesicht bekommt, ist fraglich.

Der hatte gestern nämlich wirklich anderes zu tun, als sich mit Herrn Rüttgers bei einem Kaffeekränzchen über die deutsche Opel GmbH zu unterhalten. Während sich nämlich Rüttgers um eine Tochter von General Motors Gedanken macht, beschäftigt sich Herr Wagoner derzeit mit der Gretchenfrage, ob General Motors Chapter 11 in Anspruch nehmen muss oder nicht. Denn allein im vierten Quartal 2008 fiel der Absatz um -26 %. 13,4 Mrd. Dollar hat GM bereits vom amerikanischen Staat erhalten. Und weitere 21,6 Mrd. Dollar fordert er zusammen mit der Chrysler LLC jetzt von der neuen amerikanischen Regierung. Das ist zusammen beinahe das gesamte Rettungspaket der deutschen Bundesregierung. Dabei wird er nicht müde darauf hinzuweisen, dass eine Insolvenz dem amerikanischen Steuerzahler bis zu 100 Mrd. Dollar kosten könnte.

Ich möchte Herrn Rüttgers in seinem missionarischen Eifer nicht zu nahe treten, aber diese Liga ist für ihn schlichtweg eine Nummer zu groß. Vor allem, wenn man weiß, dass die FDP eine Beteiligung an der Opel Tochter bereits abgelehnt hat. Und zwar ziemlich drastisch. „Dann könnten wir ja gleich den VEB Automobil gründen“, war die allzu verständliche Aussage von FDP Generalsekretär Chrisian Lindner. Dennoch ist eine Kreditbürgschaft von 1,8 Mrd. Euro im Gespräch.

A propos VEB Automobil. Da gibt es ja noch Daimler, die ebenfalls unter den US-Autobauer-Flaute leiden. Genauer unter der Chrysler LLC. Die hat nämlich das Ergebnis von Daimler ordentlich verhagelt. -3,2 Mrd. Euro Abschreibungen waren aufgrund der Cerberus Beteiligung notwendig geworden. Dass sich Finanzvorstand Bodo Uebber zuversichtlich zeigt, dass er die 20 % jetzt zur Unzeit an Cerberus verkaufen kann, lässt aufhorchen. Da wird er für das mit 0,00 Euro in den Büchern stehende Engagement noch deutlich was drauflegen müssen, damit Cerberus, diese Beteiligung zurücknimmt. Insofern wundert es nicht, dass er gestern „trotz Hoffnungswerten erhebliche Ergebnisbelastungen“ angekündigt hat. Das kann passieren, wenn man mit „Höllenhunden“ Geschäfte macht.