, boerse-express

Merrill Lynch glaubt heuer nicht an Gewinne mit Immotiteln

Was kontinentaleuropäische Immobilienaktien anbelangt, so lassen die Experten von Bank of America/Merrill Lynch auch im neuen Jahr Vorsicht walten. "Wir erwarten einen Mix aus Immobilienverkäufen, Forderungsverzichten und Aktien-Emissionen", so Bernd Stahli und Bhupen Master in einem aktuellen Sektorreport. Die Unternehmen, die teilweise bereits auf angespannten Bilanzen sitzen, müssten nun mit den Auswirkungen fallender Immobilienbewertungen zurechtkommen. Sinkende Zinsen könnten dabei zwar helfen, den Schmerz etwas zu lindern. "Aber sie lösen nicht das Problem".

Kaufempfehlung gibt Merrill aktuell für keine europäische Immoaktie aus. Drei Titel - Wereldhave, IVG und Eurocastle - werden auf "Underperform" gesetzt, Immofinanz und Immoeast (im Bild: CEOs Kleibl und Zehetner) werden hingegen auf "Neutral" hochgestuft. Ausschlaggebend dafür sei das neue Managementteam, das nun in Kooperation mit den Banken an einer Restrukturierung arbeite. Die neuen Kursziele (0,75 Euro nach 0,9 Euro für Immoeast und 0,7 Euro nach 0,8 Euro für Immofinanz) bieten vom aktuellen Kursniveau aber kaum Aufwärtspotenzial.

Insgesamt vertrösten die Analysten die Anleger aber auf das Jahr 2010. Im laufenden Jahr rechnen sie für die Branche mit einem negativen Return zwischen 7% und 10%. "Der Sektor erscheint billig, wenn man sich die Abschläge zum zuletzt publizierten NAV je Aktie ansieht. Aber für jene Unternehmen, die Bilanzprobleme haben, werden die NAV-Abschläge als Bewertungsmassstab unbedeutend". Der Newsflow werde negativ bleiben, weil die Unternehmen gerade erst beginnen, die sinkenden Wertansätze zu realisieren.

Was heisst das für Anleger? Sie sollten auf Unternehmen mit starken Bilanzen, guter Assetqualität und Cashflows fokussieren. Oder sie sollten eher in Fremdkapital investieren. Etliche von Immogesellschaften ausgegebene Anleihen seien derart günstig gepreist, dass man sich frage, ob das Eigenkapital noch irgendeinen Wert darstelle, so die Analysten. Als Beispiel führen sie das Pricing der Bonds von IVG und Gecina an, die Renditen von 48% bzw. um die 25% bieten. Auch Wandelanleihen könnten sich in einigen Fällen als interessante Alternative erweisen. Während die Wandelbonds bei Immofinanz (die bis 2014 laufende Anleihe wird an der Wiener Börse derzeit mit 18 auf 23,59 quotiert) und IVG allerdings Schieflagen einpreisen, erscheine die 14%-ige Rendite der Wereldhave-Bonds "real".

Und nicht zuletzt könnte auch eine aktive Investmentstrategie von Vorteil sein. "Hätte man im letzten Jahr jene Unternehmen mit schwachen Bilanzen untergewichtet, wäre eine Outperformance erzielbar gewesen", so die Analysten.
2009 werde auch im Zeichen der Überprüfung der einzelnen Kapitalstrukturen stehen. "Am Kontinent haben die Abwertungen noch nicht wirklich begonnen", meinen sie. Zahlreiche Unternehmen bzw. Bewerter würden sich hinter dem Argument fallender Zinsen oder wonach am Transaktionsmarkt so gut wie keine Referenz-deals stattfinden, "verstecken". Auf Basis reduzierter Bewertungen sollte sich allerdings ein Loan-to-Value (Verhältnis zwischen Nettoverschuldung und Immovermögen, Anm.) von 40% als neue Benchmark herauskristallisieren - mit 50% als Limit, so Stahli. Damit wäre man wieder auf Niveaus wie Ende der 90er Jahre - bevor die Kreditmärkte "wild" geworden sind. (bs)


Aus dem Börse Express vom 13. Jänner 2009

Relevante Links: Immoeast AG