ROUNDUP: Ärger beim Bahnfahren und Fliegen - Zahl der Schlichtungsfälle steigt
BERLIN (dpa-AFX) - Nicht immer läuft auf Reisen alles glatt - beim Streit um Erstattung können sich Passagiere und Fahrgäste an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) wenden. Rund 39 700 Betroffene haben das im vergangenen Jahr getan, wie die SÖP am Dienstag mitteilte. Damit gingen bei der Stelle knapp ein Drittel mehr Anträge ein als im Jahr davor - und fast so viele wie im bisherigen Rekordjahr 2020 mit damals mehr als 41 000 Beschwerden. In diesem Jahr könnte sich die Zahl der Fälle auf hohem Niveau einpendeln.
Die meisten Anträge betrafen den Flugverkehr
Ein Großteil der Anträge, rund 84 Prozent, bezog sich wie üblich auf den Luftverkehr. Hier ging es laut SÖP vor allem um annullierte oder nicht angetretene Reisen, um Flugverspätungen oder um verlorene, verspätete oder beschädigte Gepäckstücke. Rund 14 Prozent aller Schlichtungsanträge bezogen sich wiederum auf die Bahn. Hier drehten sich die Konflikte vor allem um Zugausfälle und Verspätungen. "Neu hinzu kamen Schlichtungsanträge im Kontext des Deutschlandtickets", teilte die SÖP weiter mit.
Ausschlaggebend für den deutlichen Anstieg im vergangenen Jahr waren der SÖP zufolge vor allem die chaotischen Zustände an deutschen Flughäfen im Jahr 2022. Vor allem personelle Engpässe führten im damaligen Sommer angesichts des wieder anziehenden Passagierverkehrs zu zahlreichen Flugausfällen und Verspätungen.
Diese Probleme machten sich bei der Schlichtungsstelle auch im ersten Halbjahr 2023 bemerkbar, weil es in der Regel einige Wochen dauert, bis sich betroffene Reisende per Antrag melden. Vor allem in den Monaten bis einschließlich Juli gingen meist doppelt so viele Schlichtungsanträge bei der SÖP ein wie noch im Jahr davor. Auch in der zweiten Jahreshälfte blieben die Zahlen hoch, erreichten aber nicht mehr das Niveau des Vorjahreszeitraums.
Jede dritte Forderung sofort anerkannt
In rund 85 Prozent der Fälle konnte eine Einigung im Sinne der Reisenden erzielt werden. "Viele Unternehmen zeigten sich im vergangenen Jahr besonders kulant", hieß es. "Mehr als jede dritte Forderung wurde sofort anerkannt, so dass die Streitigkeiten häufig binnen weniger Wochen beigelegt werden konnten."
Auch bei der Bahn lief im vergangenen Jahr nicht alles rund. Auffällig ist, dass sich der Anteil der Anträge mit Bahnbezug bei der SÖP von 12 Prozent im Jahr 2022 auf 14 Prozent im vergangenen Jahr gesteigert hat. Umgerechnet hat sich die Zahl der Bahn-Streitfälle damit von rund 3600 auf mehr als 5500 erhöht. Die SÖP verweist auf neue Fälle aufgrund des Deutschlandtickets. Genauere Analysen dazu will sie im Jahresbericht Ende März veröffentlichen.
Schlechte Aussichten für 2024
Nicht nur im Regional-, sondern auch im Fernverkehr gab es viele Probleme. Allein im November kam fast jeder zweite Fernzug zu spät ans Ziel. Nahezu jeder dritte Fahrgast war von Verspätungen betroffen. Hauptgrund für die hohe Unzuverlässigkeit auf der Schiene ist der schlechte Zustand der Infrastruktur. Hinzu kamen 2023 insgesamt vier Warnstreiks aufgrund verschiedener Tarifauseinandersetzungen bei der Bahn.
So dürfte es auch in diesem Jahr weiter gehen. Zum einen geht der Tarifstreit mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer weiter. Und bis die Probleme auf der Infrastruktur behoben sind, dürfte es noch Jahre dauern. Dutzende vielbefahrene Korridore will die Bahn ab diesem Sommer generalsanieren. Los geht es dann auf der sogenannten Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim. Die Strecken sollen über Monate komplett gesperrt und dann rundum erneuert werden. Für die Fahrgäste wird es also zunächst stressiger, bevor es besser werden könnte.
Erstattungen bei der Bahn
Seit einigen Jahren können Fahrgäste bei Verspätungen die Erstattung eines Teils des Fahrpreises auch online beantragen. Ab einer Stunde Verspätung zahlt die Bahn ein Viertel des Preises zurück, ab zwei Stunden die Hälfte.
Immer wieder gibt es Forderungen, die Erstattungssumme zu erhöhen oder schon bei kürzeren Verspätungen die Fahrgäste zu entschädigen. "Es braucht jetzt eine Entschädigung, die für die Betroffenen auch wirklich einen gewissen Ausgleich darstellt und zugleich auch der Bahn wehtut und zu Besserem anspornt", sagte der CDU-Verkehrspolitiker Thomas Bareiß der "Rheinischen Post" am Dienstag. Die Bahn wiederum verteidigt die eigenen Regelungen als die großzügigsten aller Verkehrsmittel.
Viele Beschwerden auch in diesem Jahr
Die SÖP rechnet auch für dieses Jahr mit einem hohen Antragsaufkommen. "Wir gehen davon aus, 2024 mehr oder weniger so viele neue Schlichtungsanträge zu erhalten wie 2023", teilte die Stelle mit. Immer mehr Reisende nutzten die SÖP und der Fachkräftemangel sowie die Infrastrukturprobleme insbesondere bei der Bahn blieben eine Herausforderung.
Die SÖP kümmert sich seit 2010 um Probleme bei Flug-, Bus-, Bahn- und Schiffsreisen. Zum größten Teil geht es um eine Entschädigung bei Verspätungen oder Ausfällen von Flügen und Bahnfahrten. Rund 400 Verkehrsunternehmen beteiligen sich an dem Schlichtungsverfahren, das sie selbst finanzieren./maa/DP/mis
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