„Das „Orakel von Omaha“ bringt das Risiko als wesentlichen Performance-Motor wieder auf den Plan. “
Die Wetten auf longbets.org – einer von Amazon-Gründer Jeff Bezos 1996 ins Leben gerufenen Online-Plattform – haben eines gemeinsam: Sie sind langfristig angelegt (mindestens zwei Jahre) und sie haben wichtige gesellschaftliche oder wissenschaftliche Themen zum Gegenstand. Manch eine der zahlreichen Ideen, die man dort vorfindet, ist wohl eher eine Schnapsidee: „2030 werden Flugzeuge ohne Pilot Fluggäste transportieren“, „2018 wird der Euro nicht mehr die Währung in Frankreich, Italien und Deutschland sein“ oder auch „mindestens ein Mensch, der im Jahr 2000 gelebt hat, wird auch noch im Jahr 2150 leben“. Falls die Wette gewonnen wird, zahlt der Verlierer an ihrem Stichtag den fälligen Betrag – mindestens 200 Dollar, ein Maximum gibt es nicht – für eine gute Sache, die vom Gewinner ausgewählt wird.
Im Jahr 2007 ging Warren Buffett die folgende Wette über 500.000 Dollar ein, die 362igste Wette auf der Plattform: „Über einen Zeitraum von 10 Jahren, beginnend mit dem 1. Januar 2008 und endend am 31. Dezember 2017, wird der Index S&P 500 eine Outperformance gegenüber einem Hedgefonds-Portfolio aufweisen, wobei die Performance nach Abzug von Gebühren, Kosten und Aufwendungen berechnet wird“.
Ted Seides, ein Dachfonds-Verwalter, nahm die Wette mutig an. Das bekam ihm nicht gut: Neun Jahre sind seitdem ins Land gezogen und die Performance des S&P500 für diesen Zeitraum erreicht 85,4 %, d.h. eine jährliche Performance von 7,1 Prozent. Die Hedgefonds hatten ihrerseits gerade einmal eine durchschnittliche jährliche Rendite von 2,2 Prozent. Es müsste demnach einen historischen Börsencrash bis zum Jahresende geben, damit sich das Schicksal gegen Warren Buffett wendet.
Im Februar stimmte der gute Buffett in seinem jährlichen Schreiben an die Anleger von Berkshire Hathaway bereits einen vorsichtigen Jubel an – jenen Jubel des Gläubigen, der den Sieg der Marktkräfte und des amerikanischen Modells über die klugen Köpfe der Hedgefonds-Branche sieht.
Dabei hatte seine Wette so unglücklich wie nur möglich für ihn begonnen: Nach einem Jahr hatte der wichtigste Index für die amerikanischen Aktien 37% verloren – hinweggefegt von der Krise im Jahr 2008. Doch der spektakuläre Bullen-Markt, den wir seitdem beobachten konnten, ließ den Hedgefonds-Verwaltern keine Chance.
Als Warren Buffett seine Wette abgab, bewies er das gute Gespür, das man von ihm seit jeher kennt. Er weiß, dass der S&P500 langfristig im Schnitt um 7% jährlich steigt. Natürlich weiß er auch, dass die Hedgefonds-Branche nicht müde wird, eine Absicherung der Performance zu versprechen und unter diesem Vorwand hohe Gebühren berechnet, um den Anleger bluten zu lassen.
Kurz gesagt das „Orakel von Omaha“ bringt das Risiko als wesentlichen Performance-Motor wieder auf den Plan und stellt sich damit gegen eine Branche, die geschickt zu vermitteln wusste, dass es besser sei, systematisch ein wenig zu verlieren, als das Risiko einzugehen, kurzfristig zu verlieren, um langfristig zu gewinnen.
Durch seine geniale und äußerst medienwirksame Initiative unterstreicht Warren Buffett ein Prinzip, das wir nie aus den Augen verlieren: Die Zeit ist der beste Verbündete des Anlegers. Zudem zeigt er auf, dass ein besonnener Anleger während seines Anlagehorizonts auf Kurs bleibt, auch bei Gegenwind. Stürme, so stark sie manchmal auch sein mögen, gehen immer vorüber.
Wir erlauben es uns, Warren Buffets Überzeugung durch eine weitere, eine „hauseigene“, zu ergänzen: Langfristig ist die Wertschöpfung bei einer aktiven Verwaltung höher als bei einer passiven. Dies ist umso zutreffender, wenn man die Jahre ausklammert, in denen die Wirtschaft am Tropf der Zentralbanken hängt, wie zuletzt geschehen. Insofern wetten wir unsererseits, dass der Echiquier Agressor über die kommenden zehn Jahre seinen Referenzindex übertreffen wird – wie es schon während der letzten zehn Jahre der Fall war!
von Didier Le Menestrel,
Chairman von La Financière de l’Echiquier.