ROUNDUP/Aktien Frankfurt Schluss: EZB fährt der Dax-Rekordrally in die Parade
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) ist am
Donnerstag dem Dax auf seiner Rekordjagd in die Quere
gekommen. Anders als von der US-Notenbank Fed blieben klare Signale
für baldige Zinssenkungen von den europäischen Währungshütern aus.
Nach dem erstmaligen Sprung über die 17 000-Punkte-Marke hemmte dies
im Tagesverlauf die anfangs noch entfesselten Anleger.
Der deutsche Leitindex pendelte sich nach einem Spitzenanstieg um
1,4 Prozent noch knapp im Minus ein. Aus dem Handel ging er 0,08
Prozent tiefer bei 16 752,23 Punkten. In der Spitze war er bis auf
17 003 Punkte gestiegen und hatte seine Jahresendrally damit
zeitweise auf mehr als 16 Prozent ausgedehnt. Der MDax
dagegen legte am Donnerstag deutlich um 2,92 Prozent
auf 27 198,24 Punkte zu. Hier wurde Nachholbedarf ersichtlich, denn
er hat in diesem Jahr bislang deutlich weniger gewonnen als der Dax.
Die EZB ließ die Zinsen im Euroraum zum zweiten Mal in Folge
unverändert. Anders als von der Fed am Vorabend gaben die Europäer
aber nicht offen zu, in ihren Reihen über Zinssenkungen zu
diskutieren. Laut dem ING -Ökonomen Carsten Brzeski
hat die Präsidentin Christine Lagarde damit die aggressiven
Zinserwartungen zurückgedrängt. Am Markt hieß es, die Anleger
preisten für 2024 nun wieder eine Senkung des Eurozonen-Leitzinses
um weniger als 1,5 Prozentpunkte ein.
"Die heutige Sitzung markiert das Ende des aktuellen
Zinserhöhungszyklus. Sie zeigt aber auch, dass es noch ein langer
Weg ist, bis die EZB mit der Zinssenkung beginnt", zog der
ING-Experte Brzeski ein Fazit. Er erwähnte, dass die Währungshüter
wohl aus Fehlern in der Vergangenheit lernen und nun nicht
vorschnell umfangreiche Zinssenkungen in Aussicht stellten.
Das anfängliche Vorpreschen des Dax über die 17 000er Marke war noch
mit überraschend klaren Worten der Fed begründet worden. Nach deren
Aussagen zeichnen sich 2024 in den USA etwa drei Zinssenkungen ab.
Laut dem Marktbeobachter Andreas Lipkow richten sich die Blicke nun
auf den Verfall an den Terminbörsen. Dieser habe am Freitag das
Potenzial, noch einmal für Schwankungen an den internationalen
Finanzmärkten zu sorgen.
Auf Seiten der Einzelwerte blieb die Zinsfantasie vereinzelt
erhalten. Immobilienwerte zum Beispiel verteidigten hohe
Kursgewinne, weil die Finanzierungsbedingungen bei fallenden Zinsen
wieder günstiger werden. Dies mindert die Kosten und kann die
Nachfrage am Wohnungsmarkt wieder ankurbeln. Vonovia
etwa kletterten im Dax um 7,8 Prozent nach oben. Patrizia
im SDax gewannen sogar mehr als 16
Prozent an Wert.
Siemens Energy und Zalando toppten die
Rally im Dax allerdings noch mit einem Anstieg um jeweils mehr als
neun Prozent. Diese beiden Werte gehören 2023 bislang zu den drei
größten Verlierern im deutschen Leitindex. Auch sie werden generell
zu den stärker zinssensitiven Indexmitgliedern gezählt.
Dagegen belastete ein Bericht des "Spiegel" über den möglichen
Verkauf von Staatsanteilen zwei Dax-Werte: Die Titel der Telekom
büßten 3,6 Prozent ein und jene von DHL
verloren 1,1 Prozent. Laut dem Magazin will die
Bundesregierung mit den Verkäufen die Sanierung der Deutschen Bahn
finanzieren.
Im Fokus stand zudem einmal mehr der Antikörper-Spezialist Morphosys
. Dieses Mal drückte eine vermeldete Kapitalerhöhung
den zuletzt sprunghaft gestiegenen Kurs mit vier Prozent ins Minus.
Innerhalb der Branche erging es Evotec deutlich
besser: Eine Partnerschaft zwischen dem Wirkstoffforscher und der
Charité Berlin ließ den Kurs um fast elf Prozent anspringen.
Beim Motorenbauer Deutz kam es mit einem Anstieg um
8,1 Prozent sehr gut an, dass dieser einige Aktivitäten vom
Antriebssystem- und Großmotorenbauer Rolls Royce Power Systems
übernehmen will. Der Kaufpreis im höheren zweistelligen
Millionen-Euro-Bereich scheine ein Schnäppchen zu sein, sagte ein
Händler.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verbuchte
letztlich ein Plus von 0,2 Prozent. Auf Länderebene fielen zwei
Börsen positiv auf: Der Pariser Leitindex Cac stieg um 0,6 Prozent
und der Londoner FTSE 100 zog sogar um 1,3 Prozent
an. Dort stand auch der Zinsentscheid der lokalen Notenbank im
Fokus. In New York verbuchte der Dow Jones Industrial
seine nächste Bestmarke. Zuletzt legte er auch moderat um 0,3
Prozent zu.
Der Euro reagierte am Donnerstag positiv auf die
EZB-Entscheidung, indem er zuletzt exakt die Marke von 1,10
US-Dollar erreichte. Die EZB hatte den Referenzkurs zuvor deutlich
tiefer auf 1,0919 (Mittwoch: 1,0787) US-Dollar festgesetzt. Der
Dollar kostete damit 0,9158 Euro.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,24 Prozent am Vortag auf
2,08 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg im Gegenzug
um 0,84 Prozent auf 127,89 Punkte. Für den Bund-Future
ging es zuletzt knapp um 0,02 Prozent auf 136,36
Punkte nach oben./tih/men