Immobilien: Defensivere Portfolios setzen nun auf Büros - und welchen Portfolioanteil Immofinanz und Co darin aufweisen
Derzeit ziehen Immobilien immer noch Investoren an, weil die Fundamentaldaten im Vergleich zu liquiden Anlageklassen überzeugend wirken.
In den zwölf Monaten bis Juni 2017 wurde CBRE zufolge eine absolute Rekordsumme für Immobilien auf dem europäischen Festland ausgegeben. Die Suche nach Renditen führt die Anleger vor allem zu Industrieobjekten – dieser Sektor verzeichnete im ersten Halbjahr 2017 im Jahresvergleich einen Zuwachs von 136 Prozent.
Die mäßige Entwicklungstätigkeit und die, auf kurze Sicht, weiterhin lockeren Finanzierungsbedingungen sollten den Zyklus bis nächstes Jahr verlängern. Dennoch sehen hochwertige Immobilien auf einer risikobereinigten Basis bereits teuer aus. Schätzungen von Aviva Investors zufolge, bieten nur 13 von 41 hochwertigen Büro-, Einzelhandels- und Industriemärkten in der Prognose eine Gesamtrendite, die Anleger adäquat für das zwischen 2017 und 2021 eingegangene Risiko entschädigt.
Neben der aggressiven Bewertung gibt es weitere Anzeichen dafür, dass der Markt einen Hochstand erreicht, so auch hohe Aufschläge für Portfolios und große Vermögenswerte, umfassende Fusionen und Akquisitionen und ein hoher Anteil an alternativen Investments.
Risiko rausnehmen. In dieser Phase des Zyklus sollten Anleger sich nicht exzessiv verschulden, meint Gil Bar, Managing Director Germany Real Estate bei Aviva Investors. Es könnte angebracht sein, die Portfolios auf defensivere Strategien umzustellen und sich auf Vermögenswerte mit weniger hohem Ertragsrisiko zu konzentrieren, heißt es.
Einige hochwertige Einzelhandelsimmobilien in Spitzenlagen und erstklassige Logistikmärkte sehen im aktuellen Umfeld gut positioniert aus. Industrieobjekte in Nordeuropa sind besonders attraktiv. Belgien dürfte eine beeindruckende Gesamtrendite von 6,5 Prozent pro Jahr versprechen. Dennoch sollten Anleger sich vor den Entwicklungspipelines im Logistiksektor in Acht nehmen. Industrieanlagen sind schnell gebaut, aber die Dynamik von Angebot und Nachfrage kann sich ebenso schnell wenden. Aviva vermeidet zum Beispiel Berlin, weil es in der Stadt eine lange Industriepipeline gibt.
Zweitklassige Chance. Grosso modo wirken Immobilien sonst hingegen aggressiv bewertet. Dennoch ist der Unterschied zwischen hochwertigen und zweitklassigen Bewertungen heute in einigen Märkten auf einem historischen Hoch angekommen, wodurch sich Anlagechancen ergeben. Die durchschnittliche Differenz zwischen den Renditen hochwertiger und zweitklassiger Büroflächen in Deutschland beträgt nun 300 Basispunkte, obwohl die Fundamentaldaten der zweitklassigen Märkte in vielen Städten robust sind.
Risiken. Es besteht die Gefahr, dass der europäische Anleihenmarkt auf einen Anstieg der Zinssätze und der Inflation in den USA mit der Berücksichtigung weiterer Zinsanhebungen reagiert und die Renditen unerwartet hochtreibt. Das würde die relative Attraktivität europäischer Immobilien schmälern und die Nachfrage der Anleger belasten. Vermögenswerte mit geringer Rendite, vor allem in den Ländern an der europäischen Peripherie, würden in diesem Szenario am härtesten getroffen.
Auch ein wirtschaftlicher Abschwung könnte die Immobilienmärkte der Region belasten und zu einem höheren Ertragsrisiko führen. Das Basisszenario des Großteils der Analystenhäuser geht aber davon aus, dass die Weltwirtschaft weiterhin regelmäßig wächst, die Geldpolitik relativ locker bleibt und die Inflation nicht schnell ansteigt.
Vor diesem günstigen Hintergrund sollten sich langfristige Investoren auf Büroflächen in europäischen Städten konzentrieren, die von einer diversifizierten lokalen Wirtschaft, einer robusten Bevölkerungsentwicklung und einem hohen Anteil an wissensintensiven Berufen profitieren, sagt Bar. Anmerkung: Nur 8 Prozent der europäischen hochwertigen Büroflächen standen im ersten Quartal leer und erreichten damit laut CBRE die niedrigste Leerstandsquote seit 2008.
Im Einzelhandel und in der Logistik wäre es wohl besser, den Schwerpunkt auf Objekte in optimaler Lage zu verlagern, um in den Genuss des Strukturwandels im Handel zu kommen, sagt Bar weiter. Infolge der steigenden Nachfrage der Konsumenten im zweiten Quartal gewinnt aber auch der Einzelhandels- und Logistikmarkt an Fahrt.
Büro-Anteile. Auf die Asset-Klasse Büro setzen auch alle in Wien gelisteten Immobilienaktien - wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Bei der UBM bestand laut Halbjahresbericht das Portfolio zu 39 Prozent aus Büros, die s Immo gliedert den Gewerbebereich nicht einzeln auf - kommt dort aber in Summe auf rund 80 Prozent Portfolio-Anteil, 42% bei Warimpex, die Immofinanz wird nach dem Verkauf des Russland-Geschäfts und dank einiger größerer Pipeline-Objekte in Kürze auf rund 60 Prozent kommen. die CA Immo verfügt bereits jetzt über einen Bürobestand von 88 Prozent.
Beim von Bloomberg unter Analysten erhobenen Empfehlungskonsens hat derzeit Warimpex die Nase voran. Es folgen UBM und CA Immo im Beliebtheitsranking.
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