Wieder alles „Big in Japan“? (Andreas Görler)
Lange Durststrecke für Investoren.
In den 80er wuchs die japanische Wirtschaft schneller als in vielen anderen Industriestaaten, inklusive der Vereinigten Staaten. Parallel entwickelte sich aber auch eine Blase am Kapitalmarkt. Die Immobilienpreise stiegen so stark, dass ein Grundstück in zentraler Lage teurer war als ganz Kalifornien. Der japanische Aktienindex Nikkei stieg auf knapp 40.000 Punkte. Um diese extreme Entwicklung zu beenden erhöhte die Zentralbank die Leitzinsen Anfang der 90er Jahre. Die relevanten Aktienindices verloren ca. 60% und haben sich bis heute nicht vollständig erholt. Die Phase der „Japan-Krise“ begann und japanische Titel wurden in internationalen Portfolios reduziert. Auch 2021 blieb die Wertentwicklung am japanischen Aktienmarkt hinter anderen bedeutenden Anlageregionen zurück: Während der Dow-Jones-Index um 17 Prozent zulegte und der DAX um 14 Prozent stieg, verbesserte sich Japans Topix-Index nur um zehn Prozent.
Großer Marktplatz mit Tradition.
Die Tokyo Stock Exchange (TSE) ist mit einem Marktanteil von 80 Prozent am nationalen Aktienmarkt Japans größter Börsenplatz und gemessen an der Marktkapitalisierung die viertgrößte Börse weltweit. Die Tokyo Stock Exchange wurde 1878 gegründet. Mitte August 2022 notierten an der TSE mehr als 3.800 börsennotierte Unternehmen.
Reformen und Unternehmensdaten als Unterstützung.
Um den Aktienmarkt für ausländische Investoren attraktiver zu machen, wurde 2022 eine Reform beschlossen. Davor notieren mehr als 2000 Unternehmen im obersten Segment der Tokioter Börse. Darüber hinaus gab es vier weitere Bereiche. Die Neuregelung soll nun für mehr Klarheit sorgen, indem die fünf Sektionen in drei aufgeteilt wurden. Die erste Sektion der Börse erhielt ein Rebranding. Der „Prime-Markt“ soll 85 Prozent der Unternehmen umfassen, die mit Hilfe von strengeren Kriterien ausgewählt werden sollen. Damit verringerte sich die Zahl der Unternehmen von 2185 auf 1841. Darüber hinaus gibt es einen „Growth“-Markt mit 459 Firmen geben und eine „Standard“-Sektion umfasst die restlichen 1477 Positionen. Solche Reformen bieten häufig eine Gelegenheit für die Neubewertung eines Marktsegmentes. Aus unternehmerischer Sicht lassen die positive Entwicklung der durchschnittlichen Dividendenrendite, eine verbesserten Unternehmenskommunikation, überdurchschnittliche Cash-Bestände und die Erhöhung der ESG-Datenqualität auf eine stabile Entwicklung hoffen.
Bekannte Adressen stocken auf.
In Deutschland sind japanische Aktien wie beispielsweise Sony, Suzuki, Japan Post Shimano, Nintendo, Toyota oder Daikin Industries grundsätzlich auch an deutschen Börsenplätzen handelbar und auch in vielen internationalen Aktienfonds integriert. Größere Investoren wie Warren Buffet mit Berkshire Hathaway begannen bereits 2020 mit dem Aufbau japanischer Positionen und haben die Anteile weiter erhöht. Es handelt sich um Titel wie Mitsubishi, Mitsui & Co und Sumitomo. Auch bekannte deutsche Investoren wie Peter E. Huber von Taunus Trust oder Dr. Christoph Bruns bei der Fondsgesellschaft Loys AG sehen für 2023 gute Aussichten für japanische Titel. Allerdings ordern größere Adressen meist direkt über die „Heimatbörse“ der jeweiligen Unternehmen.
Investitionsmöglichkeiten.
Der direkte Zugang über die Börse in Tokio ist nicht bei jeder Bank im möglich. Will man Einzeltitel direkt in Heimatwährung erwerben, sollte man ein Konto bei einer Handelsplattform eröffnen. Über die Börsenusancen (Mindeststückelung, Maklercourtage, Handelszeiten etc.) sollte man sich vorher informieren. Deutsche Anleger müssen natürlich auf Börsenhandelszeiten achten, die sich an den jeweiligen Ortszeiten orientieren. Die Tokioter Börse handelt zwischen zwei und acht Uhr (MEZ). Für ein diversifiziertes Investment, ist es grundsätzlich besser einen japanischen Aktienfonds zu erwerben, der von einem Management-Team vor Ort betreut wird. Für stärker kapitalisierte Werte lohnt ich ein Blick auf die aktiven Fonds Comgest Growth Japan, Goldman Sachs Japan Equity Partners und JPM Japan Equity. Bei Nebenwerten sind der Janus Henderson Horizon Japanese Smaller Companies, der Swisscanto Equity Small and Mid Caps Japan oder der Atlantis Japan Opportunities interessant. Letzterer hatte höhere Wertschwankungen und etwas stärkere Abschläge zu verarbeiten, bietet nun aber mit neuem Management und auf niedrigem Niveau ggfs. günstigere Einstiegschancen.
FAZIT:
Japan verfügt über einen großen Anteil gut geführter, stabiler Unternehmen die international tätig sind. Auch im Nebenwerte-Segment gibt es, nach einer starken Abwärtsbewegung, aktuell gute Investmentchancen. Zudem steht die japanische Bevölkerung grundsätzlich hinter der jeweiligen Regierung, was die Steuerung eines Landes tendenziell erleichtert. Defizite, aus europäischer Sicht, gibt es trotz Verbesserung hinsichtlich nachhaltiger Themen, da ein anderes Verständnis von Nachhaltigkeit vorhanden ist. Insbesondere institutionelle Investoren, die auf ESG-Score und Transparenzrichtlinien achten müssen, haben da sicherlich Probleme. Allerdings sind mittlerweile einige aktive und passive Fonds vorhanden, die nachhaltige Faktoren berücksichtigen. Grundsätzlich scheint Japan seine wirtschaftliche Krise langsam überwunden zu haben und bietet Chancen zur Diversifizierung des Portfolios. Zudem nimmt Japan, mit seiner geografischen Lage auf dem asiatischen Kontinent, eine bedeutende Rolle in einem stark wachsenden Wirtschaftsraum.
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Aus dem Börse Express PDF vom 05.05.2023
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