Vom Früchte ernten, dem großen Ganzen und dem Weg zur Resilienz (Podcast „Von Bullen & Bären” 58: Liane Hirner, CFROin Vienna Insurance Group)
Zum Jahresausklang hatten wir im Podcast Besuch vom größten Versicherer im CEE-Raum, inklusive Österreichs: der Vienna Insurance Group. Ein paar Zahlen dazu: 29.000 Mitarbeiter, 28 Millionen Kunden, ein Prämienvolumen von 12,6 Milliarden Euro (2022). Die Wurzeln reichen bis 1824 zurück, 1994 kam der Börsegang mit dem das Kapital für die Osteuropa-Expansion eingeholt wurde. Was ein für Anleger lukratives Investment war. Eine Anlage hat sich seit damals beinahe verdreifacht bzw. knapp sechs Prozent pro Jahr erzielt – die europäische Konkurrenz kommt auf etwas mehr als die Hälfte dieses Wertes. Da liegt auf der Hand, dass die VIG irgendetwas anders machen muss. Deutlich mehr Risiko dürfte es jedenfalls nicht sein, das der Konzern dafür in Kauf nimmt. Denn mit einem A+-Rating bei Standard & Poor’s ist man etwa im Wiener Aktienleitindex ATX das bestgeratete Unternehmen. Auch bei der Solvenzquote befindet man sich im europäischen Spitzenfeld.
Das Prämienvolumen verteilt sich ziemlich ausgewogen auf die Sparten Sach-, Leben- und KFZ-Versicherung mit je in etwa 30% Anteil. Die Krankenversicherung folgt mit weniger als 7 Prozent.
Dabei kommen die Prämieneinnahmen zu einem knappen Drittel aus Österreich, die Tschechische Republik folgt mit knapp 17 und Polen mit knapp 12 Prozent. Ungarn holte zuletzt durch die Übernahme des Aegon-Geschäfts auf.
Liane Hirner ist nicht nur für die Finanzen und das Risikomanagement (CFROin) verantwortlich, auch der Bereich Investor Relations fällt in ihren Aufgabenbereich. Was interessiert Institutionelle Anleger bei Roadshow-Treffen derzeit besonders? Beinahe naheliegend sind es die Themen Zinsen und Inflation und wie die VIG damit umgeht: der Inflation kann auf der Prämienseite (verzögerte) gegengesteuert werden, die höheren Zinsen freut Hirner auf Seite der Kapitalveranlagung. Eine Veranlagung, die deutlich konservativer ausfällt, als Hirner selbst privat veranlagt (ist auch VIG-Aktionärin). Aber im Versicherungsgeschäft müssen langfristige Versprechen - etwa aus Lebensversicherungen - passenden Investmentgegenstücken gegenüberstehen.
Auffälligster Unterschied zum Großteil der Konkurrenz ist sicher, dass die VIG eine Vielmarkenstrategie fährt: Donau und Wiener Städtische sind in Österreich gut verankerte Namen, in Summe gibt es im Konzern rund 50 Marken. Da stellt sich an die Finanzvorständin eigentlich die Frage, ob sie alle kennt. Und, ob man dabei nicht Geld einsparen könnte? Doch hier sieht Hirner den Vorteil der aktuellen Vielmarkenstrategie in Verbindung über einen Multikanalvertrieb, unterschiedliche Kundengruppen mit eben jeweils eigenen Marken ansprechen zu können („Wir werden als lokale Gesellschaft wahrgenommen”). Den „Kostennachteil” versucht man durch eine möglichst gute Vernetzung - mit einem eigenen Bereich auf Holding-Ebene - möglichst gering zu halten. Eine möglichst breite Diversifikation (Anm. über Märkte und Produkte) hält Hirner für absolut erstrebenswert und konstatiert: „Aus Risikosicht haben wir eine perfekte Mischung.”
Diversifikation ist für Hirner das Schlüsselwort zur Resilienz. Da stellt sich mit die Frage, wo denn die nächsten Wachstumsziele der VIG sind? Klares Ziel ist jedenfalls in den Kernmärkten jeweils zu den Top 3-Gesellschaften eines Landes zu zählen („eine gewisse Größe bedeutet economies of scales”). In Polen liegt man aktuell auf Platz 4 ... „wir haben in Polen in den nächsten Monaten viel vor”.
Wie bereitet sich die Risikovorständin auf das zunehmende Risiko von etwa Hochwasserereignissen vor? Wie konnte die Finanzvorständin der neuen Dividendenpolitik zustimmen? Dies und mehr im Podcast mit dem Fazit Hirners: „Wir ernten sicher die Früchte der Vergangenheit, wollen aber auch weiter expandieren”.
Mehr dazu gibt’s im Podcast hier - mehr zur VIG hier.
Relevante Links: Vienna Insurance Group AG