Nicolas Kneip: Schwarzes Gold vs. Schwarzes Pech - rund um OMV und SBO
Viel ist passiert, seitdem wir uns das letzte Mal am 19.10.2018 mit dem Thema Öl auseinandergesetzt haben. Damals war die Welt noch in Ordnung! Die Temperaturen lagen noch bei angenehmen 18 Grad und der Ölpreis stand noch bei rund 80 US-Dollar. Und heute? Heute müssen wir uns mit Temperaturen um den Gefrierpunkt und einem Ölpreis von rund 59 US-Dollar herumschlagen. Zumindest letzteres mag vielleicht eine durchaus positive Nachricht für Autofahrer oder Flugzeuglinien darstellen, bei den Öl und Gas produzierenden Unternehmen und Ländern hört man hingegen bereits die Alarmglocken schrillen. In den letzten Jahren hat der Ölpreis eine wilde Fahrt erlebt. Nachdem der Preis Anfang 2016 seinen Tiefststand bei rund 28 US-Dollar erreichte, setzte eine sukzessive Erholung ein mit dem Höhepunkt Anfang Oktober dieses Jahres bei rund 86 US-Dollar. Seitdem befindet sich der Preis in einem freien Fall und liegt aktuell mehr als 30% unter dem Oktober Wert.
Nun stellt sich die Frage: Was ist passiert in der Zwischenzeit? Bezüglich der kalten Temperaturen lässt sich diese Frage wohl sehr einfach mit der aktuellen Jahreszeit beantworten, doch beim Ölpreis gibt es mehrere Faktoren die zum erlebten Preisverfall führten. Einer dieser Faktoren ist, wie könnte es anders sein, „the Donald“, der die US-Sanktionen gegen den Iran lockerte. Insgesamt genehmigte er 8 Staaten eine Ausnahmeregelung, wonach diese weiterhin Öl aus dem Iran beziehen dürfen. Somit gingen die persischen Ölexporte lediglich von 2,5 Mio. Barrel/Tag auf 1,5 Mio. bbl/Tag zurück. In der Erwartung eines kompletten Exportausfalls aus dem Iran hatten bereits andere Länder ihre Förderung hochgetrieben. Während Saudi Arabien, mit rund 11 Mio. bbl/Tag, so viel Öl wie seit 2015 nicht mehr fördert, hat Russland neue Förderfelder in Sibirien erschlossen und in Betrieb genommen. Zusätzlich schwemmen die USA den neuen Rekordwert von 11,6 Mio. Barrel Schieferöl auf den Markt. Diese enormen Kapazitäten führten naturgemäß zu einem Überangebot und einem Preissturz. Nun treffen die Interessen von Herrn Trump, der die Wirtschaft durch einen niedrigen Ölpreis beleben will, auf die der OPEC, die den Preis durch eine deutliche Förderreduktion wieder stützen will. Die nächste OPEC-Konferenz hierzu findet am 6. Dezember in Wien (größere Stadt an der Donau) statt.
Im europäischen Kontext mussten die größten Öl und Gasproduzenten in den letzten Wochen teilweise herbe Rückschläge verkraften. Der Einbruch des Ölpreises hatte naturgemäß auch signifikante Auswirkungen auf europäische Unternehmen wie Eni, Total, BP oder Royal Dutch Shell. Seit Anfang Oktober gingen die Aktienkurse dieser Unternehmen zwischen 10 und 12% zurück. Der STOXX Europe 600 Oil & Gas, der sich aus 22 europäischen Öl- und Gasunternehmen zusammensetzt, büßte im selben Zeitraum 11,7% ein, nachdem er bisher eine starke Entwicklung, sowohl im aktuellen Jahr, als auch in den vergangenen Jahren aufzuweisen hatte. Seit seinem Tiefststand Anfang 2016 konnte der Index bis Oktober 2018 rund 62% zulegen. In Österreich gibt es zwei Unternehmen, deren Geschäftsmodell eine starke Abhängigkeit vom Rohölpreis aufweist, OMV und Schöller Bleckmann Oilfield Equipment (SBO). Im Vergleich zu seinen internationalen Konkurrenten konnte sich die OMV-Aktie in den letzten Wochen verhältnismäßig gut halten. Seit Oktober ging der Aktienkurs um rund 7% zurück, womit man unter den Öl und Gasproduzenten noch eine der besten Performances aufweisen konnte. Als möglichen Grund könnte man neben den derzeit vielversprechenden Projekten in Russland und Malaysia, den internen, natürlichen Ölpreishedge durch das diversifizierte Produktportfolio (Upstream und Downstream) anführen, wodurch man im Vergleich zur Konkurrenz etwas unabhängiger vom Ölpreis agieren kann.
