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Nicolas Kneip: Wart ihr alle brav? Rund um Apple-Zulieferer wie AT&S und ams

Vergangene woche war es wieder soweit und der Nikolo brachte den ganz Braven unter uns Naschereien jeglicher Art. Wie man sich erzählt, hat er auch den Weg bis nach Leoben gefunden und stellte auch dort seine allseits beliebte Frage: „Wart ihr alle brav?“ Insbesondere aus einem Gebäude mit der Aufschrift AT&S hörte man tausende Menschen lauthals und überzeugt „JA!“ schreien und trotzdem musste der Nikolo in größtenteils enttäuschte Gesichter blicken. Die AT&S-Mitarbeiter beklagten sich, dass sie, obwohl sie sehr produktiv waren und ihre Arbeit brav verrichtet hatten, von Investoren für Entwicklungen abgestraft wurden, die nicht in ihrem Einflussbereich standen. Doch wer war der böse Bube der dafür verantwortlich war? Richtig, ein gewisser Konzern aus Cupertino, Kalifornien musste dieses Jahr vermutlich mit dem Krampus Vorlieb nehmen. Das Apfelunternehmen präsentierte vor einigen Monaten noch siegessicher seine neuen iPhone-Generationen, doch diese stellten sich bisher als Ladenhüter heraus. Dies veranlasste das Management zu drastischen Schritten zu greifen und es kam zu einem Tabu-Bruch in der stolzen Unternehmenshistorie. Erstmals kam es bei iPhones zu Rabattangeboten, das neue iPhone XR wurde für US-Kunden für 449 anstatt 749 US-Dollar angeboten, im Eintausch gegen ein altes iPhone. Bloomberg berichtete, dass Apple bereits weitere Schnäppchen- und Rabatt-Aktionen mit Händlern auf der gesamten Welt erarbeitet. Diese Nachrichten, die ironischerweise am Abend vorm Krampustag erschienen, hatten naturgemäß auch Auswirkungen auf alle Apple-Zulieferer, mit den prominenten österreichischen Beispielen AT&S und ams. Die AT&S Aktie büßte am 5.12. rund 8 Prozent ein.

Die Entwicklung, die AT&S in den letzten Jahren genommen hat, bleibt trotz der kürzlich erlebten, Apple-bedingten Rückschläge eine Erfolgsstory. Nachdem Mitte der 2000er die Bedeutung von Nokia am Mobiltelefonmarkt immer geringer wurde, gelang es AT&S in weiterer Folge einen bedeutenden Teil in der Zulieferkette des damals aufstrebenden Handyneueinsteigers Apple einzunehmen. Der Spezialist für High-End-Leiterplatten profitiert bis heute vom Smartphone-Boom und konnte sich in den letzten Jahren deutlich vergrößern. Vor allem in der für den einen oder anderen schwer auszusprechenden chinesischen Megametropole Chongqing wurden neue Produktionsstätten errichtet. In den vergangenen 5 Jahren konnte man sich als AT&S-Investor über einen Gesamtertrag von rund 133 Prozent freuen. Insbesondere die zweite Jahreshälfte 2017 verlief äußerst erfolgreich. Im Zeitraum vom Juli 2017 bis zum Hoch bei 27,3 Euro am 08.01.2018 legte der Aktienkurs um ganze 177% zu! Der Verlauf des bisherigen Jahres wird jedoch wohl keinen besonders prominenten Platz in der Unternehmenshistorie einnehmen. Im Rahmen von Produktionsverzögerungen der Schlüsselkunden Apple und Intel, sowie der bereits erwähnten schwachen iPhone Verkaufszahlen, ging der Aktienkurs bis heute um nahezu 43 Prozent zurück. Dies, obwohl AT&S zuletzt Ende Oktober, entgegen dem Trend anderer Apple-Zulieferer, eine Anhebung der Guidance für das aktuelle Geschäftsjahr bekanntgab. Demnach erwartet man ein Umsatzwachstum von 6 bis 8 Prozent (zuvor bis zu 6%) und eine EBITDA-Marge in der Bandbreite von 24 bis 26 Prozent (zuvor bis zu 23%).

In der Leiterplattenindustrie ist AT&S derzeit Marktführer, die Konkurrenz befindet sich größtenteils im asiatischen Raum. Im artverwandten Halbleitersektor gibt es in Europa mehrere Unternehmen die um Marktanteile kämpfen. Zu den Größten zählen NXP Semiconductors (Niederlande), Infineon (Deutschland) und STMicroelectronics (Niederlande). Im 5-Jahresvergleich weisen alle 3 genannten eine ähnlich starke Entwicklung wie AT&S auf. In diesem Zeitraum konnten STMicroelectronics (+162%) und Infineon (+156%) sogar noch stärkere Erträge für seine Investoren generieren. Insbesondere von Mitte 2016 bis Mitte 2018 konnte STMicroelectronics mit einem Gesamtertrag von 376 Prozent ein außergewöhnliches Wachstum vorweisen. Auch hierfür zeichnete sich wieder Apple verantwortlich, da für die damalige neue Gesichtserkennung im iPhone X Chips vom niederländischen Unternehmen in Anspruch genommen wurden. NXP Semiconductors hat hingegen im direkten Vergleich mit immer noch respektablen 86 Prozent Gesamtertrag leicht das Nachsehen. Im Großen und Ganzen zeichnen jedoch alle Unternehmen ein ähnliches Gesamtbild. Der gesamte Markt für Halbleiter ist in den letzten Jahren getrieben von der fortschreitenden Digitalisierung und dem Smartphone-Boom wenig überraschend deutlich angewachsen.

Das bisherige Jahr war für die meisten Technologiewerte in Europa kein Honigschlecken. Der STOXX Europe 600 Technology bildet die 30 größten Technologiewerte in Europa ab. Grundsätzlich muss man zweifelsohne festhalten, dass Technologieaktien in den letzten Jahren zu den herausragendsten Performern zählten. Seit 2012 kannte der Sektor nahezu nur den Weg bergauf und negative Entwicklungen kannte man nur vom Hörensagen. Insgesamt konnte der wichtigste europäische Technologieindex in den vergangenen 5 Jahren einen soliden Ertrag von 57 Prozent erzielen. Hauptverantwortlich dafür, dass es nicht noch besser lief, war die zweite Jahreshälfte 2018. Seit dem Hoch am 14. Juni 2018 kamen Technologiewerte zusehends unter Druck und der STOXX Europe 600 Technology verlor rund 20 Prozent. Dieser Rückgang kann einerseits mit den allgemein schwächelnden Aktienmärkten in diesem Zeitraum und andererseits mit der Befürchtung vom Ende des Technologiezyklus begründet werden. Laut einer Studie der Bank of America wurden im Oktober 3 Mrd. US-Dollar aus Aktienfonds, die in Technologieaktien investieren, abgezogen. Um es kurz und prägnant mit dem erst gestern gewählten, äußerst innovativen, österreichischen Jugendwort des Jahres zu kommentieren: „Oida?!?!“

Relevante Links: Apple Inc., NXP Semiconductors N.V., AT&S Austria Technologie & Systemtechnik AG, ams-OSRAM AG, Infineon Technologies AG