Franz Jurkowitsch: Wir können die Immobilien ja nicht wegtragen
Vom perfekten Sturm sprach etwa kürzlich Immobilienentwickler UBM beim Blick aufs eigene Geschäft/Umfeld. Natürlich ist Bau weit mehr als Hochbau, bei Porr spricht man aber vom brummenden Motor. Wo reiht sich da die Warimpex ein? „Wir sind ein Entwickler, der für sich selbst entwickelt”, fasst Warimpex-CEO Franz Jurkowitsch den Unterschied etwa zur UBM zusammen. Zinsanstieg, Inflation und der beinahe implodierte Immobilientransaktionsmarkt begleiten natürlich auch die Warimpex. Hier ist aber an sich erst gar nicht das Ziel, Entwicklungsprojekte noch während der Entwicklungsphase zu versilbern. Und da die für Immobilien zu zahlende Preise dem Warimpex-Vorstand schon länger recht hoch erschienen, wurden zuletzt auch vor allem Grundstücke erworben, auf denen Entwicklungsprojekte stattfinden sollen. Das dann aber auch rein mit den Herstellungskosten ohne Aufschlag durch den Verkäufer.
Die Inflation per se ist für Warimpex kaum ein Problem: Büromietverträge sind allesamt indexgebunden abgeschlossen (Jurkowitsch erwartet für die Branche ganz allgemein, dass man hier aber wieder zu früheren Vereinbarungen zurückkehren wird, bei denen nicht 100 sondern nur etwa 75% der Inflation über die Miete weitergeben werden). Im Hotelbereich konnten die Zimmerpreise dank der nach Corona zurückgekehrten Reiselust sogar teils über der Inflationsrate angehoben werden, dort spielen Energie- und Personalkosten aber auch eine größere Rolle als etwa bei Büroimmobilien, womit „die Inflation sicher kein großes Geschäft war, aber eben auch kein großes Problem.”
Auch mit den höheren Zinsen hat Warimpex keine Probleme, sind doch etwa 80 Prozent der Verbindlichkeiten mit einer fixen Verzinsung ausgestattet – der Zinsanstieg wird sich somit erst mit der Zeit in der Bilanz zeigen. Das größere Problem für die Branche ist aus Jurkowitsch’ Sicht aber ohnehin nicht der Zinsanstieg per se, sondern die damit einhergehende Kapitalisierungsrate von Immobilien: steigt diese, sinkt in der Folge automatisch der Wert der Immobilie - somit sind die Neubewertungsergebnisse der Branche in den letzten Quartalen auch zumeist tiefrot. Das ist zwar an sich ein unbarer Effekt, der aber schnell zu einem baren werden kann, wenn man verkaufen muss... „Ich denke es ist über die nächsten ein, zwei Jahre noch besser Bestandshalter zu sein, als verkaufen zu müssen.”
Problematisch ist, dass sich kaum mehr Käufer am Markt finden. Und wenn, haben diese aus Furcht für weiteren Abwertungen eine noch tiefere Preisvorstellung als die Verkäufer, die auf die noch immer höheren Werte ihrer letzten Bilanz schauen. Im Wohnungsbereich etwa haben sich die entsprechenden Fonds mehr oder minder derzeit komplett zurückgezogen, womit ‘nur’ noch jene Interessenten am Markt sind, die für die Eigennutzung kaufen möchten. Und das ist nur in etwa ein Fünftel des vorherigen Marktes.
