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Flughafen Wien - Erstmals seit dem Börsegang schuldenfrei

 

Das fordert den Flughafen Wien zu deftigen Investitionen in Passagierservice, Klimaschutz und in spürbare CO2-Einsparungen durch Zumischung alternativer Treibstoffe heraus. Der internationale Spitzenrang soll gehalten und das Leben der Flugpassagiere erleichtert werden. Julian Jäger, technisches Vorstandsmitglied des Flughafen Wien, bezeichnet sein Unternehmen als „Mitglied der Champions League der Weltflughäfen“, besonders was die Pünktlichkeit der Flüge betrifft.

Um diesen Rang beizubehalten, sind aufwendige Investitionsvorhaben aktuell, um die sich der kaufmännische Vorstand Günther Ofner bemüht. Seine Pläne werden viel Geld verschlingen; es soll aus dem freien Cashflow finanziert werden, was bei der Schuldenfreiheit des Flughafen Wien leicht zu stemmen sein wird. Ofner kündet eine Reihe von aufwendigen Großinvestitionen an: „Die wichtigste ist aktuell die Süderweiterung des Terminals, ein Gebäude mit einer Nutzfläche von rund 70.000 Quadratmetern, das die Funktionen des jetzigen Terminals III ergänzen wird. Dort werden die Sicherheitskontrolle, mehrere Restaurants, Lounges, Geschäfts- und Aufenthaltsflächen und noch anderes untergebracht werden.“

20 Prozent Emissionseinsparung.

Ofner hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, den Wiener Flughafen - der nach jenem der irischen Hauptstadt Dublin den zweitbesten Rang in Europa besetzt - zum 5-Stern-Airport aufzurüsten. „Eine weitere wichtige Investition wird die Erreichung des Ziels der spürbaren Verringerung der CO2-Emissionen in der weltweiten Flugbranche sein. Bei uns wird das in erster Linie der Ausbau der Stromerzeugung aus Fotovoltaik für den Flughafenbetrieb sein. In einem nächsten Schritt wollen wir Wasserstoff als Treibstoff zu erzeugen versuchen. Daneben werden die neuen Investitionen vor allem in die Optimierung der Gebäude und deren Management fließen. Wir haben dazu eine eigene intelligente Software entwickelt, mit der wir die Energie- und Medienversorgung des Flughafens optimieren können, was allein rund 20 Prozent Effizienzsteigerung bringen wird, wenn man es richtig macht. Wir haben das gesamte Lichtsystem bereits auf LED umgestellt. Der nächste große Investitionsschritt ist die Implementierung von BIM (= building information modelling), weil es da bereits die Planung möglich macht, das gesamte Gebäude energieeffizienter zu planen sowie die Betriebsführung energieeffizienter, weil voll digitalisiert zu handhaben. Wir sind in diesem Bereich tatsächlich führend. Es handelt sich dabei um rund 150 Gebäude mit mehr als einer Million Quadratmetern bewohnter Fläche; da lohnt es sich, auf Effizienz zu achten.“ Die grundlegende Zielrichtung aller einschlägigen Bemühungen ist demnach, dass die Fliegerei - noch vor allen anderen Massenbeförderungssystemen - die erste durchgehend CO2-freie Mobilitätsform sein dürfte.

Bis zum Jahr 2050, sagen seriöse Prognosen, wird der Einsatz alternativer, nicht erdölbasierter Flugtreibstoffe dank der aktuellen Beimischungs-Verpflichtungen, um 70 Prozent zunehmen. Diese Beimischungen werden relativ kostengünstig vorzunehmen sein, denn anders als beim Straßen-, Bahn- oder Schiffsverkehr werden im Flugverkehr keine Wechsel der Motorenkonstruktionen, der Leitungs- oder Transportsysteme nötig sein. Dennoch räumt Ofner ein, dass die weltweite Bereitschaft zur schrittweisen Zumischung von nicht-erdölbasierten alternativen Flugtreibstoffen zum Jet-Fuel im Sinne der Senkung der CO2-Emissionen noch sehr löchrig ist. „Für den internationalen Luftverkehr gilt das Corsia-Abkommen; in diesem haben sich alle Airlines verpflichtet, dass sie nur noch CO2-frei wachsen werden. Dieses Abkommen deckelt demnach den Ausstoß schädlicher Emissionen, aber da dürfte Europa nicht allzu blauäugig sein. Jene Airlines, die dabei nicht mitmachen, würden sich einen unfairen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen gegenüber jenen, die sich an das Abkommen halten.“ Wie in vielen anderen Umweltfragen stellt sich auch hier die Frage: Wie kann man alle veranlassen, bei zukunftsrelevanten Maßnahmen mitzumachen?

