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ATX: Die Auf- und Abstiegskandidaten

Vergleicht man die ATX-Mitglieder von heute mit jenen von vor zehn Jahren, merkt man erst so richtig wie die Zeit vergeht. Selbst bei jenen Aktien, die damals schon im Leitindex vertreten waren, hat sich die Gewichtung teils spürbar verändert. So ist etwa der Einfluss der Erste Group seit August 2007 von 19 auf 22 Prozent gestiegen. Die Gewichtung des Anlagenbauers Andritz wurde sogar von 2,76 Prozent auf 6,43 Prozent mehr als verdoppelt. Kein Wunder, ist doch die Aktie seit damals um mehr als 90 Prozent gestiegen, während der ATX um 30 Prozent sank. Intercell (heute Valneva) war damals im Leitindex höher gewichtet als EVN, Mayr-Melnhof oder Uniqa. Aktuell ist von diesem Quartett nur mehr die Uniqa im ATX vertreten, Valneva ist punkto Marktkapitalisierung heute am kleinsten. Die 2007 ebenfalls im ATX vertretene A-Tec-Aktie ist Geschichte. Bwin ist zuerst in bwin.party aufgegangen und später in GVC Holdings.

Im September fällt das ATX-Komitee die Entscheidung. Bereits am 5. September 2017 dürfte das ATX-Komitee den Leitindex wieder einmal umkrempeln, wobei die Änderungen am 18. September wirksam werden. Sieht man sich die zuletzt veröffentlichte Beobachtungsliste der Wiener Börse für den Juli an, dürfte Caterer Do&Co den Wiedereinzug schaffen. Ziemlich sicher hinausfallen sollte hingegen conwert. Nach der Mehrheitsübernahme durch Vonovia (93,09 Prozent der Anteile) dürfte auf der Conwert-Hauptversammlung am 29. August das angekündigte Squeeze-Out mit einer Barabfindung von 17,08 Euro je Aktie beschlossen werden.

Entscheidend für die Aufnahme bzw. den Rauswurf aus dem ATX sind zwei Faktoren: Die Liquidität (Börse-Geldumsatz) und der kapitalisierte Streubesitz. Im Zuge der halbjährlichen Zusammenkunft des ATX-Komitees (im März und September) wird auf Basis der monatlich herausgegebenen Beobachtungslisten dann mit Hilfe der 25/25 Regel über Aufnahmen und Streichungen entschieden. Das heißt, jene Aktien des ATX-Prime (derzeit 39 Titel), die zu den 25 liquidesten Titeln zählen sowie gleichzeitig zu den 25 Werten mit dem höchsten Streubesitz, können grundsätzlich vom ATX-Komitee in die Liste der 20 bedeutendsten Aktien des Landes aufgenommen werden.

Stockpicking ist derzeit nicht notwendig. Auch die in der Vorwoche auf der RHI-Hauptversammlung abgesegnete Fusion mit der brasilianischen Magnesita dürfte dem ATX demnächst ein neues Erscheinungsbild geben, wobei die Wiener Börse hinter den Kulissen daran arbeitet, dass die Aktie zumindest dem Dritten Markt (ungeregelten Markt) erhalten bleibt. Kommt es während einer laufenden Beobachtungsperiode zu einer Streichung eines Titels, sehen die ATX-Kriterien prinzipiell vor, dass der gemäß Beobachtungsliste nächstgereihte nicht-ATX-Titel, der die Kriterien erfüllt, in den Leitindex aufgenommen wird. Gemäß der Beobachtungsliste von Juli käme hier s Immo als Nachfolger in Frage, die ATX-Aktie Flughafen Wien erfüllt demnach zwar weiter die 25/25 Regel, ist aber auch ein wenig ein Wackelkandidat, falls es gemäß der Beobachtungsliste für August noch zu Änderungen kommt.

Der Flughafen Wien wiederum hatte erst am 20. März 2017 den Wiedereinzug in den ATX geschafft. Damals fiel die Aktie von Do & Co hinaus, die am 19. September 2016 aufgenommen wurde. Der Caterer hatte zuletzt die Abwertung des britischen Pfunds sowie der türkischen Lira in seinen Geschäftszahlen zu spüren bekommen. Da die Schwäche der beiden Währungen gegenüber dem Euro zuletzt anhielt, ist also nicht gesagt, dass eine eventuell bevorstehende Indexaufnahme der Aktie automatisch Kursgewinne beschert, weil eben unternehmensspezifische Faktoren weiterhin starkes Gewicht haben.

Es ist zwar so, dass zum Beispiel Indexfonds (ETF), die den ATX abbilden, bei einer Änderungen die Titel austauschen müssen und somit Impulse geben, angesichts einer Gesamtperformance von knapp 38 Prozent seit Jahresbeginn beim ATX, fragt man sich aber ohnehin, ob man als Anleger derzeit unbedingt das - an sich freilich sehr reizvolle - Risiko des Stockpickings eingehen sollte. Genau genommen gehört der ATX in diesem Jahr sogar zu den besten Länderindizes der Welt, übertroffen nur von Börseplätzen wie Sofia, Riga, Warschau oder auch Istanbul, wo die Aktie von Do&Co ebenfalls gehandelt wird. Derzeit gibt es drei ETF auf den ATX, wobei iShares (ISIN: DE000A0D8Q23) und ComStage (ISIN: LU0392496690) die Dividenden ausschütten, db x-trackers (ISIN: LU0659579063) hingegen hat eine thesaurierende Variante am Markt. Entsprechende Fonds finden Sie in der Tabelle.