Ein besonderes Spannungsfeld attestiert Jurkowitsch Büroimmobilien. Auf der einen Seite die neue Realität des Home Office und gleichzeitig das Bestreben der Arbeitgeber, ihre Mitarbeiter trotzdem immer wieder ins Büro zu locken: das führt zu einer Kombination aus reduzierten Mietflächen und/oder zumindest dem Abgehen der bisherigen Praxis eines fixen Arbeitsplatzes hin zu einem flexiblen. Locken geht natürlich nur, wenn mehr als in früheren Büros geboten wird. Jurkowitsch baut hier auf den Community-Faktor. Unterstützt durch Küchen mit Lounge-Bereich, Aktivitätsangeboten wie Yoga und ähnliches mehr. Womit das starre Büro von früher mehr und mehr von Flex- oder Co-Working-Offices abgelöst wird. Mit seiner Erfahrung im Hotelbereich glaubt sich Warimpex mit dem notwendigen Know-how ausgestattet (natürlich sind Flex-oder Co-Working-Flächen für den Vermieter mit einem höheren Aufwand verbunden, als wenn etwa ein Großkonzern gleich ein ganzes Gebäude oder mehrere Etagen darin fix auf beispielsweise zehn Jahre nimmt). Mit den Erfahrungen aus dem Hotelgeschäft sieht Jurkowitsch darin aber auch Positives: etwa dass das Klumpenrisiko entfällt, wenn der 10-Jahresmieter danach nicht verlängern will. Und dass das Büro dann zumeist in einem Zustand ist, der eine Komplettrenovierung nach sich zieht. Im Flex-Bereich wird hingegen ähnlich wie bei Hotels durchgehend ‘saniert’ - „Im einem guten Hotel sollte man die Teppiche im öffentlichen Bereich nach drei Jahren austauschen”.
Büros machen bei Warimpex etwa drei Viertel des Umsatzes aus – wobei der Anteil durch Neuentwicklungen Richtung 90 Prozent steigen dürfte. Der Rest sind Hotels.
Apropos Neuentwicklungen. 125.000 m2 an Büroflächen besitzt Warimpex heute - aktuelle Projektentwicklungen könnten dies um 105.000 m2 erhöhen. Wofür im Bericht zum 3. Quartal eine Cash-Position von 9 Millionen Euro aufscheint. Auch mit den mittlerweile höheren Eigenmittelerfordernissen im Falle von Bankkrediten sollte sich damit ein 50-Millionen-Euro-Projekt ausgehen. Außerdem überlegt Jurkowitsch in einzelnen Projekten Partner mit an Bord zu holen. Beim Objekt Chopin in Polen könnte das bereits der Fall sein: eine Kombination aus Office und Co-Living. Gewerbliches Wohnen ist für Jurkowitsch ein derart interessanter Bereich, dass dieser auf weitere Standorte ausgedehnt werden soll.
Strategisch soll der Development-Teil im Verhältnis zum Bestand kleiner werden, „womit ich Risiko aus dem Geschäft nehme”, begründet das Jurkowitsch. Zumindest bis dahin wird sich Warimpex auch nicht großartig als Dividendezahler etablieren - „wir wollen lieber die Substanz weiter ausbauen, was ja auch im Interesse der Anleger ist.”
Natürlich kein Gespräch derzeit mit/über Warimpex, ohne das Thema Russland, wo knapp die Hälfte der Assets liegen: „Wir können die Immobilien ja nicht wegtragen”. Mit Blick auf die Bewertung der Aktie - diese notiert einiges unter der Hälfte des Buchwerts - könnte das so interpretiert werden, als ob die Börse mit einem Komplett-Verlust dieser Assets für Warimpex rechnet. Nur gesetzt den Fall – wäre das operativ für den Rest lebensbedrohlich? „Sicher nicht”, sagt Jurkowitsch dazu. Summa summarum stellt sich die Situation derzeit so dar, dass die russische Einheit autonom agieren kann. In den Warimpex-Zahlen fließt das dortige Geschäft zwar ein, auf die dortigen Gewinne kann man aber nur sehr bedingt zugreifen (russische Kapitalverkehrskontrollen erlauben die Überweisung von 100.000 Euro pro Monat und Gesellschaft). Die dadurch entstehende überschüssige (lokale) Liquidität wird dafür genutzt, vorhandene Kredite rascher rückzuzahlen.
Börsenotiz ja oder nein, diese Frage stellt sich für Jurkowitsch nicht. Hier gilt für ihn die damit verbundene Transparenz als der Pluspunkt Anlegern gegenüber. Ähnlich würde Jurkowitsch Anleger versuchen, Warimpex nahe zu bringen: „Wir sagen transparent was wir machen, die Einschätzung dazu muss dann jeder für sich treffen.”
Apropos jeder für sich treffen: Jurkowitsch ist seit mehr als 37 Jahren CEO der Warimpex - was wäre sein Rat an eine künftige Nachfolge? „Die Flexibilität halten” Denn die Märkte gehen nie immer nur in eine Richtung.
Aus dem Börse Express PDF vom 11.01.2024
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