Der bessere Kauf: Varta versus Voltabox
In den letzten Wochen und Monaten scheint die lange schlummernde europäische Batterie-Branche erwacht zu sein und mit den Börsengängen von Voltabox (WKN:A2E4LE) und VARTA (WKN:A0TGJ5) können wir auch an der steigenden Nachfrage nach Stromspeichern partizipieren. Da die beiden doch recht unterschiedlich im Markt positioniert sind, bin ich mal der Frage nachgegangen, welche Aktie mehr Profit für Anleger verspricht.
Energiespeicher von VARTA und Voltabox: Ein Überblick
Es ist nicht ganz einfach, sich bei VARTA zurechtzufinden. Zuerst wurde das Quandt-Imperium aufgespalten und dann der zuvor zugehörige Batteriekonzern VARTA. Die Autobatterien sind heute bei Johnson Controls (WKN:857069) und die Standardbatterien bei Spectrum Brands (WKN:A1C038). Interessanterweise konkurrieren die neuen Eigentümer beide direkt (mit anderen Marken) mit der nun an die Börse gegangenen VARTA AG. Rayovac, eine Tochter von Spectrum Brands, ist der mit Abstand wichtigste Wettbewerber von VARTA Microbattery auf dem Gebiet von kleinen Hörgeräte-Batterien und Johnson Controls tummelt sich mittlerweile wie VARTA Storage im weiten und unübersichtlichen Feld der stationären Energiespeicher.
Wenn es um Mikrobatterien geht, die direkt an Hersteller geliefert werden, trifft VARTA auf die geballte asiatische Konkurrenz. Hauptkonkurrent bei der Montage größerer mobiler Batterie-Systeme ist hingegen BMZ aus Karlstein am Main, die gleichzeitig ein wichtiger Promoter der deutschen Batteriezell-Initiative TerraE ist.
Während die VARTA AG abgesehen von einer zeitweiligen Forschungskooperation mit Volkswagen (WKN:766403) nur wenig mit der Elektromobiliät zu tun hat, schreibt sich Voltabox das Thema groß auf die Fahnen. Allerdings will man nicht primär wie TerraE den automobilen Massenmarkt bedienen, sondern vielfältige Nischenmärkte wie Gabelstapler, Busse und Schwerlastfahrzeuge. Immerhin hat man aber schonmal ein 48V-Mildhybrid-Batteriesystem im Angebot.
Voltabox bezieht unterschiedliche Typen von Lithium-Ionen-Zellen, die sie zu Batteriemodulen verbaut, um daraus perfekt auf die jeweilige Anwendung abgestimmt Lösungen samt passendem Batteriemanagementsystem zu fertigen. Auch für sie gehören — neben einer Reihe von meist europäischen Spezialisten — BMZ und Johnson Controls zu den Wettbewerbern, wenn auch auf anderen Zielmärkten.
Was die Zahlen sagen
Beide Börsengänge verliefen überaus erfolgreich. Im Umfeld von fast täglich neuen Rekordständen von Dow und DAX konnten die Emittenten mit dem spannenden Thema Energiespeicher punkten. Voltabox ist beim Kurs von 29,45 Euro (Schluss 23.10.) nun 466 Mio. Euro wert und VARTA beim Kurs von 23,15 Euro stolze 884 Mio. Euro (Nebenbei bemerkt: einige Portale geben derzeit fälschlicherweise nur gut 600 Mio. Euro an, offenbar, weil die Datenbank der Deutschen Börse (WKN:581005) die neuen Aktien noch nicht berücksichtigt.)