Eine Folge der geplanten Großinvestitionen auf den Airports für den einzelnen Flugpassagier wird wahrscheinlich eine spürbare Verteuerung der Flugtickets sein, die erst im nächsten oder übernächsten Jahr durch die Etablierung von neuen kostengünstigen Großanlagen wieder rückläufig werden dürfte. Die generelle Botschaft in der Flugbranche ist, dass die große Zeit der Low-Cost-Carrier und deren Werbeaktionen mit Billigtickets endgültig vorbei ist. Tatsache ist aber auch, dass die durchschnittliche Auslastung der Flugzeuge kontinuierlich steigt und mittlerweile bei etwa 80 Prozent liegt; auch die Zahl der Flüge nimmt weiter zu. Es zeichnet sich zur Zeit noch keine Verschärfung des Wettbewerbs zwischen den Airlines ab, so dass es vorderhand noch keinen Anlass gibt, die Ticketpreise zu senken. Immerhin wird nach der Normalisierung des Weltflugverkehrs in der Zeit nach Corona bis zum Jahr 2050 neuerlich eine Verdoppelung bis Verdreifachung der Flugpassagierzahlen vorausgesagt, und die Zahl der Flughäfen dürfte, so Experten, im kommenden Vierteljahrhundert weltweit um 950 zunehmen.

Wachstumsquellen des Fliegens.

Auch der Wiener Flughafen werde sich von diesem Trend ein gutes Stück abschneiden können, hofft Ofner unter Verweis auf das günstige Einzugsgebiet des Standortes Wien-Schwechat, das sich von Österreich aus auf Tschechien, die Slowakei und Ungarn ausdehnt: „Das sind Regionen, wo die meisten Menschen jetzt erst beginnen, Flugreisen als wichtigen Teil ihres Lebens zu betrachten. Bisher hat ein Großteil dieser Menschen durchschnittlich nur jedes zweite Jahr eine Flugreise absolviert; künftig werden sie wohl so wie der durchschnittliche Österreicher pro Jahr 2,5 Flugreisen pro Jahr antreten. Diese Aufwärtsentwicklung wird durch die rasche wirtschaftliche Entwicklung in den an Wien-Schwechat grenzenden Regionen ausgelöst werden.“ Eine weitere Wachstumsquelle für den Wiener Flughafen ist, so Ofner, das dynamische Bevölkerungswachstum von Wien, die Ansiedelung neuer Unternehmen im Stadtgebiet und in der benachbarten Ostregion. „Alles das trägt dazu bei, dass der Flugverkehr über Wien weiter wachsen wird, gar nicht davon zu reden, dass Wien bereits bisher war und zuletzt wieder die Kongressstadt Nummer 1 weltweit ist.“

In diesem Zusammenhang hat der Flughafen den Appell an ihre Aktionäre erneuert, das wiederholte Aktien-Kaufangebot von IFM Global Infrastructure Fund nicht anzunehmen, sondern ihre Anteile weiter zu halten. Ihre Argumente: „Die veröffentlichten Änderungen zum Teilangebot der Bieterin bringen keine nennenswerten Verbesserungen für Aktionäre und ändern nichts an der bisherigen (negativen) Einschätzung des Flughafen-Vorstands.“

Zugleich hat der Flughafen den von der UVP-Behörde zuletzt genehmigten Antrag auf Verlängerung der Realisierungsfrist zum umstrittenen Projekt 3. Piste bis Ende Juni 2033 ausdrücklich gelobt. Das Argument: „Erst das Jahr 2023 wird einen deutlichen Wiederanstieg des Flugverkehrs bringen und damit eine Re-Aktualisierung der Notwendigkeit, eine zusätzliche Piste in Angriff zu nehmen. Die Prognose geht für das laufende Jahr von etwa 75 Prozent der Zahl an Flugbewegungen in Wien-Schwechat und von mehr als 80 Prozent der Zahl von Flugpassagieren in Wien aus, verglichen mit dem Rekordjahr 2019.

Neue Flugzeugtypen beleben das Geschäft.

Lob spendet der Flughafen Wien der Lufthansa, Mutter von Austrian Airlines, für die Anschaffung von 10 neuen Dreamlinern (Boeing 787), die den Langstreckenverkehr von Wien-Schwechat aus mächtig ankurbeln werden. Auch andere Airlines verstärken ihre Flotte, die sie in Wien stationieren. Ofner: „Das sind für den Standort des Wiener Flughafens sehr wichtige Entscheidungen. Die neuen Maschinen sind leiser, energieeffizienter und damit auch wirtschaftlicher. Das stärkt unseren Standort und dessen Connectivität (= die Verbindungsfähigkeit innerhalb eines Gesamtnetzwerkes). Unser Airport lebt davon, dass wir beides haben: Kurzstreckenflüge als Zubringer und Langstreckenflüge in Richtung Ferndestinationen.“

 

 

Aus dem Börse Express PDF vom 02.06.2023 

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