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Warum die Lira-Krise keine Euro-Krise ist

Der seit Wochen anhaltende Sturzflug der Lira hat sich zu Beginn letzter Woche beschleunigt. Auch ein am vergangenen Montag von der Zentralbank präsentiertes Maßnahmenpaket konnte die Lira nur kurzzeitig stützen. Demnach können sich Banken zusätzliche Mittel in Fremdwährung leihen und Reserve-Anforderungen an bestimmte Währungsgeschäfte würden verringert. Zudem werden Swap-Geschäfte mit ausländischen Devisen unterbunden. Geholfen haben diese Maßnahmen dem Lira-Kurs jedoch nur wenig. Angesichts des Kursverfalls hat der türkische Präsident Erdogan die Bevölkerung dazu aufgerufen, Euro, Dollar und Gold in die Landeswährung zu tauschen. Dabei handele es sich um eine „nationale Anstrengung“. Laut Erdogan sei es nun an der Zeit Produktion, Beschäftigung und Exporte zu steigern.

Nun haben die Unruhen rund um die Türkei längst auch die Märkte außerhalb des Landes erfasst. Gesucht sind wieder sichere Häfen wie Staatsanleihen oder der Schweizer Franken, während der Euro hingegen unter verstärkten Druck gerät. Interessiert sind ausländische Investoren insbesondere an der Frage, ob die Währungskrise in der Türkei auch auf weitere Märkte übergreifen könnte. Die Mehrheit der Bankökonomen zeigen sich jedoch optimistisch, dass die direkten Auswirkungen auf die internationale Wirtschaft gering bleiben dürften. Die Wirtschaftsforschungsberatung Capital Economics betont, dass das türkische Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit ca. USD 900 Mrd. nur 1% der Weltwirtschaft ausmache und damit kleiner ist als jenes der Niederlande.

Zudem fällt das Gewicht von ausländischen Anlegern auf dem türkischen Finanzmarkt verhältnismäßig niedrig aus. Laut Capital Economics finanzierten Ausländer zwar ca. 60% der türkischen Staatsverschuldung, die öffentliche Verschuldung liegt aber lediglich bei 30% des BIP. Damit steht die Türkei finanzpolitisch besser da, als die meisten Staaten der Eurozone. Insbesondere gilt dies z.B. im Vergleich mit Italien, dessen Schuldenquote fast zehnmal höher liegt. Zudem spielen ausländischen Investoren am türkischen Aktienmarkt eine eher untergeordnete Rolle, denn sie sind nur für rund ein Fünftel der Marktkapitalisierung mitverantwortlich.

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Beziehung zwischen der Türkei und dem Ausland zeigen sich jedoch bestimmte Anfälligkeiten. Dies gilt weniger im Hinblick auf die Staatsverschuldung, sondern vielmehr für die Verbindlichkeiten des Privatsektors, da diese Schulden häufig in Fremdwährungen denominiert sind. Um das tiefe Zinsniveau im Ausland zu nutzen, haben sich viele türkische Unternehmen und Finanzinstitute in den letzten Jahren in Euro oder Dollar verschuldet. Durch den Absturz der Lira dürfte es den Unternehmen nun schwerer fallen, die Zins- und Kreditrückzahlungen in harten Devisen zu begleichen.

An diesen Fremdwährungskrediten haben auch die europäischen Banken - insbesondere spanische, französische und italienische Kreditinstitute - versucht zu verdienen. Banken dieser drei Länder haben Kredite im Wert von insgesamt EUR 135 Mrd. in der Türkei ausstehend. Dies entspricht aber nur ca. 6% des Engagements dieser Banken im Euro-Raum. Die Berenberg Bank ist daher optimistisch, dass die Verflechtung von europäischen Banken zu gering sei, als dass eine Krise des türkischen Bankensektors auch eine Euro-Krise nach sich ziehen könnte. Auch die Deutsche Bank schließt sich dieser positiven Einschätzung an. Sie hebt hervor, dass selbst für den Fall von schweren Kreditverlusten bei türkischen Geldhäusern die Auswirkungen für die europäischen Banken überwindbar sein dürften.

Die Talfahrt der Lira könnte allerdings noch weitergehen. Um nun die angespannte Situation abzumildern, müsste die türkische Notenbank nach Meinung von Bankökonomen eine Zinserhöhung vornehmen. „Nötig wäre eine kräftige Zinserhöhung, die zu erkennen gäbe, dass die Währungshüter am Bosporus gewillt sind, dem Verfall der heimischen Währung nicht tatenlos zuzusehen“, so die VP Bank gegenüber Reuters.

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