Das heißt, VARTA wird fast doppelt so hoch bewertet. Lass uns mal sehen, ob die Finanzen für 2016 und das erste Halbjahr 2017 das hergeben:
in Mio. EUR | VARTA 2016 | Voltabox 2016 | VARTA 1H/17 | Voltabox 1H/17 |
Umsatz | 214 | 15 | 120 | 11 |
Nettogewinn | 9 | -0,2 | 11 | -0,6 |
Betriebliche Barmittelzuflüsse | 24 | 7 | 15 | 4 |
Bilanzsumme | 165 | 39 | 169 | 44 |
Eigenkapital | 65 | 5 | 76 | 5 |
Mitarbeiter | 2012 | 67 | 2010 | 78 |
Quelle: Wertpapierprospekte;
Anmerkung: Das Eigenkapital hat sich im Zuge des jeweiligen Börsengangs signifikant erhöht (um 175 Mio. EUR bei VARTA, um 140 Mio. EUR bei Voltabox)
Wie man gut erkennen kann, ist VARTA derzeit um ein Vielfaches größer — und vor allem auch im Gegensatz zu Voltabox profitabel. Nimmt man an, dass VARTA im laufenden Geschäftsjahr auf einen Gewinn von 20 Mio. Euro kommt, dann ergibt sich aber auch dort ein stattliches Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 44. Daneben ist auch das Kurs-Buchwert-Verhältnis trotz der zugeflossenen Mittel aus dem Börsengang mit jeweils über 3 noch recht hoch. Entscheidend für ein abschließendes Urteil sind aber die Wachstumsaussichten.
Was die Zukunft bringt
Offenbar setzen beide auf eine starke Verbesserung der Geschäftslage über die kommenden Jahre. Die Anzahl der tragbaren und batteriebetriebenen Geräte soll genauso explodieren wie diejenige der elektrisch betriebenen Fahrzeuge und der stationären Batteriespeicher. Nicht zu vergessen ist auch der Bedarf von Mikrobatterien für die unzähligen vernetzten Sensoren und Aktoren in Internet-der-Dinge-Anwendungen.
Hinzu kommt eine Ausweitung des Produktspektrums: Voltabox will beispielsweise schon 2018 mit dem Segment Voltamotion erste Umsätze generieren, wodurch das Unternehmen zum Komplettanbieter von elektrischen Antrieben samt Hochleistungsbatterien und Energiemanagement würde.
Erstaunlich ist das mit 805 Mio. Euro im Vergleich zum Umsatz überaus gut gefüllte Auftragsbuch der paragon-Tochter. Diese Summe verteilt sich allerdings auf die Jahre bis Ende 2022 und zwei Kunden (Komatsu Mining sowie entweder KUKA oder der Partner Triathlon Batterien) machen 77 % davon aus. Trotzdem: von 57 Mio. Euro im Jahr 2018 sollen die bereits jetzt zugesagten Jahresumsätze bis dahin auf immerhin rund 200 Mio. Euro anschwellen. Es ist zu erwarten, dass die Vertriebsmannschaft zwischenzeitlich noch eine große Schippe drauflegen kann. Da VARTA wohl nicht so schnell wachsen wird, könnten die beiden umsatztechnisch bis in fünf Jahren etwa gleich groß sein.
Noch ist eine Gesamtbewertung schwierig. Mittelfristig können zweifellos beide ihr Engineering- und Anwendungs-Know-how ausspielen, wenn es etwa um die Veredelung von Batteriezellen zu integrierten Systemen geht. Allerdings frage ich mich, ob sie auf längere Sicht nicht doch an ihre Grenzen stoßen werden. Gerade in den Segmenten, wo das größte Wachstumspotenzial lockt, intensiviert sich auch der Wettbewerb am meisten. Von daher erscheint mir das aktuelle Kursniveau bei beiden recht optimistisch.
Wenn ich wählen müsste: VARTA
Insgesamt die solidere Wahl ist aus meiner Sicht klar VARTA. Mit ihrem stabilen Mikrobatterie-Geschäft und vielfältigen Chancen im Bereich von tragbaren Geräten sollte es möglich sein, profitables Wachstum zu generieren, sodass das noch hohe KGV herunterkommen würde.
Wenn die geringer bewertete Voltabox das recht erstaunliche Auftragsbuch weiter füllen kann und gleichzeitig der Sprung in die Gewinnzone gelingt, könnte sie VARTA zwar überholen. Aber wie weit das Konzept der paragon (WKN:555869)-Tochter wirklich trägt, muss sich erst noch zeigen. Letztlich drängt sich auf dem aktuellen Kursniveau keine der beiden Aktien auf, sodass ich geduldig auf billigere Preise warten würde.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
Quelle: www.fool.de
Relevante Links: Varta AG