Die SBO Aktie folgte ebenfalls dem Trend des Ölpreises. Man könnte die Charts von SBO und Öl der letzten Wochen bis zum Mittwoch nahezu wie Schablonen übereinander legen. Seit Oktober büßte die SBO-Aktie bis zur Veröffentlichung der Q3/18 Ergebnisse am Mittwoch fast 35% ein. Doch nach der Präsentation der Zahlen startete die erste Erholungsphase, mit einem aktuellen Anstieg von rund 11%. Die Auftragsbücher des in Ternitz, Niederösterreich, beheimateten Hersteller von Hochpräzisionsteilen für die Oilfield Service Industrie sind wie im Vorquartal gut gefüllt und es wurden ansprechende Gewinne eingefahren. Grundsätzlich gilt es bei SBO immer zu beachten, dass sich der Effekt steigender Ölpreise, in der Regel erst mit einer zeitlichen Verzögerung in den Büchern des Unternehmens niederschlägt (dasselbe gilt für fallende Preise). Dies ist dadurch zu begründen, dass die ölfördernden Unternehmen zuerst selbst neue Gewinne realisieren müssen, bevor sie neue Aufträge an SBO vergeben können. Daher bleibt abzuwarten, ob und wie sich die aktuellen Entwicklungen in Zukunft auf die Ergebnisse von SBO auswirken werden. Ebenfalls entscheidend für SBO ist der sogenannte rig-count, der die Anzahl weltweiter Öl- und Gasfeld-Sondierungsbohrungen darstellt. Dieser zeigt derzeit eine positive Entwicklung mit einem deutlichen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, jedoch gilt auch hier abzuwarten, ob neue Bohrungen beim aktuellen Preis noch rentabel zu gestalten sind.
Aktuelle Investmentstrategie. Wir denken, dass die in den letzten Wochen beobachtete Rückkehr der Volatilität in den Markt nur normal ist und sich dadurch an der langfristig ausgezeichneten Investmentperspektive der Assetklasse Aktie nichts geändert hat. Wir glauben nicht an eine unmittelbar bevorstehende globale Rezession und lassen uns deshalb nicht von den Kursschwankungen verunsichern: Aktien gefallen uns nach wie vor bewertungstechnisch deutlich besser als Anleihen. Deshalb haben wir in letzter Zeit auch vermehrt zugekauft. Auf der Equity-Seite sind wir – verglichen mit dem MSCI World – in Europa übergewichtet, in Nordamerika hingegen aus Bewertungsgründen vergleichsweise unterinvestiert und in Schwellenländern nur wenig allokiert. Auf der Bond-Seite gefallen uns flexible „Total Return“-Produkte, die sich auf dynamische Art und Weise verschiedensten Marktgegebenheiten anpassen können, am besten. In klassischen Staatsanleihen von Industrienationen sind wir hingegen schon seit geraumer Zeit deutlich untergewichtet, das Risiko-/Ertragsprofil erscheint uns hier nur äußerst begrenzt attraktiv. Wenn wir in diesem Marktsegment investiert sein müssen, dann bevorzugen wir inflationsindexierte Bonds, diese erscheinen uns vor dem Szenario einer potentiell steigenden Inflation auf relativer Basis noch einigermaßen attraktiv.
Relevante Links: OMV AG, Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment AG