Technologie am Steuer
Im Automobilsektor erleben wir derzeit drei Megatrends: Elektrofahrzeuge, neuartige Fahrerassistenzsysteme und das vernetzte Auto. Technologieunternehmen profitieren von allen drei Trends. Die großen Automobilhersteller führen neue Technologien ein, um in der neuen – extrem innovativen und technologieorientierten – Welt der Kfz-Industrie wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Umfang und Wert der elektronischen Ausstattung und IT-Komponenten pro Fahrzeug nehmen deutlich zu und werden sich voraussichtlich gegenüber dem heutigen Stand noch verzehnfachen. Dieser Technologieschub erfordert große Investitionen. Traditionelle Autobauer, die mit dem Innovationstempo mithalten wollen, werden sich am Investitionsverhalten der Technologieunternehmen orientieren müssen. Das bedeutet auch, dass sie ihren Anlegern vermitteln müssen, dass ihr Fokus sich von Profitabilität auf Wachstumschancen verlagert.
Die jüngsten Übernahmeaktivitäten verdeutlichen, in welche Richtung sich die Welt nach Meinung der Branchenführer entwickelt. So erwarb Intel erst kürzlich für 15 Milliarden US-Dollar MobilEye, einen Entwickler von Software für autonomes Fahren. Der deutsche Chiphersteller Infineon hat ein Angebot für Wolfspeed abgegeben, doch scheiterte die Übernahme am Veto der US-Aufsichtsbehörden. Der Mobilchip-Hersteller Qualcomm erwarb im vergangenen Jahr für 47 Milliarden US-Dollar NXP, den größten Chiphersteller für die Kfz-Industrie. Aktuelle Forschungsinitiativen weisen in dieselbe Richtung: So arbeiten Google und Apple an Software für autonomes Fahren, und Ford hat den Leiter seiner Abteilung Smart Mobility zum neuen Vorstandsvorsitzenden ernannt. Unter den Technologieunternehmen profitieren die Hersteller von Halbleitern, Steckverbindungen, Sensoren und Schaltkreisschutzeinrichtungen vom Trend hin zu Elektrofahrzeugen. Herstellern von Halbleitern, wie Infineon, Texas Instruments und NXP, kommt hier eine Schlüsselrolle bei der Lieferung von Wechselrichtern für den Einsatz in Elektromotoren zu. Hochspannungselektrizität, modernste Infotainment-Systeme sowie eine wachsende Zahl spezieller Sensoren erfordern zuverlässige Steckverbindungen. In diesem Bereich sind die Unternehmen TE Connectivity und Amphenol zu nennen.
Fast alle Autounfälle beruhen auf menschlichem Versagen. Entsprechend groß ist das Interesse an Fahrerassistenzsystemen. Sie dienen auch als Grundlage für das autonom fahrende Auto der Zukunft. Zunächst einmal muss jedes Fahrzeug umfassend mit Sensoren ausgerüstet sein. Nur so kann es alle Verkehrssituationen richtig erfassen. Damit Fahrzeuge völlig autonom fahren können, müssen die Sensoren in Echtzeit integriert zusammenwirken. Autonome Fahrzeuge müssen mit Servern, Mobilfunknetzen, mobilen Geräten und anderen Fahrzeugen kommunizieren können. Nicht zuletzt müssen sie überall und bei allen Witterungsbedingungen sicher navigieren. Daher müssen die digitalen Straßenkarten kontinuierlich aktualisiert werden, sodass das Auto weiß, wo es ist und auf Hindernisse und die Verkehrssituation in Echtzeit reagieren kann.
Das vernetzte Auto ist daher ein Bereich, auf den sich die Entwicklungsanstrengungen konzentrieren. Es gibt heute bereits über 20 Milliarden miteinander vernetzter Geräte. Diese Zahl könnte sich nach unserer Ansicht in den nächsten Jahren verdoppeln. Die vernetzten Geräte kommunizieren über 4G, WLAN, Bluetooth und andere Breitbandkanäle miteinander. So können Autos im Straßenverkehr Verkehrsdaten, Wetter, Geschwindigkeit und andere Informationen weiterleiten. Im Ergebnis bedeutet das einen geringeren Kraftstoffverbrauch, weniger Staus und höhere Sicherheit. Maxim und Texas Instruments stellen Komponenten her, die die schnellste unkomprimierte Videodatenübertragung ermöglichen, die für diese Echtzeitanwendung erforderlich ist.
Allerdings ermöglicht die Vernetzung auch Hackerattacken. Der Schutz von Daten, Sensoren und Steuerungseinrichtungen ist das wohl wichtigste Thema, was die Infrastruktur miteinander vernetzter Autos betrifft. Der unbefugte Zugriff auf Telemetrie-Systeme, Antriebe und sonstige Fahrzeugsysteme stellt eine Bedrohung dar. Unternehmen wie Symantec arbeiten an umfassenden Sicherheitssystemen, die Autos bis auf Sensorebene vor einem unerwünschten Zugriff schützen.
Diese Entwicklungen in der Automobilbranche sind unserer Ansicht nach beispielhaft für die sehr guten Aussichten des Technologiesektors. Wir sind optimistisch, dass der Sektor den breiteren Markt auch künftig übertreffen kann, nicht zuletzt weil er langfristig eine zentrale Rolle bei der Produktivitätssteigerung in der Wirtschaft insgesamt spielt
von Pieter Schop,Senior Portfolio Manager Equity Specialties und Manager Information Technology bei NN Investment Partners
Relevante Links: Flughafen Wien AG